Übergewicht und Adipositas: Wann eine Magen-OP sinnvoll ist

    Magen-OP bei Adipositas:Wenn Bypass oder Ballon den Hunger senken

    von Anja Braunwarth
    |

    Bei starker Fettleibigkeit, der Adipositas, sind herkömmliche Methoden zur Gewichtsreduktion oft ausgeschöpft. Dann kann der Magen verkleinert werden - konservativ oder operativ.

    Magenverkleinerung
    Magenballon oder Magenbypass? Zwei Patienten berichten, wie sie mit unterschiedlichen Methoden abgenommen haben.22.05.2023 | 5:26 min
    Ernährung umstellen, Kalorien reduzieren und viel bewegen: Das sind die Grundbausteine, um überschüssige Pfunde loszuwerden. Doch viele stark übergewichtige Menschen schaffen es alleine nicht, auf diese Weise dauerhaft abzunehmen. Hilfe finden sie in Adipositaszentren. Dort wird geprüft, welche Behandlung für sie am besten in Frage kommt.

    Eine Variante: Magen verkleinern mit Ballon

    Ein wichtiger Ansatzpunkt in der Therapie der Adipositas ist die Verkleinerung des Magens. Dafür muss nicht immer ein Skalpell her. Es gibt einen Ballon aus weichem Silikon, den man mit einem Endoskop über eine Spiegelung in den Magen einlegen kann. Dieser Ballon wird dann mit Kochsalzlösung gefüllt.
    Der Magen ist so zu einem großen Teil gefüllt und die Patienten haben kaum noch Hunger. Das Völlegefühl ist dann die wichtigste Wirkung und Nebenwirkung zugleich. Vor allem am Anfang kann es zu Übelkeit, Bauchkrämpfen oder Sodbrennen kommen.

    Gamechanger bei Adipositas?
    :Abnehmspritze verspricht Gewichtsverlust

    Ein kleiner Piks pro Woche und schon sollen die Pfunde purzeln. Promis wie Kim Kardashian und Elon Musk schwören darauf. Was die Abnehmspritze wirklich kann.
    von Corinna Klee
    Füße auf einer Waage
    mit Video

    Bis zu 20 Prozent Gewichtsverlust mit Magenballon

    Der Ballon muss spätestens nach einem Jahr - wieder über eine Spiegelung - entfernt werden. Denn sonst besteht die Gefahr, dass die weiche Silikonhaut durch den ständigen Kontakt mit der scharfen Magensäure porös wird und reißt.
    Der Magenballon eignet sich für Menschen mit mäßiger Adipositas (BMI bis circa 40). Bei extremer Fettleibigkeit kann er zur Vorbereitung einer späteren operativen Magenverkleinerung eingesetzt werden. In diesen Fällen ist eine Operation technisch weniger schwierig und riskant, wenn vorher eine Gewichtsreduktion mit dem Ballon erfolgt ist. Mit der Methode lässt sich ein Gewichtsverlust von bis zu 20 Prozent erreichen.
    Jasmina Neudecker
    Kalorien verbrennen durch Sport - wenn das so einfach wäre! Biologin Jasmina Neudecker deckt drei Irrtümer zum Thema Sport und Abnehmen auf.19.07.2021 | 7:53 min

    Zweite Variante: Operationen zur Magenverkleinerung

    Es gibt mehrere Möglichkeiten, um den Magen operativ zu verkleinern. Ein wichtiger Punkt ist dabei nicht nur, das Aufnahmevermögen des Magens zu reduzieren, sondern auch Hormone aus dem Magen-Darm-Trakt auszuschalten, die den Appetit und Stoffwechsel regulieren.
    Die beiden wichtigsten Verfahren mit den besten Belegen aus Studien sind die Anlage eines Schlauchmagens und der Magenbypass (Roux-en-Y-Magenbypass). Beide Operationen werden minimalinvasiv, das heißt, über kleine Schnitte und eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) durchgeführt.



    Reflux und Sodbrennen als Risiken nach Operation

    Bei beiden OP-Verfahren bestehen die allgemeinen Risiken jeder Operation (z.B. Wundheilungsstörung, Nachblutung, Infektion). Nach einem Schlauchmagen kommt es bei etwa 20 bis 30 Prozent der Patienten durch die veränderte Anatomie zu einem Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre (Reflux), was zu Sodbrennen führen kann. Ein Magenbypass kann außerdem zu einem sogenannten frühen oder späten Dumping-Syndrom führen.

    Beim frühen Dumping-Syndrom, das man gehäuft nach Verzehr von Speisen mit sehr viel Zucker beobachtet, kommt eine größere Menge unverdauter Nahrung rasch im Dünndarm an. Um sie zu verdünnen, schüttet der Körper Wasser aus den Gefäßen hinzu. Damit entzieht er es aber dem Kreislauf, was den Blutdruck absacken lässt. Mögliche Symptome sind Benommenheit, Schwitzen oder Übelkeit.

    Seltener ist das späte Dumping-Syndrom nach dem Genuss von vielen Kohlenhydraten. Durch die fehlende Vorverdauung bewirken diese im Dünndarm die Freisetzung von viel Insulin. Das kann eine Unterzuckerung mit Schwindel, Schwitzen und Schwächegefühl auslösen.

    Auswahl des Verfahrens von individuellen Faktoren abhängig

    Die Auswahl des operativen Verfahrens erfolgt individuell und richtet sich nach Kriterien wie BMI, Geschlecht, Alter, Begleiterkrankungen und nicht zuletzt dem Wunsch des Patienten. Die Erfolge sind bei beiden Methoden etwa gleich gut. Man darf eine Gewichtsreduktion von 60 bis 70 Prozent erwarten.
    Essen auf einem Teller
    Gesunde Ernährung beugt auch vielen Krankheiten vor.09.03.2023 | 7:57 min

    Nach Eingriff: Vitaminaufnahme und Ernährungsumstellung notwendig

    Nach Adipositas-Operationen, auch bariatrische Operationen genannt, müssen die Patienten dauerhaft Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen, vor allem Vitamine. Welche das im Einzelnen sind, wird vom behandelnden Adipositas-Spezialisten festgelegt. Außerdem ist es für einen dauerhaften Erfolg unerlässlich, die Ernährung bzw. den Lebensstil umzustellen.
    "Nach den Adipositasoperationen muss man lebenslang Vitamine einnehmen", erklärt Sylvia Weiner vom Adipositaszentrum am Sana Klinikum Offenbach.

    Es gibt mittlerweile dafür spezielle Multivitaminpräparate, weil man sehr viele Vitamine zusätzlich aufnehmen muss. Dazu kommt immer Kalzium und zumeist auch Vitamin D.

    Dr. Sylvia Weiner, Adipositaszentrum Sana Klinikum Offenbach

    Ab einem BMI über 40 oder über 35 mit adipositasbedingten Begleiterkrankungen besteht die Indikation für eine bariatrische OP. Die Kosten können auf Antrag von den Krankenkassen übernommen werden. Für den Magenballon gilt das nur, wenn er als Vorbereitung zu einer späteren OP dient. Wer sich für ihn als alleiniges Verfahren entscheidet, muss die Kosten von circa 3.000 bis 4.000 Euro selbst tragen.

    Risiken bei Magen-OP im Ausland

    Im Internet finden sich eine ganze Reihe von Unternehmen, die den Ballon und die verschiedenen Operationen schnell - und vor allem im Ausland - günstig anbieten. Sylvia Weiner sieht das kritisch.

    Ich bin etwas in Sorge darüber, dass doch sehr viele Menschen mal eben schnell ins Ausland fahren wollen, um mal eben schnell schön zu werden.

    Sylvia Weiner, Adipositaszentrum Sana Klinikum Offenbach

    Die Adipositas erfordere nicht nur eine hohe Expertise der betreuenden Ärzte, so Weiner, sondern auch eine lange Vor- und Nachbehandlung.




    Mehr zum Thema Übergewicht und Ernährung

    Weitere Gesundheits-Themen