Viele Menschen bekommen die gestiegenen Preise richtig zu spüren - besonders Ende Januar. Und die Zahl derer, die von Armut bedroht sind, wächst.
Der Januar ist ein teurer Monat. Viele müssen jährliche Versicherungen bezahlen, zum Beispiel fürs Auto. Und die Nebenkostenabrechnung flattert ins Haus. All das nach großen Silvesterpartys und Weihnachtseinkäufen.
Zum Beispiel bei Sarah Gänger-van Riesen aus Pforzheim. Sie und ihr Mann arbeiten beide Vollzeit, versorgen gemeinsam drei Kinder.
Da guckt man, hat man noch etwas zu essen in der Gefriertruhe, das man auftauen kann?
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Sarah Gänger-van Riesen, Mutter von drei Kindern
Auch Danyal, der in der Filiale eines großen Telekommunikationsunternehmen Internet- und Telefonverträge verkauft, bekommt die hohen Kosten zu spüren: "Ein Döner kostet teilweise acht oder neun Euro." Er ginge deswegen immer seltener in der Mittagspause in der Innenstadt etwas essen, koche stattdessen mehr. Und merke, wie er sich am Monatsende zurückzieht:
Ich schraube dann schon runter, dann geh ich automatisch nicht mehr raus.
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Danyal aus Pforzheim
Hivi zieht ihre beiden Söhne alleine groß. Sie erzählt, ihr blieben im Monat wenn die Miete gezahlt ist, 600 Euro.
Man arbeitet, aber das Geld reicht nicht. Es ist sehr schwer. Früher hat es gereicht, aber jetzt wo alles teurer ist…
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Hivi, 31 Jahre alt
Es fehlen Rücklagen
Es trifft vor allem Menschen, die im Niedriglohnsektor arbeiten, Langzeitarbeitslose, Alleinerziehende, Familien mit drei oder mehr Kindern und junge Erwachsene zwischen 18 und 25 Jahren, sagt Armutsforscherin Irina Volf vom Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik. "Betroffene haben selten Rücklagen, deswegen ist besonders im Januar die Lage prekär."
Besonders Ausgaben, die über die Sicherstellung der physischen Existenz, wie Essen und Wohnen hinaus gingen, seien dann nicht möglich. So blieben Hobbys, kulturelle Veranstaltungen oder Kindergeburtstage auf der Strecke.
Menschen, die von Armut betroffen sind, erleben weniger gesellschaftliche Teilhabe
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Irina Volf, Armutsforscherin
Es fehle mehr, als nur Geld.
Gestiegene Preise bei Energie und Lebensmitteln, aber kaum erhöhte Arbeitslöhne – das belastet vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen.26.11.2023 | 30:05 min
Fast 17 Prozent von Armut bedroht
Es ist nicht genau zu beziffern, wie viele Menschen am Monatsende knapp bei Kasse sind. Statistisch gilt als arm, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat.
Laut Mikrozensus für 2021 liegt die Armutsschwelle für Alleinstehende bei netto 1.145 Euro pro Monat, bei einer Familie mit zwei Kindern bei 2.405 Euro und bei einer Alleinerziehende mit einem Kind bis 14 Jahren bei 1.489 Euro.
Demnach waren 2021 in Deutschland 16,9 Prozent der Bevölkerung armutsgefährdet.
Das sind 14,1 Millionen Menschen, also keine Randgruppe mehr.
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Christoph Butterwegge, Armutsforscher
Vielmehr reiche die Armutsbedrohung bis weit in die Mittelschicht hinein. Dazu komme eine verborgene Armut. "Man verdient zwar 1.300 oder 1.400 Euro netto im Monat, das Geld geht aber wegen der Energiepreisexplosion, der Inflation und steigender Mieten schneller aus dem Portemonnaie heraus, als es hineingekommen ist", sagt Butterwegge.
Hohe Hürden für Hilfe
Menschen, die in finanzielle Not geraten, können staatliche Hilfen beantragen, zum Beispiel Wohngeld oder Kinderzuschlag. Die Formalitäten aber seien eine hohe Hürde, kritisiert Armutsforscherin Volf.
"Bis zu 80 Prozent derjenigen die Anspruch auf Kinderzuschlag oder Wohngeld hätten, nehmen diese nicht in Anspruch", sagt Irina Volf in Bezug auf einen Bericht des Deutschen Jugendinstituts. Der bürokratische Aufwand müsse geringer werden. Sie setze aktuell all ihre Hoffnungen in die Kindergrundsicherung. Diese hat die Ampel für 2025 angekündigt.
Wer früher Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld hatte, bekommt seit Januar 2023 Bürgergeld. Berechtigt sind laut Bundesregierung Menschen, die erwerbsfähig sind und trotz Bemühungen keine Arbeit finden oder Erwerbstätige, die so wenig verdienen, dass sie ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht voll finanzieren können. Seit Januar 2024 erhält ein alleinstehender Erwachsener 563 Euro Bürgergeld im Monat – 61 Euro mehr als im Jahr zuvor. Lehnen Betroffene ein zumutbares Jobangebot ab, kann ihnen diese Leistung gekürzt werden.
(Quelle: Bundesregierung, Bundesagentur für Arbeit)
Wohngeld ist ein Zuschuss zur Wohnkostenbelastung für Haushalte mit geringen Einkommen. Anspruch und Höhe des Wohngelds hängen ab von der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder und der Höhe der zuschussfähigen Miete oder Belastung (bei selbst nutzenden Eigentümern). Auch Kosten für Heizen und energetische Sanierung werden berücksichtigt. Sind die Betroffenen berufstätig, wird ihr Einkommen mit den Sozialleistungen verrechnet. Besteht ein Anspruch auf Bürgergeld und Wohngeld, wird anhand einer Günstigerprüfung ermittelt, welche Leistung attraktiver ist.
(Quelle: Bundesregierung, Bundesagentur für Arbeit)
Wenn das Einkommen nicht für die ganze Familie reicht, können Eltern beziehungsweise Erziehungsberechtigte zusätzlich zum Kindergeld den Kinderzuschlag (umgangssprachlich: Kindergeldzuschlag) erhalten. Ob und in welcher Höhe dieser gezahlt wird, wird für jede Familie individuell berechnet. Maßgeblich sind unter anderem das Brutto-Einkommen (mind. 900 Euro für Paare, mind. 600 Euro für Alleinerziehende) sowie das erhebliche Vermögen des Haushalts (der Familienunterhalt könnte aus Einkommen, Kinderzuschlag und ggf. Wohngeld bestritten werden). Ab 2025 soll diese Leistung auf eine Kindergrundsicherung umgestellt werden.
Vor allem Menschen, die schon knapp bei Kasse sind, haben wenig Möglichkeiten, bei Grundbedürfnissen wie Wohnen, Essen oder Mobilität zu sparen. Ihre Lage droht sich zu verschlechtern.
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