Mexiko: Ex-Präsidentschaftskandidatin zur Zukunft des Landes
Interview
Nach der Wahl von Donald Trump:Mexiko: Strafzölle und Abschiebungen drohen
von Tobias Käufer, Mexiko-Stadt
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Man dürfe die Warnungen Trumps nicht auf die leichte Schulter nehmen, sagt die mexikanische Ex-Präsidentschaftskandidatin Xochitl Galvez. Es werden schwierige Zeiten für Mexiko.
Eine Gruppe von Migranten, die Asyl in den USA finden wollen, warten in einer Schlange in Ciudad Juarez, Chihuahua State, Mexico.
Quelle: AFP
Geht es nach Donald Trump, dann soll Mexiko die Migration aus Mittel- und Südamerika in die USA komplett unterbinden, Produktionsstätten in die USA verlegen und in der Drogenpolitik schärfere Maßnahmen ergreifen. Ab dem 20. Januar wird Trump wieder im Weißen Haus das Sagen haben. Im Gespräch mit ZDFheute versucht die Ex-Präsidentschaftskandidatin Xochitl Galvez eine Einordnung der Lage.
ZDFheute: Frau Galvez, worauf muss sich Mexiko einstellen, wenn Donald Trump wieder in Washington regiert?
Xochitl Galvez: Auf Mexiko kommen schwierige Zeiten zu, denn die Vereinigten Staaten oder die Republikaner, die in der Vergangenheit den freien Markt und eine Menschenrechtsagenda gefördert haben, scheinen heute eher auf eine wirtschaftliche Schließung zu setzen. Trump hat mit der massenhaften Abschiebung von Migranten gedroht. Ob sie nun aus Mexiko kommen oder nicht, diese Migranten werden am Ende hier in Mexiko ankommen. Ich glaube, dass wir die Drohungen von Donald Trump nicht auf die leichte Schulter nehmen dürfen.
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Galvez: Etwa 80 Prozent der mexikanischen Exporte gehen in die Vereinigten Staaten. Da können Sie sich ausrechnen, was das für Konsequenzen hätte.
Xóchitl Gálvez (61) trat bei den Präsidentschaftswahlen in Mexiko 2024 für das rechte Oppositionslager an, verlor aber gegen die inzwischen amtierende linkspopulistische Amtsinhaberin Claudia Sheinbaum (62). Sheinbaum gewann die Wahlen mit 59,3 Prozent vor Galvez (27,9 Prozent) und Jorge Alvarez (10,4 Prozent). Die Computer-Ingenieurin, die aus einfachsten Verhältnissen stammt, gehörte in den vergangenen sechs Jahren für die PAN-Fraktion dem mexikanischen Senat an. Während der Präsidentschaft von Vicente Fox (2000 - 2006) war sie nationale Beauftragte für die Entwicklung der indigenen Völker. Ihr Vater gehört der Ethnie der Otomi an.
ZDFheute: Und was würden Massenabschiebungen für Mexiko bedeuten?
Galvez: Die Migrationskrise an der Grenze würde sich noch verschlimmern. Es wird dann noch mehr Menschen geben, die auf der Straße leben, keine Arbeit haben, die Kriminalität wird zunehmen.
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ZDFheute: Die Opposition, aber auch zahlreiche Menschenrechtsorganisationen, kritisieren die Justizreform scharf, die die Regierung Sheinbaum gerade durchsetzt. Sie kritisieren, dass durch die Direktwahl von Richtern die Einflussnahme der organisierten Kriminalität zunehmen könnte. Wie ist Ihre Haltung dazu?
Galvez: Der Verlust der Freiheiten schreitet mit beeindruckender Geschwindigkeit voran. Diese Justizreform ist eine extreme Reform. Es hat sich herausgestellt, dass es nicht einmal möglich ist, eine Reform anzufechten, die die grundlegenden Menschenrechte verletzt. Die Wahl der Richter lässt dem organisierten Verbrechen die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen, wirtschaftliche Interessen können sich einmischen, das Verschwinden von autonomen Einrichtungen wie dem INAI, dem Nationalen Institut für den Zugang zu Informationen, ist sehr heikel. Das ist für uns ein Rückschlag von mindestens 25 Jahren auf das, was wir Mexikaner in Bezug auf Demokratie, Freiheit, Transparenz und Rechenschaftspflicht erreicht hatten.
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ZDFheute: Was genau kritisieren Sie?
Galvez: Es handelt sich um eine Reform, die darauf abzielt, die Judikative zu kontrollieren, und das in einer Republik, in der wir drei Gewalten haben, die sich gegenseitig ausgleichen sollten. Denn nun ist die Legislative der Exekutive unterworfen, und die Exekutive unterwirft die Judikative, um Richter, Staatsanwälte und Minister zu ernennen, wie es ihr passt. Wir werden also ein wenig zu dem zurückkehren, was Mexiko in den 1970er Jahren war, als es zwar eine Demokratie gab, die aber vollständig vom amtierenden Präsidenten kontrolliert wurde. Das eigentliche Problem hier ist, dass wir uns auf den Autoritarismus zubewegen, den Mexiko in den 1970er Jahren erlebte.
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mit Video
Quelle: ZDF
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