Landtagswahl Brandenburg: Für Woidke und die SPD wird es eng

Brandenburg hat mehr als 300 Bäume pro Einwohner zu bieten, davon fast nur Kiefern. Es ist mit 2,57 Millionen Menschen das am zweitdünnsten besiedelte Bundesland und nun schaut ganz Deutschland darauf, wo diese Menschen am 22. September 2024 ihre Kreuzchen machen.

Die Wahl in Brandenburg gilt schon jetzt als Schicksalswahl. Und das dürfte vor allem für die SPD gelten. Seit der Wende regiert sie durchgängig das Bundesland, doch aktuell ist der Gegenwind so stark wie nie zuvor. Denn auch hier ist der Ampel-Unmut groß. Kanzler Olaf Scholz, der in Brandenburg seinen Wohnsitz und Wahlkreis hat, ist so unbeliebt, dass Landesvater und Parteigenosse Dietmar Woidke es vorzieht, auf gemeinsame Wahlkampfauftritte mit dem Bundeskanzler zu verzichten und sich immer wieder betont von der Bundes-SPD und vor allem von der Ampel distanziert.

Woidke setzt stattdessen, ja genau: auf Woidke. Noch immer ist er der beliebteste und bekannteste Politiker im Land. Und betont (s)eine Erfolgsgeschichte: Brandenburg hat seine Wirtschaftskraft seit 1991 nahezu verfünffacht, das ist bundesdeutscher Spitzenwert.

Doch reicht das für ihn und seine SPD? Viele Menschen verspüren kein Erfolgsgefühl. Im Gegenteil: Sie haben Angst vor wirtschaftlichem Niedergang, vor Sicherheitsverlust, vor Terror und vor den Folgen des Kriegs in der Ukraine, kurz Zukunftssorgen, die sie als existentielle Bedrohung wahrnehmen. Themen, die mit der Landespolitik zum Teil wenig zu tun haben, aber den Ton im Wahlkampf setzen.

Die Wahl in Thüringen und Sachsen könnte auch die Brandenburger Wähler ermutigen, den Ampelparteien ebenfalls einen Denkzettel zu verpassen und davon würden auch hier AfD und BSW profitieren. Allen Umfragen zufolge hat vor allem die AfD das Potential, stärkste Kraft zu werden. Dann würde Woidke hinschmeißen, kündigte er an.

Doch es könnte auch anders ausgehen. Auch 2019 hatte man der SPD keinen Wahlsieg mehr zugetraut, am Ende lag sie aber noch knapp vor der AfD. Brandenburg, so sagen die Brandenburger gerne, sei anders, sei voller Überraschungen.

Die AfD in Brandenburg bietet hingegen wenig Überraschendes, sie setzt wie bundesweit auf das Thema Migration, ein Top-Thema für die Bürger. Dabei wirkt der islamistische Terrorakt von Solingen auch in den hiesigen Echokammern als Verstärker.

Die AfD dockt mit ihren Untergangsszenarien an die Ängste und Sorgen der Bürger an. Dass sie eine rechtsextremistische Partei ist, wirkt offenbar auch in Brandenburg auf ihre Wählerschaft nicht abschreckend. Im Gegenteil: "Gesichert rechtsextremistisch, na und?" - damit kokettieren Politiker und Anhänger der Partei hier gleichermaßen. Für viele andere ist sie bereits das, was sie sich auf die Fahne geschrieben hat: die neue Volkspartei.

Und so könnte der Wahlerfolg in Thüringen und Sachsen der AfD hier noch einen zusätzlichen Schub geben, ganz nach dem Motto: Warum nicht auch hier bei uns? Zudem scheinen besonders viele junge Wähler sich von der AfD angezogen zu fühlen. Ihr Erfolg auf den sozialen Netzwerken hat sich auf die Wahlzettel übertragen, das wird vermutlich in Brandenburg nicht anders sein. Keine andere Partei geht so auf junge Wähler zu und gewählt werden darf ab 16.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ist hier personell noch dünn aufgestellt, inhaltlich kaum mit eigenem landespolitischen Profil ausgestattet. Und so setzt die neue Partei auf den Wagenknecht-Effekt und hat mit dem brandenburgischen Spitzenkandidaten Robert Crumbach das Potential, auch hier aus dem Stand ein zweistelliges Wahlergebnis zu erzielen.

Damit hätte der Neuling große Chancen auf Regierungsbeteiligung, denn zumindest der aktuelle Ministerpräsident Woidke hat eine Koalition mit dem BSW nicht ausgeschlossen. Das BSW könnte den Platz der Grünen einnehmen.

Die Grünen sind mittlerweile bei vielen Brandenburgern außerhalb von Potsdam so verhasst wie in Sachsen und Thüringen. In der Landesregierung werden sie kaum als Erfolgsfaktor wahrgenommen und nun können sich nicht einmal gewiss sein, über die Fünf-Prozent-Hürde zu gelangen - auch weil sie eine Ampelpartei sind. Die CDU hat schon angekündigt nicht wieder mit den Grünen koalieren zu wollen.

Linke und FDP rechnen sich keine realistischen Chancen auf Sitze im Landtag aus. Sie dringen überhaupt nicht durch bei den Menschen hier. Am Ende sind sich die Politiker aller Parteien in einem einig: kein Bündnis mit der AfD.

Es wird heiß diskutiert auf Brandenburgs Straßen. Gefühle stehen da bisweilen gegen Fakten. Vertrauen kämpft gegen Frust. Die Parteienlandschaft sieht sich vergrößert und am Ende steht für alle viel auf dem Spiel - aber für Woidke und die SPD alles.