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Anschlag in Solingen:Warum war Issa al H. noch in Deutschland?
von Daniel Heymann
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Der mutmaßliche Täter von Solingen, der 26-jährige Syrer Issa al H., hätte im letzten Jahr abgeschoben werden sollen. Wieso er sich trotzdem in Deutschland befand - ein Überblick.
Issa al H. hätte bereits 2023 abgeschoben werden sollen.
Quelle: dpa
Zwei Tage nach dem Anschlag auf dem Solinger Stadtfest mit drei Toten und acht Verletzten herrschen weiterhin Trauer und Fassungslosigkeit. Doch in diese Gefühle mischen sich inzwischen Fragen, unter anderem: Wie ist es möglich, dass Issa al H. sich in Deutschland aufhielt? Der mutmaßliche Attentäter hätte nämlich 2023 abgeschoben werden sollen.
Woran die Abschiebung gescheitert ist und warum al H. zum Zeitpunkt der Tat wohl sogar rechtmäßig in Deutschland war, beantworten wir hier.
Ursprünglich war Bulgarien zuständig
Issa al H. kam im Dezember 2022 nach Deutschland und stellte hier einen Asylantrag. Die Einreise in die Europäische Union erfolgte jedoch über Bulgarien, weshalb nach der maßgeblichen Dublin-III-Verordnung die dortigen Behörden für sein Asylverfahren zuständig waren.
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Bulgarien erklärte sich nach einem entsprechenden Übernahmeersuchen aus Deutschland auch bereit, al H. zur Durchführung des Asylverfahrens aufzunehmen. Die Überstellung im Juni 2023 scheiterte allerdings, weil der Syrer in seiner ehemaligen Flüchtlingsunterkunft in Paderborn nicht auffindbar war.
Wie intensiv wurde nach Issa al H. gesucht?
Hieran knüpfen sich mehrere Fragen: Warum befand sich al H. nicht in der Unterkunft? Wie intensiv wurde nach ihm gesucht? Denn: Die Überstellung nach der Dublin-III-Verordnung ist an Fristen geknüpft, im Normalfall muss sie innerhalb von sechs Monaten vollzogen werden. Mit Fristablauf wird der Staat zuständig, in dem die Person sich zu dem Zeitpunkt aufhält - im Falle von al H., dessen Überstellung spätestens im August 2023 hätte stattfinden müssen, Deutschland.
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Ein weiteres Detail in diesem Zusammenhang: Die sechsmonatige Überstellungsfrist verlängert sich auf 18 Monate, wenn die Person im Sinne des Asylgesetzes "untergetaucht" ist. Die Rechtsprechung verlangt dafür, dass sie für die Behörden trotz aktiver Suche über einen gewissen Zeitraum nicht auffindbar und erreichbar war. Ob das bei al H. der Fall war, lässt sich nach derzeitigem Stand noch nicht zuverlässig beantworten. Laut "Spiegel" wurde er nicht zur Festnahme ausgeschrieben, weil er sich unauffällig verhalten hatte und es außerdem nicht genügend Abschiebehaftplätze gibt.
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Später subsidiärer Schutz in Deutschland
Im deutschen Asylverfahren erhielt der mutmaßliche Täter subsidiären Schutz, also einen regulären Schutzstatus nach dem Asylgesetz.
Asylrecht: Ein Asylrecht steht demjenigen zu, der in seinem Herkunftsland politisch verfolgt wird, d.h. wem aufgrund seiner Nationalität, Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder sozialen Gruppe, seiner politischen Überzeugungen oder seiner Religion bei Rückkehr in die Heimat durch die dortige Staatsgewalt schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen drohen.
Flüchtlingsschutz: Die Anerkennung als Flüchtling beruht auf der Genfer Flüchtlingskonvention. Der Flüchtlingsschutz hat ähnliche Voraussetzungen wie die Asylberechtigung, greift aber auch, wenn die Bedrohung im Herkunftsland von nichtstaatlichen Akteuren, wie etwa Milizen oder Terrorgruppen, ausgeht.
Subsidiärer Schutz: Die dritte Schutzform, sogenannter subsidiärer Schutz, setzt keine politische Verfolgung voraus. Stattdessen genügt es, dass im Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht und dort kein Schutz geboten wird. Ernsthafter Schaden droht beispielsweise dann, wenn durch Todesstrafe oder Folter Leib und Leben in Gefahr sind.
Flüchtlingsschutz: Die Anerkennung als Flüchtling beruht auf der Genfer Flüchtlingskonvention. Der Flüchtlingsschutz hat ähnliche Voraussetzungen wie die Asylberechtigung, greift aber auch, wenn die Bedrohung im Herkunftsland von nichtstaatlichen Akteuren, wie etwa Milizen oder Terrorgruppen, ausgeht.
Subsidiärer Schutz: Die dritte Schutzform, sogenannter subsidiärer Schutz, setzt keine politische Verfolgung voraus. Stattdessen genügt es, dass im Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht und dort kein Schutz geboten wird. Ernsthafter Schaden droht beispielsweise dann, wenn durch Todesstrafe oder Folter Leib und Leben in Gefahr sind.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gewährt Syrern bislang regelmäßig subsidiären Schutz und begründet dies mit dem Bürgerkrieg im Land. Zuletzt gibt es allerdings vermehrt Einschätzungen, unter anderem der Europäischen Asylagentur und auch des Oberverwaltungsgerichts Münster, die zumindest für Teile Syriens die Sicherheitslage anders einschätzen: In bestimmten Regionen drohe keine unmittelbare Gefahr mehr für Leben und körperliche Unversehrtheit und deswegen seien die Voraussetzungen für subsidiären Schutz nicht mehr gegeben.
Experte: Änderung der bisherigen BAMF-Praxis wäre möglich
Daniel Thym, Professor und Leiter des Forschungszentrums Ausländer- und Asylrecht an der Universität Konstanz, hält vor diesem Hintergrund eine Änderung der bisherigen BAMF-Praxis für möglich:
Unabhängig von Fragen des Ausländer- und Asylrechts: In Deutschland erwartet al H. ein Strafverfahren, der Generalbundesanwalt hat die Ermittlungen inzwischen übernommen und einen Haftbefehl erlassen. Dem mutmaßlichen Mörder droht eine lebenslange Freiheitsstrafe.
Daniel Heymann ist Redakteur in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.
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