Antibiotika: Neue Stiftung prägt die Antibiotika-Forschung
Neues Medikament gegen Gonorrhoe:Stiftung erzielt Meilenstein bei Antibiotika
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Obwohl Antibiotikaresistenzen zunehmen, werden aus Profitgründen kaum neue Antibiotika entwickelt. Ein neues Vorgehen mit einer Stiftung zeigt bei Gonorrhoe nun Erfolge.
Pharmaunternehmen entwickeln kaum noch Antibiotika, obwohl die Resistenzen zunehmen. Nun hat eine öffentlich finanzierte Stiftung erstmals ein neues Medikament entwickelt.08.04.2024 | 5:30 min
Allein im Jahr 2019 sind schätzungsweise 1,27 Millionen Menschen weltweit an antibiotikaresistenten Bakterien gestorben. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat sie deshalb als "globale Bedrohung" eingestuft. Es braucht dringend neue, angepasste Antibiotika, doch diese werden nicht entwickelt. Eine öffentlich-private Zusammenarbeit könnte jetzt eine Trendwende in der Medikamentenentwicklung bedeuten.
Seit Jahrzehnten stockt Entwicklung von Antibiotika
Gonorrhoe ist mit 80 Millionen Fällen pro Jahr die am häufigsten übertragene Geschlechtskrankheit der Welt. Die USA haben resistente Gonorrhoe-Erreger als "akute Bedrohung" eingestuft.
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Trotz der gegenwärtigen Gefahr werden seit Jahrzehnten keine neuen, wirksamen Antibiotika gegen die Geschlechtskrankheit entwickelt. Auch die dringend notwendige Entwicklung von Antibiotika für die Bekämpfung anderer Krankheiten gerät seit Jahren ins Stocken. Sie birgt für die Pharmakonzerne finanzielle Risiken, denn neue Antibiotika werden von Ärzten häufig erst als letztes Mittel verschrieben.
Ein veröffentlichter Bericht von AMR Industry Alliance in der Wissenschaftszeitschrift "Nature" belegt das immer größer werdende Desinteresse von Pharmakonzernen an der Antibiotikaforschung. Im Jahr 2022 wurden nur 187 Arbeiten zum Thema Antibiotika und 29 zu Antimykotika publiziert, 1995 waren es noch 586. Der starke Forschungsrückgang stellt damit eine ernsthafte Bedrohung der Gesundheitsversorgung dar.
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WHO gründete neue Stiftung zur Entwicklung
Um diesem Dilemma zu entkommen, hat die WHO schon 2016 die "Global Antibiotic Research & Development Partnership" (GARDP) ins Leben gerufen. Eine Stiftung, die von mehreren Ländern finanziert wird und sich auf die Entwicklung neuer Medikamente konzentriert.
Durch die öffentlich-private Partnerschaft finanziert die Stiftung Studien und Zulassungsverfahren, während Pharmaunternehmen die wissenschaftliche Entwicklung und Produktion neuer Medikamente übernehmen.
Neues Gonorrhoe-Medikament vielversprechend
Diese Zusammenarbeit schloss nun erstmals eine Phase-3-Studie für ein Medikament ab, genauer für das Antibiotikum Zoliflodacin. Es zeigt vielversprechende Ergebnisse, eine wirksame Bekämpfung gegen resistente Erreger und verursacht nur geringfügige Nebenwirkungen. Sollte dieses Antibiotikum zugelassen werden, wäre es das erste neue Medikament gegen Gonorrhoe seit Jahrzehnten.
Da die Schweizer Stiftung keine Gewinne erzielen muss, kann sie zusätzliche, teure Studien für das Zulassungsverfahren durchführen, die Patienten zugutekommen, die sonst ignoriert werden. So wurden auch Untersuchungen mit HIV-positiven Patienten miteinbezogen. Eine Bevölkerungsgruppe, die besonders anfällig für Gonorrhoe-Infektionen ist.
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Medikamente der Stiftung deutlich günstiger
Die finanzielle Beteiligung der Partnerschaft liefert aber auch Einblicke in die Kosten neuer Medikamente. Die Entwicklung von Zoliflodacin ist deutlich kostengünstiger als von privaten Pharmaunternehmen entwickelte Medikamente, die üblicherweise das Zehn- bis Dreißigfache der eigentlichen Kosten berechnen.
Die erstmalig publizierten Ergebnisse der Stiftungsinstitution könnten einen Wendepunkt im Kampf gegen antibiotikaresistente Bakterien markieren. Die aktuell laufende, beschleunigte Zulassung von Zoliflodacin in den USA ist ein Schritt in diese Richtung und auch die weiteren Forschungen an Medikamenten durch öffentliche Gelder deuten die Trendwende an.
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