Nato ohne USA? Wie Trump Zweifel schürt

75 Jahre Militärbündnis:Nato ohne USA? Wie Trump Zweifel schürt

USA-Korrespondent Elmar Theveßen im Gespräch mit ZDFheute live.
von Elmar Theveßen, Washington
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Die Nato wurde gegründet, um die Freiheit Europas zu verteidigen. Über Jahrzehnte gab es in den USA keine Austrittsgelüste. Aber Trump schürt Zweifel an einem Verbleib Amerikas.

Nato Flugzeug auf Rollfeld mit auslandsjournal Logo
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Die kleine Zahl 66 auf dem Heck des Kampfflugzeugs sagt viel über die enge Zusammenarbeit zwischen den USA und ihren europäischen Nato-Verbündeten aus. Sie steht für 1966, das Jahr, in dem der Trainingsjet vom Typ T-38 gebaut wurde. Mit ihm wird gleich Lukas - seinen Nachnamen dürfen wir nicht nennen - losfliegen. Er ist einer der deutschen Flugschüler auf der Sheppard Air Force Base in Wichita Falls, Texas. Hier trainieren seit Generationen jene, die das transatlantische Bündnis aus der Luft verteidigen sollen.

Nato-Mitglieder trainieren gemeinsam für den Ernstfall

Es ist der bisher einzige Bereich der Nato, in dem es eine gemeinsame Ausbildung gibt - auch wenn nur 14 der Mitgliedsländer mitmachen. Hier lernen junge Frauen und Männer aus Ländern wie Norwegen, Kanada, Italien, USA und Deutschland miteinander und voneinander. Es entsteht ein Zusammengehörigkeitsgefühl der Nato-Pilotinnen und Piloten, die später eng kooperieren müssen - bei Übungen und im Ernstfall.
Lukas, der nach der Ausbildung Eurofighter fliegen wird, ist sich angesichts des Krieges in Europa bewusst, dass es über der Ostsee jederzeit zu Zwischenfällen mit russischen Flugzeugen kommen könnte: "Da kann alles passieren", meint der 23-Jährige, "dann vertraue ich in die Qualität der Ausbildung und in die Verfahren, die wir anwenden, um in diesen Szenarien safe zu bleiben."

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Europas Sicherheit hängt von der Stärke der Nato ab. Die Zukunft des Militärbündnisses aber ist alles andere als sicher. Denn Amerika wählt einen neuen Präsidenten. Sehen Sie die Doku von Florian Neuhann und Elmar Theveßen am Mittwoch, 27.3.2024 um 22.15 Uhr im ZDF - oder jederzeit in der Mediathek

Bei den Trainingsflügen über Texas wird auch klar, warum dies der perfekte Ort für die Ausbildung der Nato-Luftstreitkräfte ist: Die Weite, das ganzjährig gute Wetter, die dünne Besiedelung der Landschaft - niemand regt sich hier über Fluglärm auf. Für die Nato ist die Führungsmacht USA unverzichtbar.
"Die Vereinigten Staaten von Amerika machen 50 Prozent der Nato aus", so General Christian Badia, stellvertretender Oberbefehlshaber des Allied Command Transformation in Norfolk, Virginia. An dieser Denkfabrik der Nato entwickeln Offiziere aus allen Mitgliedsländern Konzepte für die Kriegsführung in künftigen Konflikten. Badia glaubt nicht, dass die USA die Nato verlassen würden. Wenn aber doch, "wäre es ein massiver Einschnitt in die Fähigkeiten. Ich sage nicht, dass das Bündnis keinen Bestand hätte, aber eine Nato ohne die Vereinigten Staaten? Dann wird es sehr, sehr schwierig."
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Tatsächlich schürt Donald Trump im Wahlkampf eifrig Zweifel an der Verlässlichkeit der europäischen Verbündeten und droht mit Austritt aus der Nato.

Derzeit ist die Nato gar kein Bündnis. Westeuropa ist ein Protektorat der Vereinigten Staaten von Amerika. Das muss aufhören.

Steve Bannon, ehemaliger Trump-Berater

Bannon weiter: "Wir wollen eine robuste Allianz mit Partnern, die eigene Streitkräfte beitragen, mit denen sie sich selbst verteidigen können".
Die Blaupause dafür existiert bereits. "Mandat zu Führen" heißt das fast tausendseitige Konzept, geschrieben von rechtskonservativen Vordenkern in Politik, Wissenschaft und Medien. Die Trump-Unterstützer fordern eine ganz andere Nato, in der die Verbündeten der USA für die konventionelle Abschreckung Russlands allein - also nur mit ihren eigenen Truppen - zuständig sind. Die US-Streitkräfte in Europa würden massiv reduziert, nur beim Nuklearschutzschirm könnten sich die Partner noch auf die Vereinigten Staaten verlassen. Die Trumpisten glauben, dass die Europäer Amerika schamlos ausnutzen.
Noch ist das nicht die Mehrheitsmeinung in den USA. Nach jüngsten Umfragen stehen 67 Prozent der Amerikaner zur Nato, wollen, dass ihr Land im Bündnis bleibt. Nur zwölf Prozent sind für einen Austritt. Aber wenn Donald Trump im November zum Präsidenten gewählt würde, steht die Nato zur Disposition. Die Europäer müssen deutlich mehr tun, um sie zu erhalten.
Elmar Theveßen leitet das ZDF-Studio in Washington.

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