Wie ist das Leben an der Grenze zwischen Süd- und Nordkorea?

    Zwischen Süd- und Nordkorea:Wie lebt man in der Pufferzone?

    von Miriam Steimer, Südkorea
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    Ballons, Lautsprecher, Straßensprengungen: Die Spannungen zwischen den beiden Koreas sind so groß wie lange nicht. Zu Besuch in einem Dorf nur wenige Kilometer vor der Grenze.

    Kroea Straßensprenung
    Nordkorea hat nun Straßen, die in den Süden führen, gesprengt. Auch Eisenbahnlinien sollen unterbrochen werden.15.10.2024 | 1:51 min
    Je dichter der Stacheldraht wird, desto näher kommen wir der Grenze zwischen Süd- und Nordkorea. Die Gegend wird streng vom Militär überwacht. An den Checkpoints werden Pässe und Nummernschilder kontrolliert und rein kommt nur, wer sich vorher angemeldet und einen triftigen Grund hat - also zum Beispiel hier wohnt, Felder in dieser Zone bewirtschaftet oder mit einer Touristen-Tour kommt.
    Wir fahren zu einem Dorf, das in dieser Pufferzone liegt. Knapp 500 Menschen leben hier, vor allem Ältere. Die Jungen ziehen in die Städte, etwa nach Seoul. Übrig bleiben Soldaten, Landwirte und Touristen, die hierherkommen.
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    Soldaten bewachen die Grenze zwischen Nord- und Südkorea

    Wenn die sich zur Mittagszeit im Gemeinschafts-Restaurant treffen, hat Han Sun-hee alle Hände voll zu tun. Sie ist ihrem Mann in sein Heimatdorf gefolgt, lebt inzwischen seit 45 Jahren hier und leitet den Frauenverband des Dorfes, der für das Restaurant verantwortlich ist.
    Chili, Reis, Gemüse - hier kochen sie mit den Erzeugnissen, die sie im Dorf anbauen und verkaufen die Gerichte zum Selbstkostenpreis. Wie es ist, gerade mal 20 Kilometer von der nächsten Stadt in Nordkorea entfernt zu leben?

    Die schwer gesicherte "Demilitarisierte Zone" (DMZ) zwischen Süd- und Nordkorea wird von einem UN-Kommando unter Führung der USA abgesichert. Bis heute bildet sie die De-facto-Grenze zwischen beiden Ländern.

    Die beiden Koreas befinden sich technisch gesehen bis heute im Krieg, da der Konflikt von 1950 bis 1953 mit einem Waffenstillstand und nicht mit einem Friedensvertrag endete. Die rund 240 Kilometer lange und vier Kilometer breite Pufferzone wurde zum Kriegsende quer durch die koreanische Halbinsel eingerichtet.

    "Vielleicht lebe ich schon zu lange hier und bin schon zu sehr daran gewöhnt. Ich glaube nicht, dass es ernsthaft gefährlich ist", sagt die 68-Jährige. "Und wir haben ja auch unsere tapferen Soldaten, die die Grenze bewachen, also machen wir uns keine großen Sorgen."
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    Kaum Kinder und kein Zugverkehr in Richtung Nordkorea

    So sehen das viele in ihrem Dorf. Es gibt hier alles: einen kleinen Supermarkt, eine Kirche und eine Schule. Allerdings nicht genügend Kinder, deshalb nehmen sie auch Schülerinnen und Schüler aus der Umgebung auf, zum Unterricht in der Pufferzone. Wie nah Nordkorea ist, merken wir zwei Kilometer entfernt.
    Der Bahnhof "Dorasan Station" sieht aus wie ein Bahnhof eben aussieht: mit Wartesaal, Anzeigetafeln und Bahnsteig. Aber: kein Kofferrollen, keine Durchsage, keine Passagiere. Es ist mucksmäuschenstill. Die Gleise nach Nordkorea liegen, aber hier fährt kein Zug.
    Kim Jong-un steht vor drei Mikrofonen im hellen Anzug.
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    Kim Jong-un propagiert kampfbereite Volksarmee

    Der Geister-Bahnhof ist die letzte Station im Süden. Er ist ein trauriges Symbol dafür, wie das Verhältnis zwischen den beiden Nachbarstaaten gerade ist - nämlich so schlecht wie lange nicht. Die Schienen auf seiner Seite macht Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un gerade platt. Alle Verbindungen zum Süden will er kappen.
    Seine staatlich kontrollierten Medien lässt er vermelden, dass mehr als eine Million Nordkoreaner freiwillig in die Armee eingetreten seien. Die Propaganda zeigt eine kampfbereite Volksarmee.
    Fast täglich ploppen auf den Smartphones der Südkoreanerinnen und Südkoreaner Warnmeldungen auf. Denn schon seit Mai kommen aus dem Norden immer wieder Ballons mit Beuteln voller Müll. Tausende hat Nordkorea inzwischen über die Grenze geschickt. Eine reine Provokation.
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    Deutsche Wiedervereinigung als Vorbild

    Das sei zwar nervig, aber sie seien hier an die ständigen Provokationen gewöhnt, sagt Landwirt Park Kyong-oh, der gerade sein Reisfeld aberntet. Was ihn und seine Familie besonders stört: die Lautsprecherbeschallung aus dem Norden, Lärm und Sirenengeheul. Nachts mit offenem Fenster zu schlafen: unmöglich.
    Eine Sache will er dem deutschen Fernsehen unbedingt noch zeigen: Einen Brief, den sein Dorf an Hötensleben in Sachsen-Anhalt geschickt hat. Mit der Gemeinde an der ehemaligen innerdeutschen Grenze will er eine Partnerschaft aufbauen. "Ich hoffe, dass unser Dorf und Hötensleben als Freunde zusammenarbeiten können, die sich für den Frieden einsetzen", sagt er.
    "Wiedervereinigung", so heißt das Dorf in der Pufferzone. Er wünscht sie, dass sie es schaffen, nach deutschem Vorbild irgendwann auch aus den beiden Koreas wieder eines zu machen. Auch wenn dieser Wunsch mit jedem Zwischenfall in weitere Ferne rückt.
    Miriam Steimer ist Leiterin des ZDF-Studios in Peking und Korrespondentin für Ostasien.

    Zwischenfall in Pufferzone
    :Habeck besucht Grenze zu Nordkorea

    Er fühlte sich an die deutsche Geschichte erinnert, sagt Habeck nach seinem Besuch an der Grenze zu Nordkorea. Dort war es unterdessen erneut zu einem Zwischenfall gekommen.
    Robert Habeck spricht während eines Besuchs der Demilitarisierten Zone (DMZ) zwischen Nord- und Südkorea mit Soldaten vor Ort.
    mit Video

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