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Interview
Politikwissenschaftler Mosler:Südkorea: Yoons Entscheidung "Panikattacke"
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Die Entscheidung von Südkoreas Präsident Yoon, kurzzeitig das Kriegsrecht auszurufen, kann sich der Politikwissenschaftler Hannes Mosler nur mit einer Art Panikattacke erklären.
Der Druck auf den südkoreanischen Präsidenten Yoon wächst: Das Parlament wird über einen Antrag auf ein Amtsenthebungsverfahren abstimmen.06.12.2024 | 2:35 min
ZDFheute: Momentan überschlagen sich die Eilmeldungen: Am Morgen war die Rede davon, dass Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol eventuell ein zweites Mal das Kriegsrecht verhängt. Die Polizei ermittelt gegen ihn wegen Hochverrats. Dann war der Chef seiner Regierungspartei erst gegen eine Amtsenthebung Yoons, heute dafür. Tausende Demonstrierende gingen auf die Straßen. Was passiert da gerade in der sonst so stabilen Demokratie Südkorea?
Hannes Mosler: Ja, die Menschen sind auf der Straße, die Opposition versucht sich gegen diese Versuche eines Staatstreiches zu stemmen. Es ist natürlich schockierend, was passiert ist, aber nicht wirklich überraschend, wenn man sich die ersten drei Amtsjahre des konservativen Präsidenten anschaut.
... ist Politikwissenschaftler und Ostasienwissenschaftler an der Universität Duisburg-Essen und zurzeit in Seoul.
Ihm ist eigentlich nichts gelungen in seiner Amtszeit, obwohl er natürlich vollmundige Versprechen gemacht hat, wie das üblich ist. In seinem Fall kommt noch hinzu, dass er die Präsidentschaftswahlen mit nur 0,73 Prozent Unterschied gewonnen hat. Er war also von Anfang an auch schwach legitimiert.
Natürlich, es war ein sehr polarisierter Wahlkampf damals gegen die Oppositionspartei. Und in diesem Jahr fanden ja auch die Parlamentswahlen statt - eine Art Zwischenbewertung der Regierung unter ihm. Die ist sehr schlecht ausgefallen.
Das hat ihn noch weiter angeschlagen. In den Jahren gab es sehr viele Korruptionsverdachtsmomente. Auch im Zusammenhang mit ihm, seiner Frau und Kabinettsmitgliedern. Das kann man gar nicht alles aufzählen, was es da für Verdachtsmomente gab.
Große Ballons voll mit Exkrementen und Müll landen in Südkorea. Pure Provokation aus Pjöngjang oder dreiste Drohung? Denn wo Ballons landen, könnten auch Raketen einschlagen.06.12.2024 | 12:48 min
Insofern war er schon angeschlagen. Die Parlamentswahl hat ihm noch den Rest gegeben. Und es hat sich zugespitzt mit dem Streit über den Haushalt. Daran hat sich das jetzt dann entfacht.
Und er hat diese irrationale Entscheidung getroffen.
In Südkorea hat die Opposition die Amtsenthebung von Präsident Yoon beantragt. 04.12.2024 | 1:15 min
ZDFheute: Was hat Yoon da geritten? War das eine Frustreaktion?
Mosler: Zunächst muss man wissen, dass er kein Politiker ist, er ist ehemals Staatsanwalt gewesen. Er hat diese Erfahrungen im Politikbetrieb nicht, das schwächt ihn schon mal für dieses Amt. Man muss für so ein Amt auch vorbereitet sein und wenn man da keine Vorerfahrungen hat... er hat zum Beispiel keine politischen Netzwerke gehabt, das schwächt ihn. Gleichzeitig hat er im politischen System Südkoreas sehr viele Befugnisse als Präsident. Wenn er sich dann so in die Ecke gedrängt fühlt von der Opposition, dann kommt es zu so einer Kurzschlussreaktion.
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Das wäre vielleicht mit einem gestandenen Politiker nicht passiert, weil er Rücksprache gehalten hätte mit seinen engsten Vertrauten. Aber wir wissen auch über ihn, dass er eben genau das nicht macht.
Und dann ist es zu dieser Kurzschlussreaktion gekommen. Es wird jetzt berichtet, dass die Kabinettsmitglieder teilweise versucht haben, ihm das auszureden. Aber er hat sie dann einfach überstimmt und damit gab es kein Halten mehr.
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ZDFheute: Warum ist dieser Präsident so unbeliebt?
Mosler: Die Bevölkerung hat die Erfahrung vor acht Jahren mit dem Amtsenthebungsverfahren der konservativen Präsidentin Park Geun-hye. Das war ein Schock für die Gesellschaft. Das war eine Regierungskrise.
Die Menschen in der koreanischen Gesellschaft sind schon viel weiter, als die Politik, die wirklich abgehoben ist und so gut wie keine wirkliche Erdung mehr in der Gesellschaft hat.
Wir haben ja die Bilder gesehen. Sie sind schon gleich in der Nacht vor das Parlament gegangen, um zu protestieren. Und auch jetzt, vor meinem Hotelzimmer, wummert die Musik. Da sitzen Tausende von Menschen und demonstrieren gegen den Präsidenten.
Das Interview führte Elisabeth Schmidt.
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