Clüver Ashbrook: Unis haben "schwierigen Kampf" vor sich

Interview

Politologin Clüver Ashbrook:Unis haben "schwierigen Kampf" vor sich

von Malena Menke
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Trump sperrt der Elite-Uni Harvard Milliarden-Zuschüsse, weil sie sich ihm widersetzt. Wie hart Trumps Kurs die Wissenschaft trifft, erklärt Politologin Cathryn Clüver Ashbrook.

Die deutsch-amerikanische Politologin Cathryn Clüver Ashbrook.
Der Trump-Regierung geht es um eine Entkernung des universitären Apparates und einer tiefgreifenden Umstrukturierung im System, sagt Politologin Cathryn Clüver Ashbrook. 15.04.2025 | 10:48 min
Donald Trump macht Druck: außenpolitisch mit seiner Zoll-Politik, innenpolitisch ist der Umbau des Staatsapparats in vollem Gange. Nun nimmt der US-Präsident auch die Wissenschaft in die Zange. Der renommierten Harvard-Universität will Trump unter anderem staatliche Mittel in Höhe von 2,2 Milliarden US-Dollar streichen, weil sie sich weigert, seinen Forderungen nach einem Kurswechsel nachzukommen. 
Trump wirft Harvard eine "politische, ideologische und von Terroristen inspirierte" Haltung und Antisemitismus auf dem Campus vor. Die Harvard-Leitung reagierte empört. Andere Elite-Universitäten wie die Columbia in New York sind angesichts von angedrohten Streichungen bereits auf Trumps Forderungen eingeschwenkt.
Welche Konsequenzen hat Trumps Konfrontationskurs für Top-Unis? Und wie nimmt der US-Präsident Einfluss auf die freie Wissenschaft? Cathryn Clüver Ashbrook hat in Harvard studiert und dort elf Jahre lang ein Projekt zur Zukunft der Außenpolitik geleitet. Die Politologin hält das Argument der Antisemitismusbekämpfung im Interview bei ZDFheute live für "ein Deckmäntelchen".

Es geht um viel tiefgreifendere Umstrukturierungen des universitären Systems.

Cathryn Clüver Ashbrook, Politologin

Langfristiges Ziel: Staatliche Kontrolle über Unis

Die Kürzung von Forschungsmitteln ist ihrer Ansicht nach Teil eines größeren Plans: Der Trump-Administration gehe es um eine "Entkernung des universitären Apparats" - besonders der privaten Unis. Clüver Ashbrook spricht von einer "Verlängerung des Kulturkampfs", der nicht neu sei. Trump treibe ihn bereits seit seiner ersten Amtszeit voran. Bereits 2021 hatte etwa Trumps Vize JD Vance in einer Rede Universitäten als "feindliche Institutionen" bezeichnet.

Cathryn Clüver Ashbrook
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V.

... ist eine deutsch-amerikanische Politologin, USA-Expertin und Senior Advisor bei der Bertelsmann Stiftung. Zuvor leitete sie das Future of Diplomacy Project an der Harvard Kennedy School und war Direktorin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.

"Schlussendlich steht auf dem Zettel, den zum Beispiel die Harvard-Universität bekommen hat, dass die Universität in ihrer Funktion als Bastion der freien Lehre, der Meinungsfreiheit in dem Sinne zerrüttet werden soll", erklärt die Politologin. Die Columbia-Universität solle mittelfristig komplett der Trump-Regierung unterstellt werden. "Das ist eben auch das, was sich eine Trump-Regierung für andere elitäre Universitäten vorstellen würde."
US-Korrespondent Elmar Theveßen.
Trump gehe es darum, Lehre, Forschung und Wissenschaft einzuschränken. Demnach könnte Forschung künftig mehr im Ausland stattfinden, sagt US-Korrespondent Elmar Theveßen.15.04.2025 | 9:37 min

Harvard: Stimmung aufgeheizt

Während ihrer eigenen Zeit in Harvard sei die Stimmung unter Studierenden eine andere gewesen, berichtet Clüver Ashbrook. Sie habe sich seit dem Angriff der Hamas auf Israel stark aufgeheizt. Dennoch würden es sich nicht ausschließen, jüdische Studierende zu schützen und sich gleichzeitig "einer politischen Auseinandersetzung zu stellen", sagt die Politologin.
Dass an den Universitäten Fehler gemacht wurden, stelle sie nicht in Abrede, allerdings hätten die Unis sich nachweislich bemüht, gegenzusteuern. Harvard hatte sich im Januar bereit erklärt, zusätzlichen Schutz für jüdische Studenten zu schaffen. Die Universität hatte damit zwei Klagen beigelegt, die sie beschuldigten, eine Brutstätte des Antisemitismus zu sein.
USA: "Freiheit für die Forschung eingeschränkt"
"Die Lage an den US-Universitäten ist schlecht" und "zu bestimmten Themen kann nicht mehr geforscht werden", sagt die US-amerikanische Gesundheitsökonomin Prof. Ariel Dora Stern.14.04.2025 | 5:55 min

Wie hart würden Trumps Kürzungen die Unis treffen?

Finanziellen Druck hat die Trump-Regierung schon vor dem Einfrieren der Harvard-Gelder ausgeübt, erklärt Clüver Ashbrook - etwa durch Kürzungen in konkreten Forschungsfeldern wie der Gesundheitsforschung.
Obwohl private amerikanische Universitäten neben den staatlichen Mitteln auch von Stiftungsgeldern leben, dürften Trumps Kürzungen sie treffen, sagt sie. Denn Stiftungsgelder umzuschichten, sei für die Hochschulen nicht einfach. Und: "Die Trump-Regierung kann noch weiter gehen und Universitäten noch mehr drangsalieren", prophezeit Clüver Ashbrook.

Donald Trump befindet sich theoretisch in einem großindustriellen Umbau der Vereinigten Staaten. Das wird in jedem Fall einen Effekt haben.

Cathryn Clüver Ashbrook, Politologin

Ein Ansatzpunkt seien die Studierenden-Darlehen, die das amerikanische Bildungsministerium finanziert. Würden diese gestrichen, könnten Studierende weniger frei entscheiden, wo sie studieren. Im März hatte Trump die Auflösung des Bildungsministeriums angekündigt. Insgesamt hätten die Unis noch einen "wirklich schwierigen Kampf mit der Regierung vor sich", sagt Clüver Ashbrook.
Donald Trump vor Elite-Universität.
Ganze Sendung ZDFheute live: So erpresst Trump Elite-Unis15.04.2025 | 32:33 min

Wandern US-Top-Forscher ab?

Trumps Konfrontationskurs mit den Elite-Unis dürfte allerdings nach Ansicht von Clüver Ashbrook ein "Eigentor" für die USA werden. "Wenn die Gelder wegfallen, dann brechen große Forschungsströme weg, die auf die Innovationskapazität der USA einzahlen", sagt sie.
Dass renommierte Forscherinnen und Forscher sich in der Folge abwenden und an europäische Unis wechseln könnten, kann sie sich vorstellen. Mehrere Professoren der Uni Yale haben bereits bekanntgegeben, dass sie künftig in Kanada forschen. Die Ambitionen, Top-US-Wissenschaftler zu locken, seien in Europa gegeben. Es komme allerdings darauf an, dass diese dann vergleichbare Mittel und Bedingungen vorfänden wie in den USA.
Das Interview führte Marc Burgemeister, zusammengefasst hat es Malena Menke.
Mit Material von dpa und AFP.

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