Trigeminusneuralgie verursacht starke Schmerzen im Gesicht
Wenn der Trigeminusnerv schmerzt:Das kann bei einer Trigeminusneuralgie helfen
von Maurice Göbel
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Plötzliche schwere Schmerzattacken im Gesicht, die Minuten anhalten können, darunter leiden Betroffene mit einer Trigeminusneuralgie. Wie ein Eingriff die Schmerzen lindern kann.
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Bei einer Schmerzattacke geht nichts mehr. Viele beten nur noch, dass es aufhört. Es sei die Hölle auf Erden: So oder so ähnlich beschreiben Betroffene mit einer Trigeminusneuralgie die unerträglichen Schmerzen in ihrem Gesicht. Manche schlagen sogar mit dem Kopf gegen die Wand, um den Schmerz zu betäuben.
Bis zu 100 dieser extremen Schmerzattacken können pro Tag auftreten. Sie dauern Sekunden bis einige Minuten und können durch fast alles ausgelöst werden. Schon ein Luftzug, eine leichte Berührung im Gesicht, selbst Zähneputzen oder Kauen genügen. Die Schmerzen gehören zu den stärksten, die Menschen erleben können. Bei manchen Patienten sind Depressionen bis hin zu Suizidgedanken die Folge.
Der Trigeminusnerv: ein sensibler Hirnnerv
Verantwortlich für die Schmerzanfälle ist der in beiden Gesichtshälften verlaufende Trigeminusnerv. Er teilt sich mit seinen drei Ästen über Stirn, Wange und Kinn auf und ist unter anderem für die Sensibilität im Bereich des Gesichts zuständig.
Wird der Nerv gestört oder verletzt, können intensive Schmerzen auftreten. Man bezeichnet dies als Trigeminusneuralgie. Typisch sind dabei plötzlich einschießende, heftige Schmerzattacken, die Betroffene zum Beispiel als Blitze oder Messerstiche im Gesicht wahrnehmen. Die ständigen Attacken machen einen normalen Alltag nahezu unmöglich und belasten auch psychisch stark.
Kommt es zu einem Dauerschmerz im Gesicht spricht man von einer Trigeminusneuropathie. Dabei gilt der Nerv nicht nur als anhaltend gereizt, sondern auch als geschädigt.
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Betroffene mit einer Trigeminusneuralgie haben häufig eine lange Odyssee bei verschiedenen Ärzten und Anlaufstellen hinter sich, bis ihre Erkrankung als solche diagnostiziert wird.
Das Problem: Viele Patienten führen die intensiven Schmerzen im Mund- und Kieferbereich zunächst auf Zahnprobleme zurück. Oft werden ihnen deshalb unnötig Zähne gezogen.
Die Erkrankung wird in der Regel von einem Neurologen anhand der klinischen, vom Patienten meist gut beschriebenen Symptome diagnostiziert. Weitere Untersuchungen, zum Beispiel bildgebende Verfahren, helfen bei der Suche nach der Ursache der Trigeminusneuralgie.
Blutgefäß kann den Trigeminusnerv irritieren
Bei gut einem Viertel der Menschen besteht ein Kontakt zwischen dem Trigeminusnerv und einem Hirngefäß. In der Regel verursacht dieser Kontakt keine Probleme und bleibt ein Leben lang unbemerkt.
Das Pulsieren des Gefäßes kann den Trigeminusnerv aber auch reizen und Schmerzsignale auslösen. Mediziner nennen das einen "Nerv-Gefäß-Konflikt". Liegt ein solcher Konflikt vor, wird das Krankheitsbild als klassische Trigeminusneuralgie bezeichnet.
Tritt eine Trigeminusneuralgie infolge anderer Erkrankungen wie einer Multiplen Sklerose oder eines Hirntumors auf, spricht man von einer sekundären Trigeminusneuralgie. Ist die Ursache unklar, liegt eine idiopathische Trigeminusneuralgie vor.
Medikamente sollen den Trigeminusnerv beruhigen
Patienten mit einer Trigeminusneuralgie haben einen ungeheuren Leidensdruck und suchen teils verzweifelt nach Hilfe für ihre extremen Schmerzen. Im Vordergrund der klassischen Trigeminusneuralgie steht eine medikamentöse Therapie. Meist kommen Antiepileptika zum Einsatz. Sie sollen die Leitfähigkeit der Nervenbahnen und dadurch die Schmerzattacken reduzieren.
Zusätzlich können Patienten Schmerzmittel erhalten. Viele Betroffene können so gut behandelt werden. Doch es gibt auch Schattenseiten. Antiepileptika belasten den Kreislauf und können starke Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Benommenheit und Schwindel haben. Häufiger Schmerzmittelkonsum belastet Organe wie Leber und Niere.
Inzwischen wird auch eine Behandlung mit Botulinumtoxin in den Leitlinien zur Behandlung der Trigeminusneuralgie aufgeführt. Das Nervengift soll bestimmte, an der Schmerzweiterleitung beteiligte Botenstoffe blockieren.
Hierfür wird das Nervengift in mehreren Sitzungen in die betroffenen Äste des Trigeminusnervs gespritzt. Eine Übernahme der Kosten muss bei der Krankenkasse beantragt werden.
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Operation als letzter Ausweg
Halten die Schmerzen auch bei höherer Dosierung der Medikamente an, können operative Verfahren infrage kommen.
Bei der mikrovaskulären Dekompression wird der Kontakt des Trigeminusnervs mit dem störenden Blutgefäß behoben und ein Puffer dazwischengesetzt, um sie dauerhaft zu trennen.
Kommen destruktive Verfahren zum Einsatz, wird der Trigeminusnerv chemisch, mechanisch oder thermisch, also mit Hitze behandelt. Dabei sollen Nervenfasern zerstört werden, um keine Schmerzreize mehr weiterleiten zu können.
Der Trigeminusnerv kann auch nicht-invasiv radiochirurgisch mit einer Bestrahlung behandelt werden. Auch damit soll die Reizweiterleitung des Nervs unterbunden werden. Die Wirkung tritt allerdings erst nach einigen Wochen ein.
Alle Verfahren haben eines gemeinsam: Es besteht das Risiko, dass die Schmerzen nach einiger Zeit zurückkehren.
Patienten mit einer Trigeminusneuropathie, also einer Nervenschädigung, kann unter Umständen ein Schmerzschrittmacher helfen. Dabei werden über implantierte Sonden elektrische Impulse direkt an den Trigeminusnerv abgegeben.
Der eingesetzte Strom stimuliert den Nerv so weit, dass die anfallenden Schmerzsignale der Trigeminusneuropathie überlagert werden. Für Patienten mit einer klassischen Trigeminusneuralgie ist die Behandlung bislang nicht vorgesehen.
Besonders wichtig ist außerdem eine psychosomatische oder psychotherapeutische Betreuung, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
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