Brokstedt-Betroffener: Am Ende immer "die selben Floskeln"

    Vater von getötetem Mädchen:Am Ende einer Tat immer "die selben Floskeln"

    von Felix Rappsilber
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    Michael Kyrath fordert einen migrationspolitischen Konsens und gerät mit Klara Geywitz (SPD) aneinander. Diese wirft CDU-Chef Friedrich Merz vor, die Republik angezündet zu haben.

    Markus Lanz vom 30. Januar 2025: Klara Geywitz, Markus Lanz, Kerstin Münstermann, Michael Kyrath, Gerald Knaus
    Sehen Sie hier die Sendung Markus Lanz vom 30. Januar 2025.30.01.2025 | 75:17 min
    "Fangt an, unsere Kinder zu schützen." Mit diesem Appell warf Michael Kyrath Klara Geywitz einen Blick zu, der in Worte nicht zu fassen ist. Danach herrschte am Donnerstagabend für einen Moment Stille bei "Markus Lanz".
    Es ist der Vater von Ann-Marie, der die Politik zur Verantwortung zieht. Seine Tochter war am 25. Januar 2023 im Alter von 17 Jahren bei der Messerattacke in Brokstedt ermordet worden.
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    Kyrath: Unglaublich, "wie Politik mit Hinterbliebenen umgeht"

    Nach Ann-Maries Ermordung, so der Vater, habe er sich an "hochkarätige Politiker" in der Hamburger Bürgerschaft gewandt. Mit der Frage, "wie es sein kann, dass so jemand nach nicht mal einem Jahr wieder auf freiem Fuß ist".
    Kyrath empörte sich:

    Es hieß, ich wäre ein Hardliner, es hätte doch jeder eine zweite Chance verdient.

    Michael Kyrath

    "Ich habe demjenigen dann angeboten, mich in Elmshorn zu besuchen und er kriegt einen Spaten in die Hand, kann meine Tochter ausgraben und ihr das gerne erzählen. Sie wird dafür bestimmt Verständnis haben", so Kyrath.
    Es sei unglaublich, "wie die Politik mit uns als Hinterbliebenen umgeht": "[Viele Leute] müssen sich schämen, dass sie nicht bereit sind, bis heute etwas zur Abhilfe zu tun, sondern weiter nach Ausflüchten suchen und alles auf die komplizierte Lage schieben."
    Kerzen
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    Geywitz: Vollzug hat nicht geklappt

    SPD-Vize-Vorsitzende Klara Geywitz berief sich auf die Schwierigkeit, richtig mit der Trauer von Eltern umzugehen:

    Alles, was ich machen kann, ist, dafür zu sorgen, dass in Deutschland Sicherheit herrscht und dass wir aus solchen furchtbaren Sachen lernen.

    Klara Geywitz, SPD

    Über das Gemeinsame Europäische Asylsystem und Vollzugsdefizite zwischen Bund und Ländern zu diskutieren, sei "kaum ein Trost" und so "furchtbar technisch im Vergleich zu der Tatsache, dass man als Mutter und Vater das Kind verliert".

    Ganz viele dieser Taten sind nicht passiert, weil die Gesetze nicht funktionieren, sondern weil der Vollzug nicht geklappt hat.

    Klara Geywitz, SPD

    Geywitz sagte: "Wir haben die Zeit für den Abschiebegewahrsam von zehn Tagen auf einen Monat verlängert. Wir haben die Zahlen der Abschiebungen erhöht und wir haben die Asylbewerberzahlen runtergebracht."
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    Geywitz: Union stand Sicherheitsgesetzen im Weg

    Es schien, als wollte Geywitz zu einem Wahlkampf-Manöver ansetzen: Die Sicherheitsgesetze würden im Bundesrat zur Diskussion liegen und seien mit der Union nicht aufzusetzen gewesen. Aussagen, die Kyrath ein verzweifeltes Lächeln, Kopfschütteln und tiefes Durchatmen abnötigten.
    Denselben Wortlaut habe er wenige Tage zuvor persönlich von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gehört. "Wenn was schlecht ist, dann waren die Vorgänger Schuld und im Großen und Ganzen hat sie eigentlich alles wunderbar und toll gemacht", beklagte Kyrath.
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    Kyrath: "Es ist immer dasselbe Täterprofil"

    Am Mittwoch hatte die AfD einem Unions-Entschließungsantrag für eine strengere Migrationspolitik zur Mehrheit verholfen. Geywitz warf CDU-Chef Friedrich Merz vor:

    Er hat die Republik angezündet. Er hat unabsehbare Folgen für mögliche Regierungsbildungen in Kauf genommen.

    Klara Geywitz, SPD

    Das klinge wie "blanker Hohn", widersprach Kyrath. Ann-Maries Vater sei mit weit mehr als 300 betroffenen Elternpaaren in Kontakt: "Es ist immer dasselbe Täterprofil. Es ist dasselbe Tatwerkzeug. Es ist nahezu derselbe Tathergang. Es sind nahezu dieselben Tatmotive und es sind am Ende einer Tat die selben Floskeln."
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    So bewertet Politikwissenschaftler Korte Merz´ Versuch, mit der AfD im Thema Migration zu mobilisieren. Merz sei kompromisslos, so Korte. Die Umfragewerte habe das kaum geändert. 30.01.2025 | 5:06 min
    Man müsse prinzipiell versuchen, einen Konsens für alle zu finden:

    Wenn das Ergebnis stimmt, ist es im Endeffekt egal, wer zugestimmt hat oder nicht.

    Michael Kyrath

    Kyrath forderte eine vernünftige Diskussion abseits politischer Grabenkämpfe, die sich auf das Kernthema berufe: "Wie kriegen wir die Bürger wieder in Sicherheit, dass man gefahrlos in einen Zug steigen kann, ohne erstochen zu werden?"

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    Quelle: dpa

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