Hartnäckige Holocaust-Leugnerin: Ursula Haverbeck (Archivbild)
Quelle: dpa
Die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck muss sich seit Freitag vor dem Landgericht
Hamburg verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft der 95-jährigen Ursula Haverbeck Volksverhetzung in zwei Fällen vor. Haverbeck soll am 21. April 2015 am Rande des Lüneburger Prozesses gegen den früheren SS-Mann Oskar Gröning vor Journalisten gesagt haben, Auschwitz sei kein Vernichtungs-, sondern ein Arbeitslager gewesen.
In einem Fernsehinterview des NDR-Magazins "Panorama" verneinte sie zudem, dass es dort eine Massenvernichtung von Menschen gab. Die in rechtsextremen Kreisen populäre Haverbeck aus
Nordrhein-Westfalen war deshalb am 12. November 2015 vom Amtsgericht Hamburg zu zehn Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt worden.
Haverbeck wiederholt eine der Äußerungen vor Gericht
Dagegen hatte sie Berufung eingelegt. Der Prozess hat an diesem Freitag vor einer Kleinen Strafkammer am Landgericht Hamburg begonnen. Als letzten Verhandlungstag hat das Gericht den 26. Juni bestimmt.
Eine Ärztin begleitete die Angeklagte im Rollstuhl. "Ich habe nie den Holocaust geleugnet", sagte die alte Frau. Sie habe lediglich Fragen gestellt. Die Äußerungen in den TV-Beiträgen seien keine Fragen, sondern Tatsachenbehauptungen, betonte daraufhin die Richterin. Sie wollte wissen, wie die Angeklagte denn heute zu ihren damaligen Aussagen stehe. Daraufhin wiederholte Haverbeck eine der Äußerungen.
Warum findet das Berufungsverfahren erst jetzt statt?
Zu der Verzögerung kam es aus mehreren Gründen. So müssen Verfahren, in denen die Angeklagten in Untersuchungshaft sitzen, nach Angaben des Gerichts vorrangig verhandelt werden. Da dies auf Ursula Haverbeck nicht zutraf, wurde ihr Fall mehrfach zurückgestellt.
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2018 sei dann ein Termin angesetzt, aber wegen einer langfristigen Erkrankung wieder aufgehoben worden. Ein weiterer geplanter Termin sei 2020 wegen der
Corona-Pandemie nicht zustande gekommen. Ein Termin im vergangenen Januar sei krankheitsbedingt verschoben worden.
Haverbeck bereits mehrfach wegen Volksverhetzung verurteilt
Seit Jahren müssen sich immer wieder Strafgerichte mit der notorischen Volksverhetzerin befassen. 2004 wurde sie erstmals verurteilt und erhielt eine Geldstrafe. Haverbeck saß wegen Holocaust-Leugnung auch bereits über zwei Jahre im Gefängnis in Bielefeld.
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2022 war sie ein weiteres Mal wegen Volksverhetzung von einem Berliner Gericht zu einem Jahr Gefängnis ohne Bewährung verurteilt worden. Haverbeck soll auf einer Veranstaltung in Lichtenrade geäußert haben, dass an den Gaskammern des KZ Auschwitz "nichts echt" sei. Ihr Anwalt plädierte auf Freispruch, da Haverbeck "durch Gefängnis nicht von ihrer inneren Fehlvorstellung abzubringen sei". Er hatte damit jedoch keinen Erfolg. Das Urteil ist rechtskräftig.
Allerdings ist Haverbeck bisher zwei Aufforderungen zum Haftantritt nicht nachgekommen. Sie sei angeblich nicht "haft- und reisefähig". Die Frist zum Haftantritt wurde deshalb bis zum 15. Juni verlängert. Ob Haverbeck vor diesem Hintergrund an diesem Freitag in Hamburg vor Gericht erscheinen wird, ist fraglich.
Lobo: Holocaust-Leugner akzeptieren Fakten nicht
Überlebende wie der Schriftsteller Primo Levi sind sich nach der Befreiung "sehr deutlich der Ungeheuerlichkeit" dessen, was in den Lagern geschah, bewusst - und somit der Unglaubwürdigkeit der Darstellungen von Menschen wie Haverbeck. Holocaust-Leugner würden jedoch "Fakten nicht akzeptieren", so beschreibt der Publizist Sascha Lobo deren Haltung. "Fotos und Filme sind manipuliert, wissenschaftliche Erkenntnisse sind gefälscht."
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Die Rechtslage in Deutschland ist klar: Die Leugnung und auch die Verharmlosung des
Holocaust sind strafbar. Paragraf 130 des Strafgesetzbuches (Volksverhetzung) sieht dafür bis zu fünf Jahre Haft vor. Weder das eine noch das andere fällt unter Meinungsfreiheit, urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Oktober 2019.
Quelle: Mit Material von dpa