Ampel: Einigung auf Haushaltsentwurf - das Rumoren bleibt

    Entwurf für Haushalt 2025:Einigung auf Etat - doch das Rumoren bleibt

    Daniel Pontzen
    von Daniel Pontzen
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    Die Ampel-Spitzen haben sich nach zähen Verhandlungen auf einen Haushaltsentwurf geeinigt. Was beschlossen wurde, wer sich durchgesetzt hat - und was das für die Ampel bedeutet.

    Olaf Scholz begrüßt Rolz Mützenich
    Die Ampel hat sich auf einen Haushaltsentwurf für 2025 geeinigt. Kanzler Scholz, Wirtschaftsminister Habeck und Finanzminister Lindner hatten zuvor lange Verhandlungen geführt.05.07.2024 | 0:18 min
    Die Spitzen der Ampel haben sich nach monatelangem Ringen auf einen Entwurf für den Haushalt 2025 geeinigt. Darum geht es:

    Was wurde entschieden?

    Die Eckpunkte des Haushalts. Sprich: wieviel jedes Ministerium ausgeben darf. Im Zuge dessen habe man sich unter anderem auf eine Erhöhung des Kindersofortzuschlags um fünf Euro, schärfere Sanktionen beim Bürgergeld und ein Entlastungspaket für die Wirtschaft geeinigt mit Steuerentlastungen und Bürokratieabbau. Mit einem Nachtragshaushalt 2024 sollen zudem neu entstandene Bedarfe im Klima- und Transformationsfonds abgedeckt werden.
    Details wollen die Chefverhandler - Kanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (B90/Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) bei einer Pressekonferenz um 11 Uhr bekanntgeben.
    Klaus Brodbeck aus dem Bundestag zur Haushalteinigung
    Die Ampel-Regierung hat einen Haushaltentwurf für 2025 vorgelegt. Was bislang bekannt ist, berichtet ZDF-Korrespondent Klaus Brodbeck aus dem Bundestag.05.07.2024 | 1:20 min
    Bis zuletzt hatte vor allem Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) gegen Kürzungen ihrer Ausgabewünsche protestiert. Doch auch Verteidigungsminister Boris Pistorius aus der Kanzlerpartei SPD musste - trotz ausgerufener "Zeitenwende" - auf einen erheblichen Teil des angemeldeten Mehrbedarfs verzichten.
    Allerdings: Für die Bestellung von Rüstungsgütern erhielt er sogenannte Kreditermächtigungen. Damit wird die nächste Regierung verpflichtet, für jetzt vorgenommene Bestellungen zu zahlen.
    Keine innovative Praxis, aber: im Kern auch eine Umgehung der Schuldenregel. Offiziell wurde die nun eingehalten - so wie Lindner es unnachgiebig gefordert hatte. Es war (und bleibt) der Hauptstreitpunkt der drei beteiligten Parteien. Selbst ein Platzen der Koalition stand bis kurz vor Verkündung der Einigung im Raum.

    Wer hat sich durchgesetzt?

    Was diesen zentralen Punkt der Schuldenregel angeht: die FDP. Entsprechend ließ es sich deren Fraktionschef Christian Dürr nicht nehmen, folgenden Satz in kleineren Abwandlungen gleich mehrfach innerhalb seines wenige Minuten dauernden Statements aufzusagen: "Die Mehrheit der Menschen in Deutschland befürwortet die Schuldenbremse und wir sind die parlamentarische Vertretung dieser breiten Mehrheit."
    Ansonsten gilt die Standard-Antwort nach solchen Nächten: kommt drauf an, wen man fragt. Auffällig ist zunächst einmal, dass die Beteiligten wie SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich froh sind, überhaupt erst einmal eine Lösung vor der Sommerpause präsentieren zu können. Er fügte aber hinzu, dass es sich bisher nur um einen Entwurf des Haushalts handele, der nun geprüft werde. Grünen-Chefin Ricarda Lang sagte der Deutschen Presse-Agentur:

    Ich glaube, es ist gut, dass wir in der geopolitischen Lage jetzt Handlungsfähigkeit beweisen.

    Grünen-Chefin Ricarda Lang

    Dennoch ist das Rumoren gerade in den Fraktionen von Grünen und insbesondere der SPD groß. Die Abgeordneten der SPD hatten den Druck auf ihren Kanzler zuletzt deutlich erhöht, und somit den heutigen Showdown erzwungen.
    Auch wenn ihr Fraktionschef Rolf Mützenich die Einigung nun im Kern verteidigte. Ob die Fraktion dem auch in den kommenden Tagen geschlossen folgt oder es weitere Querschüsse gibt, bleibt abzuwarten.

    Hält die Koalition jetzt?

    Die wenigsten Berliner Beobachter - und auch viele Beteiligte - würden dafür aktuell eine Garantie geben wollen. Bis zuletzt waren die Gräben tief und die gegenseitigen Vorhaltungen erheblich. Und mit den teils sehr scharfen kolportierten Drohungen, die Ampel-Koalition im Zweifel platzen zu lassen, erhielt der Ampel-interne Sound nochmal eine neue Qualität.
    Mit der nun präsentierten Einigung, so scheint es, wurde der kleinste gemeinsame Nenner präsentiert - weil er präsentiert werden musste. Mit der eigens kommunizierten Deadline hatten sich die Koalitionäre selbst maximal unter Druck gesetzt.
    Was nun vorgelegt wurde, enthält gleichwohl noch viele offene Detailfragen. Insofern scheint das innerkoalitionäre Konfliktpotenzial nicht aufgelöst, sondern eher vorübergehend eingehegt - Ärger auf Wiedervorlage, gewissermaßen. Ob das parallel verkündete Wachstumspaket ausreichend Kraft entwickelt, um die Fliehkräfte in den Fraktionen zu bremsen, auch das muss sich zeigen.
    Archiv: Christian Lindner wartet auf den Beginn der Sitzung des Bundeskabinett im Kanzleramt.
    Im Bundeshaushalt klafft eine Milliardenlücke. Finanzminister Christian Lindner muss deshalb die Ausgaben für den Etat 2025 begrenzen. Doch einige Ressorts sträuben sich dagegen.26.05.2024 | 4:03 min

    Wie reagiert die Opposition?

    Prompte Kritik an dem Entwurf für den Haushalt 2025 kommt aus der Opposition. CDU-Haushaltsexperte Mathias Middelberg sagte gegenüber ZDFheute: "Die von der FDP geforderte Wirtschaftswende wird mit diesem Paket sicher nicht kommen." Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion sagte weiter:

    Statt eines starken 'Wachstumsturbo’, liefert die Ampel nur ein diffuses Sammelsurium an Einzelmaßnahmen nach der Devise: für jeden Ampelpartner ist eine Kleinigkeit dabei."

    CDU-Haushaltsexperte Mathias Middelberg

    Die Linken warnen angesichts des Etatentwurfs vor Streichungen bei Sozialleistungen. "Die Ampel will Milliarden sparen, Steuern senken und gleichzeitig die Schuldenbremse einhalten: Man muss kein Prophet sein, um zu sehen, dass die Regierung im Gegenzug die Sozialaussagen zusammenstreichen wird", sagte Parteichefin Janine Wissler gegenüber ZDFheute.

    Menschen mit geringen Einkommen werden dafür die Zeche zahlen müssen. SPD, Grüne und FDP dürfen nicht erneut den Rotstift anlegen bei Sozialem, sondern endlich Zukunftsinvestitionen auf den Weg bringen.

    Linken-Vorsitzende Janine Wissler

    Wie geht es jetzt weiter mit dem Haushalt?

    Trotz der informellen Einigung - ein fertiger Haushaltsentwurf liegt noch nicht vor. Den will das Kabinett im Laufe des Monats beschließen, wie Olaf Scholz bereits in der Regierungsbefragung am Mittwoch versicherte.
    Danach sind dann die Abgeordneten am Zug: Das Budgetrecht gilt ja als zentrale Aufgabe eines jeden (demokratischen) Parlaments. Besonders intensiv beugen sich die Haushaltspolitiker der Fraktionen über das Zahlenwerk. Und wie schon im Vorjahr werden das manche nun wohl auch während des Sommerurlaubs tun - letztes Jahr hing die Ampel ebenfalls im Zeitplan hinterher.
    Später wird im Plenum jeder Einzelplan - also im Wesentlichen die Budgets der einzelnen Ministerien - debattiert und überarbeitet. Für den Auftakt dieser Beratungen gibt es immerhin schon einen minutiösen Zeitplan: die erste Sitzungswoche ab dem 10. September. Die sogenannte Schlussrunde jener Woche findet statt: am Freitag, dem 13. Weitere Verhandlungen inklusive der sogenannten Bereinigungssitzung ziehen sich dann womöglich bis Anfang Dezember.

    Was wird aus der Schuldenbremse?

    Sie steht erstmal. Das war sozusagen die gelbe Linie in den Haushaltsverhandlungen - sprich: die rote Linie der FDP. Christian Lindner habe sich da "ziemlich eingemauert", sagte am Morgen die Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katharina Dröge. Und mit Blick auf die aus ihrer Sicht und der der SPD notwendige Reform der Schuldenbremse richteten Grüne und SPD ihre Kritik erneut (auch) Richtung Union: Die CDU/CSU müsste für die notwendige Grundgesetzänderung mitstimmen.
    Dafür werde es aber in dieser Wahlperiode keine entsprechende Mehrheit geben, versicherten auch zuletzt immer wieder Vertreter sowohl von FDP als auch Union. Dass manche Ministerpräsidenten der Union indes Bereitschaft erkennen ließen, das Thema anzugehen, erscheint eine Änderung in der nächsten Wahlperiode durchaus denkbar.
    Die von SPD und Grünen favorisierte Kurzfrist-Lösung - ein nochmaliges Aussetzen der Schuldenregel - lehnte die FDP ebenfalls ab, einerseits mit Verweis auf das Grundgesetz, das hierzu eine außergewöhnliche Notlage voraussetzt; andererseits mit Blick Richtung Karlsruhe, wo das Bundesverfassungsgericht eben diese Vorgabe vergangenen November deutlich enger auslegte als die Ampel in ihrem zuvor vorgelegten Haushaltsentwurf.

    Koalitionskreise
    :Ampel einigt sich auf Haushalt für 2025

    Die Ampel hat eine ernste Koalitionskrise vorerst abgewendet: SPD, Grüne und FDP haben sich auf den Haushalt 2025 geeinigt. Details sollen nun die Fraktionen beraten.
    von Dominik Rzepka
    Robert Habeck (l-r), Olaf Scholz und Christian Lindner
    mit Video

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