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Interview
Lindner bei IWF-Tagung:Ökonom: Schuldenbremse lähmt Deutschland
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Ökonom Kirkegaard sieht in der Schuldenbremse einen Grund für die wirtschaftliche Schwäche Deutschlands. Finanzminister Lindner wirbt indes bei IWF-Tagung für den Standort.
Christian Lindner bei der IWF-Tagung
Quelle: picture alliance/dpa
In der US-amerikanischen Hauptstadt Washington wirbt Finanzminister Christian Lindner (FDP) bei der Frühjahrestagung des Internationale Währungsfonds (IWF) und der Weltbank für Deutschland als attraktiven Standort. Er hat allen Grund dafür: Die Prognose des IWF zeigt Deutschland als Schlusslicht unter den großen Industrienationen - mit 0,5 Prozent Wachstum.
Die Prognose müsse auch den Letzten in Deutschland davon überzeugen, dass an allen Stellschrauben gedreht werden müsse, "von Arbeitsmarkt bis Steuern", so Lindner bei X.
Bundesfinanzminister Lindner bei X
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Ökonom Jacob Funk Kirkegaard vom Peterson Institute for International Economics in Washington sieht noch eine andere Stellschraube - die dürfte Lindner wiederum nicht gefallen.
Die Schuldenbremse ist in diesem Jahr wieder in Kraft gesetzt worden.19.01.2024 | 1:39 min
ZDFheute: Was ist die wichtigste Erkenntnis aus dem IWF-Bericht für den Westen?
Jacob Funk Kirkegaard: Wir halten das abgebremste Wirtschaftswachstum häufig für etwas, das nur uns selbst betrifft. Der Bericht macht meiner Meinung nach sehr deutlich, dass es global passiert, sich aber auf die Schwellenländer konzentriert.
Das hat beispielsweise zur Folge, dass wir nicht glauben sollten, dass wir weiterhin durch Export unseren Wohlstand generieren können. Volkswirtschaften wie die deutsche haben über Jahrzehnte durch Export riesiges Wachstum generiert, das wird sich nun stark abschwächen.
ZDFheute: Der neue IWF-Bericht weist für Deutschland unter den G7 das schwächste Wachstum aus. Was sagen sie dazu?
Kirkegaard: Deutschland zahlt den Preis für strategische Fehler, die es in den letzten Jahrzehnten im Hinblick auf seine Energieversorgung gemacht hat. Wenn man den meiner Meinung nach verfrühten Ausstieg aus der Atomenergie hinzunimmt, kommt man in eine schwierige Situation für die energieintensive Industrie, die in Deutschland traditionell sehr stark vertreten ist.
"Wir haben klare Koalitionsvereinbarungen und die haben auch ganz klar und deutlich gesagt: Die Schuldenbremse gilt", sagt Otto Fricke, haushaltspolitischer Sprecher der FDP. 30.01.2024 | 5:11 min
Auch wenn sich aktuell eine Trendwende abzeichnet, bestehen strukturelle Problem weiterhin. Deutschlands Bevölkerung altert schneller als in den meisten EU-Ländern. Hinzu kommt die Tatsache, dass Deutschland sich mit der Schuldenbremse entschieden hat, seine Möglichkeit zu investieren und Fiskalpolitik zu machen, einzuschränken.
ZDFheute: Wo sehen Sie die großen wirtschaftlichen Herausforderungen?
Kirkegaard: Das große Thema ist natürlich weiterhin der Klimawandel. Das erfordert das meiste Kapital, hat bei weitem die größten Auswirkungen.
Wir verlieren Arbeitsplätze in der energieintensiven Industrie usw., aber die Emissionen gehen schnell zurück, sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Europa. China stabilisiert sich und wird meiner Meinung nach sehr bald einen Rückgang der Emissionen verzeichnen.
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ZDFheute: Worauf sollte sich Wirtschaftspolitik Ihrer Meinung nach konzentrieren?
Kirkegaard: Wir sollten mit der Schwarzmalerei vorsichtig sein. Der Preis, den insbesondere Europa bei den energieintensiven Industrien zahlt, ist nicht umsonst. Die sinkenden Emissionen sollten ein Signal dafür sein, mehr zu investieren.
Die Sunmax GmbH aus Sachsen plant die Fertigung von innovativen Solarmodulen, die neben Energie auch Wärme produzieren können - für die Aufnahme der Großproduktion wird aber Staatshilfe benötigt.15.04.2024 | 2:29 min
Wir werden etwa mit den USA nie wettbewerbsfähig sein, bis wir eine vollständig dekarbonisierte Energieversorgung haben. Dafür müssen wir mehr investieren.
ZDFheute: Dieser Wandel dauert, ist tiefgreifend und teuer. Wo sehen Sie hier Fortschritte?
Kirkegaard: Die jüngsten Daten aus 2023 zeigen, dass etwa die Bepreisung von Kohlenstoff schmerzhaft ist, aber sie funktioniert. Die Herausforderung ist groß, aber wir machen sehr bedeutende, greifbare Fortschritte, nicht nur in Europa, sondern weltweit.
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Wenn Volkswirtschaften, die netto fossile Brennstoffe importieren, wie die europäische oder die chinesische, darauf verzichten können, ist das ein direkter Vorteil für die Handelsbedingungen.
Das Gespräch führte Annette Brieger aus dem ZDF-Studio Washington.
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