Technoparty in Berlin:Vor 35 Jahren startete die erste Love-Parade
von Nils Schneider
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Im Sommer 1989 ist Berlin noch eine geteilte Stadt. Da erobert im Westen Technomusik die Straße. Die erste Love-Parade zieht über den Ku'damm. Eine neue Jugendkultur entsteht.
Für Millionen Raver ist es lang das Highlight der Technoszene. Vor 35 Jahren als Friedensdemonstration gestartet, endet die Love-Parade 2010 tragisch. 28.06.2024 | 9:31 min
Alles hat ganz klein angefangen. Dr. Motte, der als "Vater" der Love-Parade gilt, organisiert mit mehreren Gleichgesinnten den ersten Umzug. Noch als Demo. Das Motto: Friede, Freude, Eierkuchen.
Mit anderen DJs nimmt er eine Kassette auf mit ihrer Musik. Einem damals noch unbekannten Beat: Techno. Er kopiert sie zweimal und dann geht´s los. Sie organisieren drei kleine Lkw, packen Musikanlagen drauf und wollen über die damals West-Berliner Einkaufsmeile Kurfürstendamm ziehen.
Aber kurz bevor es losgehen soll, ist fast niemand da, erinnert sich Dr. Motte:
Am Ende werden es 150 Raver sein, die tanzend die Straße langziehen. Zu 120 Beats per Minute. Sängerin und Produzentin Inga Humpe war eine von ihnen.
Love-Parade: Geburt einer neuen Jugendkultur
Die Parade wächst und wächst und muss schließlich umziehen, in den Tiergarten zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule. Der Erfolg hat auch mit dem Mauerfall zu tun, erklärt Matthias Pasdzierny von der Universität der Künste Berlin:
Die Love-Parade zieht Raver aus der ganzen Welt an
Auf dem Höhepunkt der Love-Parade sind es 1999 1,5 Millionen Menschen, die friedlich feiern. Sie verändern das Image der Stadt und des ganzen Landes. Dr. Motte hatte mit der Parade ein neues Lebensgefühl für eine ganze Generation geschaffen: "Das war wirklich irre. Das kann man gar nicht in Worte fassen. Das sagen ganz viele Leute, weil das war so ein intensives Gefühl. Für ganz, ganz viele war das der Tag ihres Lebens bis heute."
Das Gefühl von "völlig losgelöst" verbindet seit Jahren Generationen. Jetzt sogar als Stadionhymne. Wir haben mit Sänger Peter Schilling über den Erfolg von "Major Tom" gesprochen.11.06.2024 | 9:40 min
Love-Parade 2010: Von der Party in die Katastrophe
Die Parade hatte jedoch auch immer Kritiker. 2001 verliert sie den Demo-Status, die Macher können die Kosten nicht mehr stemmen und verkaufen die Marke. Die Love-Parade verlässt Berlin und zieht in verschiedene Städte des Ruhrgebietes.
2010 kommt es in Duisburg zu einer Massenpanik unter den Feiernden. Der Zugang zum Festgelände ist zu eng. 21 junge Menschen sterben qualvoll, Hunderte werden teils schwer verletzt. Es stellt sich heraus, dass die Parade so nie hätte genehmigt werden dürfen. Ein Gerichtsprozess endet 2020 ohne Verurteilungen. Das ist das Ende der Love-Parade.
Aufgrund einer Massenpanik sterben 21 Menschen bei der Loveparade 2010. Viele weitere werden verletzt und traumatisiert.
Quelle: Reuters
Was bleibt ist die Vision einer friedlichen Welt, in der alle gemeinsam tanzen und feiern. Wo niemand ausgegrenzt wird. Die Unesco hat die Love-Parade und die Technokultur sogar als immaterielles Weltkulturerbe anerkannt.
Nils Schneider ist Reporter im ZDF-Landesstudio Berlin
Von Tresor bis Berghain: Berliner Techno prägt den Sound und die Szene von den Anfängen bis heute. Das würdigen die Kultusminister um Claudia Roth und machen ihn zum Kulturerbe.