Strategie der Bundesregierung:Verbände: Digitalisierung geht langsam voran
von Mischa Ehrhardt
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Als "Wegweiser für den digitalen Aufbruch" hat die Bundesregierung Ende August 2022 ihre Digitalstrategie auf den Weg gebracht. Die Bilanz ist bislang eher ernüchternd.
Es sind hehre Ziele, mit denen die Ampelregierung vor einem Jahr den Startschuss zur Digitalisierung des Landes gegeben hat: Bis 2025 soll Deutschland in Sachen Digitalisierung an der Spitze Europas stehen. Wenn das gelingen soll, ist allerdings Eile angesagt - denn es ist noch ein weiter Weg zu gehen. So lautet grob das Fazit einer Studie des Onlineverbandes Bitkom.
"Wir haben kein Strategieproblem bei der Digitalpolitik der Bundesregierung", sagte Verbandspräsident Ralf Wintergerst am Montag in einer Pressekonferenz.
Digitalisierung in den Schulen könnte ins Stocken geraten
So sind nach Auswertungen von Ralf Wintergerst und seinen Mitarbeitern Und Mitarbeiterinnen von den 334 digitalpolitischen Vorhaben erst 38 umgesetzt. Das entspricht einer Quote von 11 Prozent. Immerhin befänden sich rund zwei Drittel der Projekte im Umsetzungsprozess. Bei jedem vierten aber ist mit der Arbeit nicht einmal begonnen worden.
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Stark hinterher hinken dabei zentrale Vorhaben wie die Digitalisierung im Bildungswesen und die der Verwaltung. So habe die Regierung ihr Versprechen eines Digitalpaktes 2.0 für die Schulen bislang noch nicht eingelöst.
Mit dem laufenden ersten Pakt unterstützt der Bund Länder und Kommunen dabei, die Digitalisierung in den Schulen voran zu bringen. Allerdings läuft dieser Pakt 2024 aus, daher bräuchte es einen zweiten Pakt dieser Art.
Verwaltung bei der Digitalisierung "zwei Dekaden zurück"
"Dieser Punkt ist noch nicht begonnen worden. Er ist noch nicht einmal in den Entwürfen für den Haushalt im nächsten Jahr, das heißt, es würde keine Anschlussfinanzierung geben", so Bitkom-Chef Ralf Wintergerst. Es sei auch mit Blick auf den Fachkräftemangel ein Problem, weil gut ausgebildete Schüler eine der zentralen Antworten auf das Problem seien.
Starken Nachholbedarf sieht der Verband auch bei der Digitalisierung der Verwaltung. Zentraler Baustein dabei ist das sogenannte Onlinezugangsgesetz.
So seien seit dem Jahr 2000 nur 30 von 600 Verwaltungsdienstleistungen hierzulande digitalisiert worden.
Das könne man zwar der jetzigen Bundesregierung nicht zuschreiben. "Allerdings muss man ihr zuschreiben, dass sie sich selbst das Ziel gesetzt hat, hier weiter und schneller vorwärts zu kommen", so Ralf Wintergerst.
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Mehrheit der Bürger sieht kaum Fortschritte
Der Verband hat eine eingehende Analyse der Digitalisierungsstrategie vorgenommen und unter der Internetadresse "monitor-digitalpolitik.de" veröffentlicht. Große Defizite und Nachholbedarf bei dem Vorhaben, Deutschland in die digitale Moderne zu katapultieren, sieht auch der Verband der Internetwirtschaft eco.
"Mangelhafte Koordination und eine Verantwortungsdiffusion in der Bundesregierung sind ursächlich für die schleppende Digitalisierung in Deutschland", stellt der Geschäftsführer von eco, Alexander Rabe, fest. Sein Verband hat eine Umfrage in der Bevölkerung in Auftrag gegeben und deren Ergebnisse ebenfalls am Montag veröffentlicht.
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Demnach sehen die Bürger den größten Handlungs- und Entwicklungsbedarf in den Bereichen Digitalisierung von Behörden und Verwaltung (63 Prozent) und den Ausbau digitaler Infrastruktur (53 Prozent). Und über 70 Prozent der Befragten sehen keinerlei Fortschritte in wichtigen Bereichen der digitalen Transformation.
Ressortübergreifende Kraftakt notwendig
"Dieses harte Urteil der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland überrascht leider nicht wirklich", findet Rabe.
Eco wie Bitkom fordern daher bei der Digitalisierung eine ressortübergreifende Abstimmung zwischen den Ministerien und ein eigenes Budget für Digitalisierungsprojekte. Denn bei dieser Frage gehe es letztlich um nicht mehr und nicht weniger als die Zukunftsfähigkeit Deutschlands im globalen Wettbewerb.
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