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Streit um Asyl-Politik:Migration bringt New York an seine Grenzen
von Katharina Bellstedt, New York
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Seit April 2022 sind mehr als 100.000 Migranten über die Grenze Mexikos nach New York gekommen. Nun wehrt sich die Stadt. Kritik richtet sich vor allem gegen Washington.
Kimberly Carchipulla und ihr Sohn in New York.
Quelle: AP
Unweit der Grand Central in Manhattan befindet sich das Roosevelt Hotel, dessen Lobby unter anderem als Filmkulisse für "Wall Street" oder "Maid in Manhattan" diente. Heute steht Sicherheitspersonal am Eingang des Gebäudekomplexes, der seit Beginn des Jahres Migranten beherbergt. Der Ansturm auf die Stadt ist besonders groß, seitdem Texas republikanischer Gouverneur Greg Abbott beschloss, Asylsuchende mit Bussen nach New York zu bringen.
Die Südstaaten beklagen schon länger, man lasse sie mit den aus Lateinamerika Flüchtenden im Stich. Im Mai ist die noch von Ex-Präsident Trump eingeführte "Title 42"-Regelung ausgelaufen - diese ermöglichte eine schnellere Zurückweisung an der Grenze Mexikos.
Unter dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump wurde im März 2020, also mit Beginn der Corona-Pandemie, die umstrittene Regelung "Title 42" erlassen: Sie erlaubt es unter Verweis auf den Schutz der öffentlichen Gesundheit, Migranten direkt an der Grenze umgehend abzuweisen mit der Begründung, dass dies der Eindämmung der Pandemie diene.
2,8 Millionen Abschiebungen soll es binnen drei Jahren unter Anwendung der Titel-42-Regelung gegeben haben.
Eigentlich sollte die Regelung bereits im vergangenen Jahr auslaufen, doch mehrere US-Bundesstaaten, darunter Arizona und Texas, erhoben Einspruch - und bekamen Recht. Erst mit dem Auslaufen des Corona-Notstands endete die umstrittene Abschiebepraxis.
Quelle: dpa
2,8 Millionen Abschiebungen soll es binnen drei Jahren unter Anwendung der Titel-42-Regelung gegeben haben.
Eigentlich sollte die Regelung bereits im vergangenen Jahr auslaufen, doch mehrere US-Bundesstaaten, darunter Arizona und Texas, erhoben Einspruch - und bekamen Recht. Erst mit dem Auslaufen des Corona-Notstands endete die umstrittene Abschiebepraxis.
Quelle: dpa
Nach dem Wegfall der umstrittenen Abschieberegelung ist vor allem New York zum neuen Anlaufpunkt geworden, weil es als eine der wenigen Städte über ein Recht auf Unterbringung - "right to shelter" - verfügt.
New York: Migration trifft auf Wohnraummangel
Doch nun kommt auch New York, das ohnehin akuten Wohnraummangel beklagt, an seine Grenzen. Bürgermeister Eric Adams wies in seiner Rede am 1. September sehr eindrücklich darauf hin:
Die Stadt habe seit dem Frühjahr vergangenen Jahres 100.000 Migranten aufgenommen, fast täglich würden es mehr. Die Kosten beliefen sich inzwischen auf zwölf Milliarden Dollar.
Kritik adressiert der Demokrat vor allem an das Weiße Haus: US-Präsident Joe Biden stelle keine ausreichenden Bundesmittel zur Unterstützung der Asylsuchenden zur Verfügung. Zudem brauche es eine Sonderregelung für vorläufige Arbeitserlaubnisse. Bisher müssen ankommende Migranten 180 Tage warten, um legal ein Arbeitsverhältnis anzutreten.
Die "Welthauptstadt" unterliegt stetigem Wandel. Ein Streifzug durch New York City.09.09.2023 | 43:21 min
Natalia Aristizabal, Direktorin der Einwanderungsorganisation Make the Road New York, zeigt sich enttäuscht:
Aristizabal sieht in der Beendigung von Steuervergünstigungen für Superreiche einen wesentlichen Hebel, um die Ressourcenlücken zu schließen.
Brief an Joe Biden
Unruhe macht sich auch in der Nachbarschaft des Roosevelt Hotels auf der East 45th Street bemerkbar. Hier haben große Unternehmen wie Pfizer oder JP Morgan ihre Büros, die gemeinsam einen Brief an den Präsidenten geschrieben haben. Die Geschäftswelt sorge sich zutiefst über die humanitäre Krise, welche der Asylstrom ausgelöst habe.
Der Appell: Verantwortung für die Einwanderungspolitik und die Grenzkontrollen übernehmen - dies sei nicht Aufgabe der Länder- und Lokalregierungen. Republikaner wie Nick LaLota lobten den Bürgermeister auf der Plattform X, ehemals Twitter, für seine Ehrlichkeit über das Ausmaß der Krise.
Experte: US-Präsident steckt in einem Dilemma
Dr. Johannes Thimm forscht an der Stiftung Wissenschaft und Politik zu politischen Entwicklungen in Amerika. Die Migrationssituation sei für die Biden-Regierung ein Problem, was komplexe Ursachen habe und sich nicht lösen, sondern nur managen lasse, so der Experte gegenüber ZDFheute.
Indes hat das Kabinett Bidens bekanntgegeben, ein ausrangiertes Flughafengelände für die Unterbringung der Geflüchteten zur Verfügung zu stellen. Um die Asylsuchenden beim Zugang zur Arbeit zu unterstützen, entsendet das Weiße Haus im kommenden Monat rund 50 Bundesbedienstete nach New York.
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