Israel, die Hamas und Katar haben Details zu der Vereinbarung bekanntgegeben. Die wichtigsten Informationen zusammengefasst:
Was wissen wir über die Geiselfreilassung?
Während der Waffenruhe sollen laut Vereinbarung 50 israelische Geiseln der Hamas sowie 150 palästinensische Gefangene freigelassen werden. Ein Hamas-Funktionär sagte, die ausgewählten Geiseln seien israelische Staatsbürger, von denen manche eine zweite Staatsbürgerschaft hätten.
Eine erste Gruppe von Geiseln der Hamas soll am Nachmittag um 16 Uhr (Ortszeit) freikommen. Dabei soll es sich um 13 Frauen und Kinder handeln. Sie sollen nach Angaben aus ägyptischen Sicherheitskreisen einer ägyptischen Delegation und dem Roten Kreuz übergeben werden und dann über Ägypten nach Israel ausreisen.
Es wird erwartet, dass Israel im Austausch dazu im Tagesverlauf mehrere palästinensische Häftlinge freilassen wird. Nach palästinensischen Angaben ist mit Israel vereinbart, dass 39 palästinensische Gefangene dem Roten Kreuz übergeben werden. Es handle sich um 24 Frauen und 15 männliche Teenager, teilte der palästinensische Gefangenenbeauftragte Kadura Fares mit.
Die Jungen sind wohl bei Gewalt im Westjordanland 2022 und 2023 festgenommen worden, wie laut der Agentur AP aus einer Liste des israelischen Justizministeriums hervorgeht. Ihnen wird demnach vorgeworfen, Steine geworfen oder die öffentliche Ordnung gestört zu haben.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) wird nach Angaben
Katars die Freilassung der Geiseln überwachen. Wie viele der etwa 240 entführten Menschen noch am Leben sind und wo genau sie im Gazastreifen festgehalten werden, ist unklar. Die israelische Armee vermutet, die Menschen - darunter auch deutsche Staatsbürger - könnten in den Tunneln der Hamas versteckt sein.
Was wissen wir über die Feuerpause?
Die Vereinbarung sieht nur eine kurze Kampfpause von vier Tagen vor. Israel hatte angekündigt, die Waffenruhe werde für jeweils zehn zusätzlich freigelassene Geiseln um einen Tag verlängert - auf maximal zehn Tage. Während der Feuerpause sollen israelische Kampfflugzeuge und Soldaten aufhören zu schießen, zudem sollen Hamas-Extremisten keine Raketen auf Israel abfeuern.
Trotzdem werde Israel weiter geheimdienstliche Erkenntnisse sammeln, damit sich die Streitkräfte auf die nächsten Kriegsphasen vorbereiten könnten, hatte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu erklärt. Hardlinern im Kabinett versicherte er, dass die Kampfpause rein taktisch sei.
Netanjahu betonte, der
Krieg im Gazastreifen werde anschließend fortgeführt, "bis wir alle unsere Ziele erreicht haben". Dazu gehöre die Eliminierung der Hamas, die Rückkehr aller Geiseln und Vermissten sowie die Garantie, dass aus Gaza keine Bedrohung für Israel mehr ausgeht.
Welche Hilfe für Gaza wurde vereinbart?
Die Hamas behauptete, im Rahmen des Abkommens würden jeden Tag Hunderte Lastwagen mit humanitärer Hilfe und Treibstoff in den Gazastreifen kommen. Es würden auch erstmals Güter in den Norden des Gazastreifens gebracht, der im Zentrum der israelischen Bodenoffensive steht, hieß es.
Israel teilte nach Beginn der Waffenruhe mit, es seien vier Treibstofftankwagen und vier Tankwagen mit Gas zum Kochen aus Ägypten in den Gazastreifen gefahren worden. Israel hat zugestimmt, während der Feuerpause täglich 130.000 Liter Treibstoff in den Gazastreifen zu lassen - etwa das Doppelte der Menge, die es bislang erlaubt hatte.
Während des Gaza-Kriegs hat Israel die Menge an Lieferungen in den Gazastreifen, vor allem von Treibstoff, deutlich beschränkt. Dadurch kam es zu Wasser- und Lebensmittelknappheit und einem Mangel an Treibstoff, um Generatoren zu betreiben.
Was steht nicht im Abkommen?
Zwar werden sich mehrere Familien darauf freuen können, ihre Lieben zurückzubekommen, doch viele Geiseln dürften in Hamas-Gefangenschaft bleiben. Unter diesen sind Männer, Frauen, Ältere und ausländische Staatsbürger. Die Angehörigen von Geiseln, die nicht im aktuellen Abkommen berücksichtigt werden, dürften deshalb den Druck auf den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu aufrechterhalten, um auch die anderen Opfer zu befreien.
Netanjahu teilte mit, im Rahmen des Abkommens werde das Internationale Komitee vom Roten Kreuz die restlichen Geiseln besuchen und sie mit nötigen Medikamenten versorgen. Weder die Hamas noch das Rote Kreuz haben das bestätigt.
Die Feuerpause wird Palästinensern im Gazastreifen eine kurze Phase der Ruhe bescheren. Doch werden voraussichtlich Hunderttausende Menschen, die aus dem Kampfgebiet im Norden geflohen sind, nicht nach Hause zurückkehren können. Israelische Soldaten dürften auf ihren Posten im Norden des Gazastreifens bleiben.
Anna ist Ukrainerin und Jüdin. Sie selbst wohnt im ukrainischen Charkiw, ihre Tochter in Israel. Zuerst haben sie den russischen Angriffskrieg und nun den Terrorangriff der Hamas auf Israel hautnah miterlebt.21.11.2023 | 2:01 min
Welche Bedeutung hat die Feuerpause für die Hamas?
Die Kampfpause dürfte auch der Hamas Zeit geben, um eine Strategie zu entwickeln, eine Verlagerung von Extremistenstellungen vorzunehmen und sich womöglich neu zu gruppieren. Israel hat angegeben, es habe zahlreiche Kämpfer getötet und einen Großteil militärischer Anlagen der Hamas zerstört.
Zudem könnte die Hamas nach dem Abkommen weitere Forderungen stellen, in der Hoffnung, dass sich Israel zu weiteren Zugeständnissen bereit erklärt, um weitere Geiseln freizubekommen.
Der Anführer der Hamas im Gazastreifen, Jihia al-Sinwar, könnte auch versuchen, die Feuerpause in eine längere Waffenruhe zu verwandeln, indem er sich zur Freilassung weiterer Geiseln bereit erklärt. Eine längere Waffenruhe würde es Israel erschweren, den Krieg fortzusetzen - sowohl was das Operative angeht, als auch die öffentliche Meinung.
Mit dem Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel ist der Nahost-Konflikt eskaliert. Israel greift infolge der Terrorattacke Ziele im Gazastreifen an. Ein Rückblick.
Quelle: AP, AFP, dpa, KNA