Wirtschaft: Industriestandort Deutschland in Gefahr
Wirtschaft in Sorge:Industriestandort Deutschland in Gefahr?
von Frank Buchwald, Berlin
|
Die Wirtschaft warnt: Teure Energie, hohe Steuern und zu viel Bürokratie schaden dem Standort Deutschland. Die Sozialpartner fürchten Spaltung und Radikalisierung.
Ist der Wirtschaftsstandort Deutschland in Gefahr?
Quelle: dpa
"Wir sind gerne hier", sagt Anna Ruhland und lächelt. Deutschland sei ein schönes Land mit einem Wohlstand, einer Infrastruktur und einer intakten Umwelt. Viele andere Regionen der Welt träumten genau davon und unternähmen große Anstrengungen, das deutsche Niveau zu erreichen.
Wachsende Bürokratie als Hindernis
Die sportliche junge Frau aus Olching bei München weiß, wovon sie spricht: Innerhalb von zehn Jahren hat Ruhland gemeinsam mit ihrem Mann und ihrem Schwager ein Familienunternehmen aufgebaut. Ihr grafischer Betrieb beschäftigt mittlerweile rund vierhundert Menschen und erwirtschaftet etwas mehr als hundert Millionen Umsatz.
Quelle: ZDF
Mehr über die Krise der Automobilindustrie sehen Sie heute um 19.10 Uhr bei Berlin direkt - mit Diana Zimmermann.
"Wir arbeiten hier im Unternehmen als Team und versuchen, die Dinge voranzubringen", sagt die Chefin im Interview mit Berlin direkt, und wünscht sich einen ähnlichen Spirit auch beim Staat. Stattdessen müsse sie sich mit einer wuchernden Bürokratie beschäftigen: Berichtspflichten, Datenschutzbestimmungen und vielem anderen. Das alles koste Kraft und trage nicht zur Wertschöpfung bei, sagt sie, und manchmal ärgere sie das.
Miele, Bosch, ZF Friedrichshafen - deutsche Firmen bauen Tausende Jobs ab. Die Unsicherheit und die Investitionen der Konzerne in den USA sorgen für Frustration in Belegschaften. 13.02.2024 | 7:11 min
So wie Ruhland denken viele Unternehmer, einige ziehen Konsequenzen. Miele etwa machte in den letzten Wochen Schlagzeilen: Das Familienunternehmen aus Gütersloh will Haushaltswaschmaschinen nach 2027 nur noch in Polen montieren. Kein deutscher Standort sei gefährdet, heißt es bei Miele, auch die Komponenten kämen nach wie vor aus heimischer Produktion.
Das Signal aber war klar: Ein deutsches Traditionsunternehmen expandiert außerhalb Deutschlands. Kein Einzelfall. Auch andere Firmen mit klangvollen Namen sehen ihre Zukunft eher jenseits der deutschen Grenzen.
Für die Darstellung von ZDFheute Infografiken nutzen wir die Software von Datawrapper. Erst wenn Sie hier klicken, werden die Grafiken nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Datawrapper übertragen. Über den Datenschutz von Datawrapper können Sie sich auf der Seite des Anbieters informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.
"Ein Warnsignal", sagt Rainer Kirchdörfer von der "Stiftung Familienunternehmen und Politik". Anders als Aktiengesellschaften in breitem Streubesitz seien familiengeführte Unternehmen traditionsbewusst und standorttreu. Wenn solche Firmen ihre Investitionstätigkeit nun langsam und diskret immer stärker ins Ausland verlagerten, komme ein schleichender Prozess in Gang, der mit enormen Verlusten einhergehen könne.
Es sei die Summe der Probleme am Standort Deutschland, die Investition hemme: neben teurer Energie und hohen Steuern drücke vor allem die Trägheit der Bürokratie. Im Länderranking der Stiftung stürzte Deutschland innerhalb weniger Jahre von Platz neun auf Platz achtzehn ab - unter 21 Industrienationen.
Den Kanzler haben solche Warnungen bisher nicht besonders beeindruckt. Olaf Scholz (SPD) verweist auf beschleunigte Planungsverfahren, erleichterte Einwanderungsbestimmungen für ausländische Fachkräfte und darauf, dass die Energiepreise wieder das Niveau von 2022 erreicht hätten. Zum Beruf des Kaufmanns gehöre nun mal die Klage.
Die Bundesregierung hat weitere Maßnahmen zum Abbau von Bürokratie auf den Weg gebracht.
Das Entlastungsvolumen für die Wirtschaft wird auf gut 944 Millionen Euro pro Jahr beziffert.13.03.2024 | 1:39 min
Wirtschaft: Lage wird vom Kanzleramt "unterschätzt"
Die Spitzen der deutschen Wirtschaft sehen das weit weniger gelassen: "So kann man unsere Analysen auch abkanzeln", donnert BDI-Präsident Russwurm im Zeitungsinterview und attestiert der Ampel-Koalition zwei verlorene Jahre. Im Kanzleramt werde der Ernst der Lage offenbar unterschätzt.
Mitte April luden die führenden Wirtschaftsverbänden den Kanzler zum Spitzengespräch, eine gemeinsame Pressekonferenz, wie sonst üblich, gab es diesmal nicht.
Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) tourt derweil durchs Land und treibt seinen Plan der Transformation mit Subventionen voran: Milliarden für grünen Stahl im Ruhrgebiet, neunhundert Millionen für eine Batteriefabrik in Dithmarschen.
Um das Rückgrat der deutschen Wirtschaft kümmere der zuständige Minister sich dagegen kaum, monieren Kritiker - nicht nur aus der Opposition. Und eine Expertenumfrage des angesehenen Münchener ifo-Instituts kommt zu dem wenig optimistischen Ergebnis, in den nächsten zehn Jahren werde der Standort Deutschland kaum attraktiver werden.
In Schleswig-Holstein begann im März der Bau einer Gigafactory für E-Auto-Batterien des schwedischen Unternehmens Northvolt. Durch Millionen-Subventionen konnte sich der Standort in Heide gegenüber den USA durchsetzen.25.03.2024 | 1:52 min
Sozialpartner fordern Gegensteuern der Regierung
Mittlerweile schlagen sogar die Sozialpartner Alarm, und dass ausgerechnet in Deutschlands wichtigstem Industriezweig: der Metall- und Elektroindustrie. In einer sehr seltenen, gemeinsamen Erklärung warnen IG Metall und der Arbeitgeberverband Gesamtmetall, der Industriestandort Deutschland sei in Gefahr. Energisches Gegensteuern sei gefragt, "sonst drohen eine verheerende Deindustrialisierung, eine weitere gesellschaftliche Spaltung und eine zunehmende Radikalisierung politischer Debatten und Proteste".
Ein Hilferuf, der einen sozialdemokratischen Kanzler eigentlich nicht kalt lassen kann, schon gar nicht wenige Tage vor dem ersten Mai, dem Tag der Arbeit.
Um dir eine optimale Website der ZDFmediathek, ZDFheute und ZDFtivi präsentieren zu können, setzen wir Cookies und vergleichbare Techniken ein. Einige der eingesetzten Techniken sind unbedingt erforderlich für unser Angebot. Mit deiner Zustimmung dürfen wir und unsere Dienstleister darüber hinaus Informationen auf deinem Gerät speichern und/oder abrufen. Dabei geben wir deine Daten ohne deine Einwilligung nicht an Dritte weiter, die nicht unsere direkten Dienstleister sind. Wir verwenden deine Daten auch nicht zu kommerziellen Zwecken.
Zustimmungspflichtige Datenverarbeitung • Personalisierung: Die Speicherung von bestimmten Interaktionen ermöglicht uns, dein Erlebnis im Angebot des ZDF an dich anzupassen und Personalisierungsfunktionen anzubieten. Dabei personalisieren wir ausschließlich auf Basis deiner Nutzung der ZDFmediathek, der ZDFheute und ZDFtivi. Daten von Dritten werden von uns nicht verwendet. • Social Media und externe Drittsysteme: Wir nutzen Social-Media-Tools und Dienste von anderen Anbietern. Unter anderem um das Teilen von Inhalten zu ermöglichen.
Du kannst entscheiden, für welche Zwecke wir deine Daten speichern und verarbeiten dürfen. Dies betrifft nur dein aktuell genutztes Gerät. Mit "Zustimmen" erklärst du deine Zustimmung zu unserer Datenverarbeitung, für die wir deine Einwilligung benötigen. Oder du legst unter "Einstellungen/Ablehnen" fest, welchen Zwecken du deine Zustimmung gibst und welchen nicht. Deine Datenschutzeinstellungen kannst du jederzeit mit Wirkung für die Zukunft in deinen Einstellungen widerrufen oder ändern.