Sachsen 2024: Bilanz der Regierung vor der Landtagswahl
Bilanz vor der Landtagswahl:Was Sachsens Regierung erreichte, was nicht
von Stefan Kelch, Dresden
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Die Regierungsparteien in Sachsen ziehen eine positive Bilanz. Die meisten Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag von 2019 sind abgearbeitet - viele Wähler sind trotzdem unzufrieden.
Zweckbündnis in Sachsen (v.l.n.r.): Martin Dulig (SPD), Katja Meier (Grüne), Michael Kretschmer (CDU) und Wolfram Günther (Grüne)
Quelle: dpa
Der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig würde gern mit Erfolgen Wahlkampf für seine SPD machen; verweist auf die gedeihlichen vergangenen fünf Regierungsjahre. In denen sei vor allem die Zukunft vorbereitet worden: Investitionen stehen ins Haus von 30 Milliarden Euro; 10.000 Stellen allein in der Halbleiterbranche werden vorhergesagt.
Doch die schlechte Stimmung im Land, die seine Partei sogar aus dem Landtag kegeln könnte, die vermögen die guten Nachrichten nicht zu bessern. "Beim Nörgeln ist Sachsen in der Champions League", mault Dulig.
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Wähler in Sachsen von Koalitionserfolgen kaum beeindruckt
Den anderen Parteien geht es nicht besser. Alle versuchen, mit positiven Bilanzen zu punkten. Doch kommt das nicht wirklich an bei den Wählern; die scheinen zu großen Teilen weiterhin einen Wandel in der politischen Landschaft zu wollen.
Die Sonntagsfrage zur Landtagswahl in Sachsen im aktuellen Politbarometer.
Quelle: ZDF
Regierungschef Michael Kretschmer, CDU, ruft zu einer strategischen Wahl auf, unterstellt, dass all das Erreichte der letzten 30 Jahre zerstört werden könnte, wenn die radikalen Ränder das Ruder zu fassen bekämen.
Dabei ist die Bilanz der Regierungsarbeit in Zahlen nicht schlecht. Für ein Zweckbündnis aus CDU, Grünen und SPD lief es in Sachsen geradezu geräuschlos.
Ausgerufen vor fünf Jahren wurde eine Koalition der Willigen; eine Koalition der Ermöglicher - und über weite Strecken hat das Zweckbündnis auch so regiert.
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Bilanz der Regierung Kretschmer: 1.000 Vorhaben und 100 Gesetze
Nun die Bilanz: 81 Prozent der Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag sind abgearbeitet. Der Vertrag enthielt 1.195 Einzelvorhaben. 972 davon gelten als umgesetzt oder gerade in der Umsetzung begriffen. Manche haben sich als unnötig erwiesen; manche als unmöglich.
Der Sächsische Landtag hat über 100 Gesetze erlassen zu Bildung und Naturschutz, zu Steuern und Bildung, zu Verfassungsschutz und Verfassungstreue in Ämtern, zu Bürokratieabbau und Waldbrandvorsorge und noch vieles mehr.
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Aus Sicht von Janek Treiber, Politologe an der TU Dresden, ist die Koalition aus CDU, SPD und Grünen trotzdem keine Erfolgsgeschichte:
Kernprojekte an Dissenz in Koalition gescheitert
Viele Prozesse sind erst angeschoben, Bürokratieabbau etwa; auf den verweist der Grüne Umweltminister Günther, er sagt: "Wir haben geliefert" - nur spürbar wird das erst in einiger Zeit. Profitieren kann seine Partei also nicht und muss nach der Landtagswahl in Sachsen um den Einzug ins Parlament bangen.
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Wichtige Projekte wie im Verkehrssektor und im Bereich Landwirtschaft und Naturschutz sind nicht umgesetzt. Gescheitert etwa daran, dass die Vorstellungen der so unterschiedlichen Parteien von einem modernen Sachsen zu weit auseinander lagen.
Streitpunkte Vergabegesetz und Schuldenbremse
Oder das Prozedere passte nicht - wie beim Koalitionsvorhaben, die Hürden für Volksbegehren zu senken. Da waren sie sich einig - und sind es bis heute. Nur müssen die Koalitionäre dafür die Verfassung ändern.
Und die wollten sie nicht mehrfach in einer Legislatur ändern, sondern als Paket. Acht Verfassungsneuerungen sollten kommen - und daran scheiterte dann alles.
Warum CDU und AfD in Sachsen vorn liegen, , erklärt Cornelia Schiemenz, Leiterin des ZDF-Studios in Dresden.20.08.2024 | 6:22 min
Denn auch bei Themen wie dem Vergabegesetz konnten die Parteien nicht zusammenfinden. Das sollte faire, soziale und ökologische Bedingungen für den Wettbewerb schaffen: Ein wichtiges Thema für die SPD, das den anderen Koalitionären zu bürokratisch war.
Manche der Vorhaben hätten eine Lockerung der Schuldenbremse bedeutet, darauf lässt sich die CDU in Sachsen nicht ein.
Pluspunkte für Sicherheit, Hochschulen, Corona-Krise
Auch nicht gelungen: Einen einheitlichen ÖPNV zu kreieren, der Sachsen nicht in verschiedene Einzelregionen mit eigenen Fahrkarten mit eigenen Preisen mit eigenen Fahrzeugen splittet.
Wenn in Sachsen am 1. September gewählt wird, ist die große Frage, ob die CDU weiter regieren kann. Bei welchen Koalitionen im Land würde es überhaupt inhaltlich passen? Wo nicht?
mit Video
Mit ihm zu Grabe getragen der Traum von einem Sachsen-Ticket, das sich am aktuell 49-Euro-teuren Deutschland-Ticket orientiert. Trotz aller Kritik stellt Politologe Treiber fest:
In Sachsen wird am 1. September ein neuer Landtag gewählt. In Umfragen liefern sich CDU und AfD ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Alle 19 Parteien und ihre Ziele im Überblick.
von Michael Kniess
mit Video
"Die CDU", erklärt Treiber, "in der Stärkung der Inneren Sicherheit, die Grünen konnten mit dem Hochschulgesetz punkten; die SPD hat sich in der Corona-Krise profiliert. Für den Wähler ist dabei auf jeden Fall was rumgekommen."
Kompromissbereit nur bis Wahlkampfbeginn
Hier die Bilanz der liegengebliebenen Vorhaben:
19 sind nicht begonnen worden - und werden es nun auch nicht mehr.
Bei 126 Vorhaben lässt sich nach Auskunft der Sächsischen Staatskanzlei der aktuelle Bearbeitungsstand und "der Status der Umsetzung ressortübergreifend nicht erkennen".
Letztlich aber bescheinigen die Zahlen der Koalition aus CDU, Grünen und SPD ein hohes Maß an Disziplin und Kompromissbereitschaft - jedenfalls bis der Wahlkampf begann.
Stefan Kelch ist Korrespondent im ZDF-Landesstudio Sachsen.
Vor allem mit Blick aufs Abschneiden der AfD wird auf die Wahl in Sachsen geschaut. Der Wahl-O-Mat vergleicht, wie die Positionen der Parteien mit Ihren Interessen übereinstimmen.