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Neuwahl in Frankreich:Warum Macron sich verrechnet haben könnte
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Frankreich steht vor einer Schicksalswahl, nachdem Präsident Macron das Parlament aufgelöst hat. Eine riskante Entscheidung, denn offenbar hat Macron die Opponenten unterschätzt.
Bei der anstehenden Neuwahl in Frankreich könnte der rechtspopulistische Rassemblement National erstmals in Regierungsverantwortung kommen. Das Lager von Präsident Macron liegt abgeschlagen bei 21 Prozent.28.06.2024 | 2:43 min
Er tritt an, um zu gewinnen. Das versichert Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vor der Parlamentswahl immer wieder kampfeslustig. Doch wie der Liberale bei der Neuwahl der Nationalversammlung an diesem Sonntag seine Mehrheit auch nur beisammenhalten - geschweige denn ausbauen - will, das vermag in Frankreich derzeit kaum jemand zu erklären.
Die Umfragen sind eindeutig: Macrons Mitte-Kräfte dürften in der ersten Runde deutlich hinter Marine Le Pens Rechtsnationalen und dem Linksbündnis auf Platz drei landen. Damit hätten sie auch schlechte Karten für die entscheidende zweite Wahlrunde am 7. Juli.
Frankreich: So steht es in den Umfragen
ZDFheute Infografik
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Auf die Wahl könnten politisches Chaos und Stillstand folgen - oder gar eine Regierung der Rechtsnationalen. Es ist eine Schicksalswahl, die auch bestimmt, wie viel Macht Macron behält. Die Wahlbeteiligung kündigt sich mit knapp 65 Prozent entsprechend hoch an.
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Wie ist Frankreich in diese Situation geschlittert?
Macrons Mitte-Lager steht bereits seit zwei Jahren unter Druck. Es hat seine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung verloren. Dann der haushohe Sieg des rechtspopulistischen RN bei der Europawahl. Der mitunter stürmische Macron wollte wohl die Flucht nach vorne antreten und auf die vermeintliche Schwäche der anderen setzen.
Seitdem haben sich die Ereignisse überschlagen. Das zerstrittene linke Lager raufte sich überraschend zusammen. Es bildete in Rekordzeit das Bündnis Nouveau Front Populaire, das in Umfragen zuletzt bei rund 29 Prozent lag.
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Der De-facto-Chef der konservativen Républicains Éric Ciotti kündigte an, mit den Rechtsnationalen gemeinsame Sache zu machen. Er übertrat damit eine jahrzehntelange rote Linie des bürgerlichen Lagers und spaltete seine Partei.
Expertin: Macron hat Opponenten unterschätzt
Macron hatte wohl auf Zerstrittenheit und Chaos bei seinen politischen Opponenten gesetzt. Doch zumindest mit Blick auf die Linke habe Macron die Möglichkeit des Zusammenschlusses unterschätzt, meint die Politikwissenschaftlerin Isabelle Guinaudeau von der Sciences Po.
Der Wahlforscherin zufolge dürfte Macron gehofft haben, dass ihm das komplizierte Wahlsystem in die Karten spielt. Denn: Kaum ein Sitz im französischen Unterhaus wird in der ersten Wahlrunde vergeben. Entscheidend ist fast überall die Stichwahl eine Woche später.
Macron habe dann Druck auf alle anderen ausüben wollen, gemeinsam gegen die Rechtsnationalen zu stimmen, und mithilfe der Brandmauer gegen rechts abermals eine Wahl gewinnen wollen. Wahrscheinlich sei nun aber, dass Macrons Mitte-Kandidaten in der zweiten Runde vielerorts gar nicht mehr dabei seien, schätzt Guinaudeau.
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Setzt Macron auf Entzauberung?
Liegt die prekäre Situation, in die sich Macron manövriert hat, an Selbstüberschätzung oder Naivität - oder ist sie am Ende gar Strategie? Denn würde das RN die absolute Mehrheit holen, wäre Macron wohl gezwungen, jemanden aus dessen Reihen zum Premier zu machen. Es entstünde eine sogenannte Kohabitation. Vielleicht würde das die Chancen reduzieren, dass Le Pen 2027 Präsidentin wird, so Guinaudeau.
Ihre Forschung habe ergeben, dass die Beliebtheit der französischen Präsidenten nur dann nicht gesunken ist, wenn ein anderes Lager regiert hat. Ob Macron mit der riskanten Parlamentsneuwahl nicht seinen Alptraum wahr macht und unfreiwillig zum Steigbügelhalter der Rechtspopulisten wird, wird sich zeigen.
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Die jedenfalls wittern schon Regierungsluft. Der junge Parteichef Jordan Bardella inszeniert sich als anpackender und besonnener Staatsmann und träumt davon, in wenigen Tagen mit 28 Jahren als jüngster französischer Regierungschef Geschichte zu schreiben und sein RN endgültig als gesellschaftlich akzeptierte Partei zu etablieren. Sollten Bardella oder eine Figur der Linken wirklich Premier werden, würde Macrons Macht erheblich schwinden.
Chaos bei unklarer Mehrheit möglich
Möglich ist aber auch, dass am Ende der Wahl niemand als großer Sieger dasteht und das Parlament noch gespaltener ist als zuletzt - wenn nämlich kein Lager eine klare Mehrheit bekommt. Darauf deuteten Umfragen zuletzt hin. Theoretisch könnten dann alle versuchen, mit Abgeordneten anderer Strömungen eine Koalition zu bilden. Doch Guinaudeau meint:
Und selbst wenn auf die Wahl Chaos, Stillstand und Blockade folgen würden, müsste Frankreich dies aussitzen. Denn vor Juli 2025 kann auch Macron die Nationalversammlung nicht erneut auflösen.
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