Interview
Messerangriff in Aschaffenburg:Huber fordert bei "Lanz" Abschiebearrest
von Felix Rappsilber
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Martin Huber (CSU) fordert bei "Lanz" eine neue Rechtsgrundlage in der Migrationspolitik. Diese Vision der Union kritisiert Migrationsexpertin Victoria Rietig als "bröcklig".
Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 23. Januar 2025 in voller Länge.23.01.2025 | 74:39 min
Ein toter zweijähriger Junge, ein toter 41 Jahre alter Passant, mehrere Verletzte - die Bluttat von Aschaffenburg bezeichnete CSU-Generalsekretär Martin Huber am Donnerstagabend bei "Markus Lanz" als "schmerzhaften Tag fürs ganze Land".
Am 4. Dezember 2024 hatte der Tatverdächtige, ein 28-jähriger Afghane, seine freiwillige Ausreise angekündigt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hatte ihn am 11. Dezember dazu aufgefordert, doch die Ausreise blieb aus. Unterdessen war der Tatverdächtige in psychiatrischer Behandlung gewesen.
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Huber: CSU fordert Rechtsgrundlage für Abschiebearrest
Der Ausreisepflichtige hatte 30 Tage Zeit, um das Land zu verlassen. Daher könne es nicht sein, so Huber, "dass wir nur in Betroffenheit verharren".
Er forderte:
Es schien, als wollte Huber zu einem Wahlkampf-Manöver ansetzen: "Kanzler Scholz hat eine große Abschiebeoffensive angekündigt. [...] Wir setzen uns seit langer Zeit dafür ein, dass auch nach Afghanistan abgeschoben wird. Die Ampel hat das immer blockiert."
Konfrontiert damit, dass die Behörden im CSU-geführten Bayern die Ausreisepflicht des Tatverdächtigen offenbar nicht durchgesetzt haben, beharrte Huber: "Es geht darum, dass wir auch auf Bundesebene die Rechtsgrundlage für einen Abschiebearrest brauchen und vor allem auch dafür, nach Afghanistan abzuschieben."
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Migrationsexpertin: Keine Spekulation über Schuld
Victoria Rietig, Migrationsexpertin bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), erklärte: "Wenn er innerhalb dieser 30 Tage nicht ausreist, dann ist die Gesetzeslage, dass die Ausländerbehörde sogenannte aufenthaltsbeendende Maßnahmen anordnen kann."
Rietig weiter: "Es kann ein Gewahrsam angeordnet werden, es kann die Abschiebung angeordnet werden. Aber Vorsicht - die Haft kann angeordnet werden, wenn wahrscheinlich ist, dass die Abschiebung tatsächlich durchgesetzt werden kann."
Das sei bei Afghanistan, Stand jetzt, nicht der Fall. Mit Blick auf den Fall Aschaffenburg sagte die Migrationsexpertin:
Angesichts der Komplexität der Situation weigere sie sich, "wild zu spekulieren, wer jetzt daran Schuld hat".
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Rietig: Vision der Union ist bröcklig
Und wieder holte Huber zu einer politischen Forderung aus - "dass Gefährder und Straftäter nach der ersten Straftat ausgewiesen werden". Was, wenn das Herkunftsland nicht bereit ist, die Abschiebung zu akzeptieren? "Ich glaube, wenn jemand eine Zeit lang in Abschiebegewahrsam ist, erhöht das die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise durchaus."
Juristisch blieb Huber vage: "Wenn jemand verurteilt ist für eine Straftat, kommt er in Haft und dann muss er aus der Haft ausreisen." Rietig widersprach der "Vision der Union: Stopp der illegalen Migration, Zurückweisungen, faktischer Aufnahmestopp":
Bei Nicht-Verurteilung gebe es eine maximale Inhaftnahme-Dauer von sechs Monaten, die man auf achtzehn Monate verlängern könne. Die Idee, einen faktischen Aufnahmestopp umzusetzen, funktioniere nicht: "Es ist derzeit mit den Ressourcen, die wir haben, nicht möglich, eine lückenlose Grenzkontrolle zu machen. Man kann natürlich mehr kontrollieren."
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Rietig forderte: "Was wir eigentlich bräuchten, sind nicht neue Gesetze im Migrationsbereich, sondern eine Entschlackung der Migrationsgesetze." Zudem brauche es eine Veränderung der Zuständigkeiten: "In Deutschland ist es so, dass in vielen Migrationsbereichen [...] jeder so ein bisschen zuständig ist, aber keine Stelle so richtig."
Quelle: dpa
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