Problem Atommüll: Das Beispiel Asse

    Marodes Zwischenlager:Beispiel Asse zeigt Atommüll-Problem

    Svenja Bergerhoff - Autorenfoto
    von Svenja Bergerhoff
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    Wie lässt sich Atommüll sicher lagern? Eine Frage, die sich Regierungen und Ingenieure weltweit stellen. Das Zwischenlager Asse zeigt eindrücklich, wie problematisch das sein kann.

    Ein Warnschild weist auf radioaktives Material hin
    Im stillgelegten Bergwerk Asse 2 sind seit Jahrzehnten Fässer mit Atommüll eingelagert. Aber es gibt neue Probleme.27.05.2024 | 1:32 min
    Während bei uns in Deutschland im vergangenen Jahr die letzten Atomkraftwerke vom Netz gegangen sind, setzen andere europäische Staaten wie Frankreich, Polen oder Finnland weiter auf Atomstrom. Was alle Länder, auch Deutschland, eint, ist die Frage: Wohin mit dem Atommüll?
    In Finnland, beim Atommeiler Olkiluoto, soll im nächsten Jahr beispielsweise das weltweit erste Endlager für stark radioaktiv belasteten Abfall in Betrieb genommen werden. Das Endlager befindet sich direkt unter einem schon bestehenden Lager für schwächer radioaktives Material.
    Atomkraftwerk Olkiluoto in Finnland
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    Zwischenlager Asse: beschädigte Fässer, marodes Gestein

    In Deutschland ist man von einer Lösung des Problems aber noch weit entfernt. Immerhin eine Endlagerstätte für schwach- und mittelradioaktiven Abfall entsteht nahe Salzgitter. Im Erzbergwerk Konrad sollen ab 2030 Behälter eingelagert werden können.
    Genau solches schwach- bis mittelradioaktives Material liegt derzeit im Salzbergwerk Asse in Niedersachsen, einem von insgesamt 16 deutschen Zwischenlagern für Atommüll. Und dem größten Sorgenkind.

    Atomgegner demonstrieren gegen Flutung des Atommüll-Lagers Asse
    Quelle: dpa

    • 126.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Abfall lagern im Bergwerk Asse
    • Das entspricht 47.000 Kubikmetern Atommüll
    • Der Atommüll lagert in 13 Kammern in etwa 750 Metern Tiefe
    • Die Einlagerung erfolgte in den 1960er und 1970er Jahren
    • Zeitweise wurde die Asse als Endlager betrachtet
    • Seit 2008 gibt es Bestrebungen, die Behälter mit radioaktivem Müll wieder zu bergen

    Denn nicht nur wurden Fässer schon bei der Einlagerung in den 1960er und 70er Jahren beschädigt oder weisen inzwischen Risse in den Ummantelungen auf, auch das Bergwerk selbst gilt als marode.
    Schon lange sind Teile des Schachtsystems einsturzgefährdet. Zuletzt bereitet vor allem der Wasserzulauf Sorgen. 12.500 Liter, sogenanntes Zutrittswasser, dringen seit Jahren täglich in die Asse ein.

    Kontaminierung von Grundwasser droht

    Mit Folien und Leitungen soll das Wasser eigentlich kontrolliert in Bahnen gelenkt, aufgefangen und entsorgt werden. Doch im Auffangbecken kommt nur noch etwa die Hälfte des Zutrittswassers an. Die andere Hälfte bahnt sich ihren eigenen Weg durchs Gestein. Inzwischen ist das Wasser auch auf 725 Metern Tiefe, nur noch 25 Meter über den meisten Kammern mit dem radioaktiven Inventar, angekommen. Das birgt Gefahren:
    Das Wasser macht das Gestein instabiler und die Asse somit noch einsturzgefährdeter. Und sollte Wasser bis in die Kammern mit den Fässern vordringen, könnten sich radioaktive Stoffe lösen und das Grubenwasser kontaminieren. Dieses Wasser könnte nach oben gedrückt werden und ins Grundwasser gelangen.

    Atommüll-Behälter
    Quelle: dpa

    • Bis 2080 rechnen Experten mit 10.500 Tonnen radioaktivem Abfall
    • In Zwischenlagern und Sammelstellen lagern mehr als 130.000 Kubikmeter Atommüll (Stand 31.12.2022)
    • Bis 2060 kommen laut Schätzungen zusätzliche 170.000 Kubikmeter radioaktiver Abfall aus dem Rückbau der Atommeiler hinzu
    • Der Lagerbedarf bei Bergung des Atommülls aus dem Zwischenlager Asse wird auf 220.000 Kubikmeter geschätzt
    Quelle: Bundesgesellschaft für Endlagerung

    Betreibergesellschaft setzt auf Beruhigung

    Bei einem solchen Prozess würde es sich um einen sehr langen Zeitraum handeln, trotzdem gilt es, eine solche Umweltkatastrophe für künftige Generationen zu verhindern. Anwohner und Asse-Gegner fordern daher von den Verantwortlichen mehr Informationen zur Lage unter Tage ein:

    Wir wollen wissen: Was ist los, wenn dieser Schacht heute absäuft, wo er noch nicht komplett verfüllt ist und Verstärkungsmaßnahmen noch nicht zu Ende sind? Und wie die Vorsorgemaßnahmen aussehen.

    Heike Wiegel, Vorstand Bürgerinitiative "aufpASSEn"

    Die Betreibergesellschaft hingegen versucht zu beruhigen:

    Im Moment ist die Grube sicher. Seit Jahren bereiten wir uns darauf vor, dass wir "Plan B"-Maßnahmen haben, die wir sofort umsetzen können.

    Iris Graffunder, Geschäftsführung Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE)

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    Lemke: Rückholung von Atommüll sicherste Option

    "Plan A" ist die Bergung des kompletten in der Asse eingelagerten Atommülls. Schon seit 2008 wird das angepeilt. Daran wird auch weiterhin festgehalten. "Es ist in den 60er Jahren eine unverantwortliche Situation geschaffen worden, dass dort Atommüll eingelagert wurde, der dort nicht hätte eingelagert werden dürfen", kritisiert Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne).

    Wir müssen diese Situation jetzt bewältigen. Und dafür bleibt die Rückholung die sicherste Option.

    Steffi Lemke, Bundesumweltministerin

    Erste Fässer könnten aber erst im Jahr 2033 aus der Asse herausgeholt werden, so aktuelle Schätzungen. Die gesamte Rückholung würde sich wohl über Jahrzehnte hinziehen, aufwendig und teuer werden.
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    Alternative zur Bergung: Asse versiegeln

    Aus Sicht von Jens Köhler von der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) ein komplexes Unterfangen: "Wir müssen die Decke unterstützen, mit ferngesteuerten Geräten dort reingehen."

    Wir haben bei Kamerafahrten in die Einlagerungskammern festgestellt, dass die Fässer zum Großteil beschädigt sind. Wir müssen Geräte entwickeln, die in der Lage sind, sich an alle Eventualitäten anzupassen.

    Jens Köhler, BGE-Projektleiter

    Sollte sich die Lage in der Asse weiter verschärfen und eine Rückholung unmöglich machen, würde man auf Plan B zurückkommen: Eine Versiegelung der Asse. Für diese Option liegt bereits ein Notfallplan vor.
    Wie auch immer es mit der Asse weitergeht: Der Fall des Salzbergwerks macht deutlich, wie kritisch der Umgang mit radioaktivem Abfall ist, und wie sorgfältig die Prüfung von Lagerstätten zu erfolgen hat. Nur so können in Zukunft Szenarien wie in der Asse vermieden werden.

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