Lindner bei "Was nun": Es fehlen 17 Milliarden Euro

    Finanzlücke beim Bund:Lindner: Es fehlen 17 Milliarden Euro

    Kristina Hofmann
    von Kristina Hofmann
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    Oft ist gerätselt worden, wie hoch seit dem Haushaltsurteil die Finanzlücke 2024 ist. Jetzt hat sie Finanzminister Lindner im ZDF erstmal beziffert: Es fehlen 17 Milliarden Euro.

    17 Milliarden Euro fehlen im Bundeshaushalt 2024. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat in der ZDF-Sendung "Was nun?" erstmals die Lücke beziffert, die durch das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts entstanden ist.

    Ich gehe von einem Handlungsbedarf von etwa 17 Milliarden Euro aus.

    Christian Lindner (FDP)

    Insgesamt habe der Haushalt ein Volumen von 450 Milliarden Euro. Der Staat sei daher voll handlungsfähig, Gehälter würden bezahlt.
    Die Parteien hatten seit dem Urteil gestritten, wie viel Geld fehlt und ob es durch Einsparungen, Steuererhöhungen oder durch Aussetzen der Schuldenbremse beschafft werden kann. Die Schätzungen reichten von einem niedrigen bis zu einem hohen zweistelligen Milliardenbetrag.
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    Lindner: Übernehme die politische Verantwortung

    Die Richter hatten es als verfassungswidrig eingestuft, im Bundeshaushalt ungenutzte Kreditermächtigungen aus Vorjahren für einen anderen Zweck zu nutzen. Das war bislang gängige Praxis, auch in den Ländern. Die Ampel-Koalition wollte damit die Umstellung der Wirtschaft auf klimafreundliche Energien subventionieren.
    Lindner verteidigte die Fortsetzung dieser Kredit-Praxis. Sie sei in der Ampel ein "Koalitions-Kompromiss" gewesen, vorbereitet von dem damaligen Finanzminister und jetzigen Kanzler Olaf Scholz (SPD). "Dennoch übernehme ich dafür die politische Verantwortung", so Lindner.
    Entschuldigen wollte sich Lindner für das nun entstandene Finanz-Durcheinander aber nicht. Er räumte jedoch ein:

    Für eine Regierung ist das ein außerordentlich unangenehmer und peinlicher Moment.

    Christian Lindner (FDP)

    Die Regierung habe allerdings "nicht vorsätzlich und nicht fahrlässig gehandelt", sondern eine gängige Praxis fortgesetzt. Durch das Urteil gebe es jetzt "die Chance, die Staatsfinanzen wieder neu zu ordnen".
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    Minister von neuer Notlage "noch nicht überzeugt"

    Am Abend berät die Bundesregierung, wie die Finanzlücke im Haushalt 2024 gefüllt werden könnte. Die SPD hatte vorgeschlagen, die Notlage zu verlängern, um so eine höhere Kreditaufnahme zu ermöglichen. Lindner schlug das nicht kategorisch aus, sagte aber: "Ich bin davon noch nicht überzeugt, dass die Voraussetzungen für einen Notlagenbeschluss 2024 vorliegen würden."
    Möglicherweise sie eine neue Notlage nicht mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vereinbar. Zwar gebe es seit dem Krieg gegen die Ukraine eine "außerordentliche Zäsur". Eine einmalige Notlage dürfe nicht das "bedauerliche neue Normal" werden. Eine Schuldenbremse sei eher eine "Bequemlichkeitsbremse", da sie verhindere, Prioritäten im Haushalt zu setzen.

    "Andere Wege" für Subventionen gesucht

    Vor allem Unternehmen machen sich derzeit Sorgen, ob sie mit den versprochenen Subventionen rechnen können. Zum Beispiel der Chip-Hersteller Intel, der in Sachsen-Anhalt einen neuen Standort aufbauen will und insgesamt zehn Milliarden Euro bekommen soll.
    Laut Lindner wackeln diese Projekte nicht: "Alle Ziele, die sich die Regierung gegeben hat, wollen wir umsetzen." Man müsse aber über "andere Wege" der Finanzierung nachdenken. Ein Einnahmeproblem habe der Staat nicht. Man müsse aber "treffsicherer mit dem Geld, was wir haben, umgehen".

    Neuer Haushalt noch dieses Jahr?

    Will die Ampel einen Haushalt noch in diesem Jahr verabschieden, müsste sie nach Aussagen von Regierungssprecher Steffen Hebestreit bis 22. Dezember mit allen Beratungen durch sein. Auch Sondersitzungen des Bundestages wären nötig.
    Gibt es dieses Jahr keine Einigung mehr, müsste die Ampel auf Grundlage des Entwurfs regieren und alle Sonderausgaben vom Bundestag genehmigen lassen.

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