Praxen geschlossen: Warum Ärzte für mehr Geld streiken

Zwischen den Jahren werden in ganz Deutschland viele Arztpraxen geschlossen bleiben. So wollen Ärzteverbände gegen gestiegene Kosten und die Gesundheitspolitik von Bundesminister Karl Lauterbach (SPD) protestieren. Von Mittwoch bis Freitag wird es bundesweit nur ein reduziertes Angebot geben. Der Virchowbund der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte rechnet mit Tausenden geschlossenen Praxen.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) erhebt quartalsweise Daten zu Honorarumsatz und Überschuss von niedergelassenen Ärzten. Diese Werte umfassen jedoch nur das Einkommen aus Leistungen für Kassenpatienten. Laut Statistischem Bundesamt erzielten Arztpraxen 2021 rund 72 Prozent ihrer Einnahmen aus Kassenabrechnung - das tatsächliche Einkommen der Ärzte ist also etwas höher als von der KBV angegeben.

Im Schnitt verdiente ein niedergelassener Arzt in den letzten vier vorliegenden Quartalen zusammengerechnet 125.747 Euro. Was bei diesen Zahlen aber auffällt, sind die großen Unterschiede zwischen den einzelnen Fachrichtungen. Vorne lagen Pneumologen mit über 168.000 Euro im Schnitt, bei psychologischen Psychotherapeuten waren es hingegen lediglich rund 69.000 Euro. Auch zwischen Stadt und Land, Ost und West gibt es ein Gefälle. Dennoch gehören Ärzte insgesamt zu den Gut- und Besserverdienenden.

Als niedergelassene Ärzte sind Haus- und Fachärzte auch Unternehmer. Sie führen eine Praxis, meist mit mehreren Angestellten und notwendigen Investitionen. Ärztevertreter argumentieren, dass sich dieses unternehmerische Risiko auch in einem höheren Einkommen niederschlagen müsse, etwa im Vergleich zu angestellten Ärzten in Krankenhäusern. Laut KBV blieben niedergelassenen Ärzten im ersten Halbjahr 2022 im Schnitt 25,5 Prozent ihres Umsatzes als Nettoeinkommen.

Ein zentraler Kritikpunkt der Ärztevertreter ist die gesetzlich festgelegte Budgetierung im deutschen Gesundheitswesen. Diese Gesamtvergütung legt fest, wie viel Geld die gesetzlichen Krankenkassen pro Jahr maximal für alle medizinischen Leistungen ausgeben dürfen.

Das heißt: Der Geldtopf, der niedergelassenen Ärzten zur Verfügung steht, ist nicht unendlich - unabhängig davon, wie viele Patientinnen und Patienten oder welche Erkrankungen behandelt werden. Das kritisiert die Kampagne "Praxis in Not", die hinter dem aktuellen Streik steht:

Das System führt auch dazu, dass Ärztinnen und Ärzte teils in Randzeiten, an Wochenenden oder in Bereitschaftsdiensten arbeiten, für die einzelnen Patienten in diesem Zeitraum jedoch nur minimale Pauschalbeträge erhalten. Hinzu kommt die Inflation, die sich aber auch im Gesundheitssystem bemerkbar macht. Denn die Kassenbudgets steigen nicht gleichermaßen. "Die Umsätze können mit den explodierenden Kosten und der hohen Inflation nicht mehr Schritt halten", so KBV-Vorstandsvorsitzender Andreas Gassen.

Die Folge: Das reale Einkommen der Ärzte ist zeitweise gesunken. Im zweiten Quartal 2022 sank ihr Umsatz gar um 1,4 Prozent; insbesondere der Honorarumsatz je Behandlungsfall sei wegen stark gestiegener Patientenzahlen in der ersten Jahreshälfte 2022 rückläufig, schreibt die KBV.

Dazu kommen immer mehr Schwierigkeiten, medizinische Fachangestellte zu finden; deren Bezahlung ist in Krankenhäusern deutlich besser. Auch darum klagen die Ärzte über hohen Bürokratie-Aufwand. Die Arbeitsbelastung ist hoch, insbesondere auf dem Land. Dort fürchten viele Ärzte außerdem, für ihren Kassensitz keine Nachfolge zu finden.

Für Januar hat Minister Lauterbach ein Krisentreffen mit Ärzte-Vertretern angekündigt, um nach Lösungen zu suchen.

Der schnellste Weg ist ein Anruf in der Praxis. Manche niedergelassenen Ärzte schreiben auch auf ihrer Webseite, ob sie sich am Streik beteiligen. Stets einen medizinischen Ansprechpartner finden Sie über den ärztlichen Bereitschaftsdienst. Auch sollen streikende Ärztinnen und Ärzte eine Vertretung für Notfälle benennen.

Achtung: Viele nicht von den Ärzten selbst betriebene Webseiten, die nur Daten zu Öffnungszeiten von Praxen oder Geschäften sammeln, werden ihre Angaben vermutlich nicht angepasst haben - bei ihnen könnten die Öffnungszeiten fehlerhaft sein.