Candida auris: Zahl der Pilzinfektionen steigt rasant
Candida auris:Pilzinfektionen rasant angestiegen
von Jan Schneider
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Infektionen mit dem Hefepilz Candida auris haben sich in Deutschland im letzten Jahr versechsfacht. Wissenschaftler fordern nun eine Meldepflicht, um eine Ausbreitung einzudämmen.
Anfang 2023 berichtete das US-Gesundheitsministerium von einem krankheitserregenden Pilz, der sich in amerikanischen Gesundheitseinrichtungen "mit alarmierender Geschwindigkeit" ausbreitet. Auch in Deutschland stiegen die Infektionen durch den Pilz Candida aurisdamals an. Eine aktuelle Auswertung des Nationalen Referenzzentrums für Invasive Pilzinfekionen zeigt nun: Die gemeldeten Fälle von Candida auris haben sich 2023 von zwölf auf 77 versechsfacht.
Der enorme Anstieg 2023 hat uns überrascht. Ausschlaggebend sind hier vor allem auch Ausbruchsgeschehen in Krankenhäusern.
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Dr. Alexander M. Aldejohann, Institut für Hygiene und Mikrobiologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU)
Wenn Ausbrüche nicht frühzeitig erkannt und adäquat bekämpft würden, "sind sie später sehr schwer in den Griff zu bekommen", sagt Alexander M. Aldejohann vom Institut für Hygiene und Mikrobiologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). Ein Großteil der Fälle trat demnach in Krankenhäusern auf. Da Infektionen durch Candida auris über direkten und indirekten Kontakt von Patient zu Patient übertragen werden, sind solche Krankenhausausbrüche nur schwer kontrollierbar.
Die US-Behörden haben Candida auris als "dringliche Bedrohung" eingestuft - die höchste Priorisierungskategorie innerhalb der multiresistenten Krankheitserreger. Was ist das für ein Pilz und was macht ihn gefährlich?
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Was wir über Candida auris wissen
Candida auris ist ein Hefepilz, der 2009 in Japan im äußeren Gehörgang einer 70-jährigen Patientin erstmals nachgewiesen wurde. Daher stammt auch sein Name: Auris ist das lateinische Wort für Ohr.
Seit seinem ersten Auftauchen hat der Hefepilz weltweit bereits Hunderte Menschen infiziert, vorrangig in Krankenhäusern. Übertragen wird Candida auris als Schmierinfektion, wird also von Mensch zu Mensch und über kontaminierte Oberflächen weitergegeben - nicht über Aerosole wie etwa das Coronavirus. Ein Problem dabei ist, dass der überaus hartnäckige Erreger gegen einige Antimykotika - Medikamente zur Bekämpfung von Pilzbefall - und manche Desinfektionsmittel resistent ist.
Der rasche Anstieg und die geografische Verbreitung von Fällen ist besorgniserregend und unterstreicht die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Überwachung, erweiterter Laborkapazität, schnellerer diagnostischer Tests und der Einhaltung bewährter Infektionsprävention und -kontrolle.
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Dr. Meghan Lyman, Epidemiologin, Centers for Disease Control and Prevention
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Für wen ist Candida auris gefährlich?
Für die breite Bevölkerung besteht kein Grund zur Beunruhigung. Bei den meisten nachgewiesenen Fällen handelt es sich um eine sogenannte "Besiedlung". Das heißt, der Pilz wird irgendwo am Körper nachgewiesen, zum Beispiel in den Achselhöhlen. In diesen Fällen ist keine Behandlung notwendig.
Für einen gesunden Menschen stellt Candida auris keine Bedrohung dar.
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Prof. Dr. Oliver Kurzai, Institut für Hygiene und Mikrobiologie in Würzburg
Gefährlich ist Candida auris aber für Patienten auf Intensivstationen oder Menschen mit geschwächtem Immunsystem, etwa durch bestimmte Vorerkrankungen. Wenn der Pilz nämlich in den Körper eines Menschen gelangt, kann er schwere Erkrankungen verursachen und etwa das zentrale Nervensystem, Organe, Knochen und die Augen befallen.
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Candida auris kann bei den Infizierten außerdem in den Blutstrom gelangen und dort eine Sepsis, eine sogenannte Blutvergiftung, verursachen.Etwa 30 Prozent aller Infektionen, bei denen Candida auris in den Körper eindringt, enden tödlich.
Die Zentren für Krankheitskontrolle und -prävention (CDC) in den USA bezeichneten Candida auris daher schon 2019 als "ernsthafte globale Gesundheitsbedrohung". Auch, weil der Pilz bei den gängigen Routineuntersuchungen nicht immer zuverlässig zu identifizieren und aufgrund einer weit verbreiteten Resistenz schwer zu behandeln ist.
Wie entwickelt sich die Situation in Deutschland?
In Deutschland sind die Fallzahlen in den letzten drei Jahren angestiegen - anfangs auf sehr niedrigem Niveau. Seit 2015 wurden in Deutschland knapp 120 Fälle dokumentiert, berichtet Aldejohann. Ein Großteil davon allerdings in den letzten zwei Jahren.
Die Mehrheit der nachgewiesenen Fälle konnte nachträglich einem spezifischen Ausbruch zugeordnet werden. Es gibt in Deutschland allerdings aktuell keine Meldepflicht für Fälle von Candida auris. Die Dunkelziffer könnte also durchaus hoch liegen.
Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen des Meldezentrums regen deshalb an, über eine generelle Meldepflicht für alle Candida-auris-Fälle nachzudenken. "Wir müssen davon ausgehen, dass die Candida-auris-Fälle in Deutschland - so wie in anderen Ländern auch - weiter zunehmen," meint Oliver Kurzai vom Lehrstuhl für Medizinische Mikrobiologie und Mykologie der Universität Würzburg. "Je länger wir das verzögern können, umso besser."
Eine allgemeine gesetzliche Meldepflicht für jeden Labornachweis von Candida auris könnte hier helfen - und zwar insbesondere in der jetzigen Phase, wo die Fallzahlen noch sehr niedrig sind.
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Dr. Oliver Kurzai, Universität Würzburg
Kurzai hatte bereits im letzten Jahr beim Robert-Koch-Institut angeregt, eine Labormeldepflicht für den Erreger zu prüfen.
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Wie ist der Anstieg der Infektionen zu erklären?
Das CDC nennt verschiedene Gründe, wie es zu der Steigerung der registrierten Infektionsfälle kommen kann. Zum einen hätten Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäuser auch nach der Corona-Pandemie noch Probleme mit der allgemeinen Infektionsprävention und -kontrolle.
Die Belastung des Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitssysteme während der Pandemie habe diese Situation eher verschlimmert als verbessert. Zum anderen seien aber auch die Bemühungen zur Erkennung von Fällen verstärkt worden.
Außerdem haben sich die Geräte zur Erkennung von Candida auris verbessert, und der Hefepilz wird dadurch bei Untersuchungen besser erkannt.
WHO warnt vor 19 Pilzerkrankungen
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte 2022 vor 19 krankheitserregenden Pilzen gewarnt, die nach Expertenansicht die öffentliche Gesundheit bedrohen. Vor allem Menschen mit Vorerkrankungen oder eingeschränktem Immunsystem bekämen leicht Pilzinfektionen, die oft spät erkannt würden und immer öfter nicht durch vorhandene Medikamente geheilt werden können.
Kann vonMensch zu Mensch übertragen werden und Ausbrüche zum Beispiel in Krankenhäusern verursachen. Woher der Erreger stammt, ist noch unklar. Er wurde erst 2009 in Japan entdeckt, ist aber laut der Weltgesundheitsorganisation bereits in mehr als 50 Länder verbreitet. Candida auris kann Resistenzen gegen viele Medikamente entwickeln und ist dann schwer zu behandeln.
Ein Pilz, der in Deutschland eher selten gefunden wird. Weltweit ist er aber wahrscheinlich der häufigste Erreger invasiver Pilzinfektionen. Überwiegend betroffen sind AIDS-Patient*innen, insbesondere in Afrika. Cryptococcus befällt häufig das zentrale Nervensystem und kann schwer zu behandelnde Entzündungen im Gehirn verursachen.
Der Pilz kommt weltweit häufig vor - jeder Mensch atmet täglich Sporen dieses Schimmelpilzes ein. Für gesunde Menschen ist das in aller Regel ungefährlich. Die Immunantwort auf diesen Pilz kann jedoch zu allergischen Reaktionen führen. Besonders gefährdet sind Patient*innen mit geschwächtem Immunsystem. Bei diesen Patient*innen kann der Pilz schwere invasive Infektionen verursachen.
Nicht auf der Liste steht der Schlauchpilz Cordyceps, der in der Erfolgsserie "The Last of Us" durch eine weltweite Epidemie die Menschheit bedroht. Was dort als Zukunftsszenario beschrieben wird, ist zwar "sehr, sehr unwahrscheinlich", hat aber einige Bezüge zur Realität:
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