Schiedsrichter gegen DFB: Klage wegen Altersdiskriminierung

    Schiedsrichter gegen DFB:Fall Manuel Gräfe - (K)Eine Frage des Alters

    von Christoph Schneider und Karl Anton Gensicke
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    Seit vier Jahren ist Manuel Gräfe aus der Bundesliga ausgeschieden - aus Altersgründen. Nicht freiwillig, wie er betont. Nach dem Urteil 2023 legten er und der DFB Berufung ein.

    Manuel Gräfe am 25.01.2020 in München
    Fast 300 Bundesligaspiele leitete der Ex-Schiedsrichter, bevor er wegen seinem Alter gesperrt wurde.
    Quelle: picture alliance / Laci Perenyi

    Es war ein bemerkenswertes Urteil, das der damalige Präsident das Landgericht (LG) Frankfurt/Main, Wilhelm Wolf, am 25. Januar 2023 verkündete. Der beklagte DFB muss seinem ehemaligen Bundesligaschiedsrichter, Kläger Manuel Gräfe, 48.500 € Entschädigung zahlen - wegen festgestellter Altersdiskriminierung.
    Manuel Gräfe zu Handspieldebatte im ZDF am 05.07.24.
    Nach seiner Schiedsrichterkarriere war Gräfe unter anderem als Experte zur Fußball-EM beim Sportstudio zu Gast.06.07.2024 | 1:36 min

    Altersbegrenzung für Schiedsrichter in der Bundesliga

    Als die Spielzeit 2020/21 zu Ende ging, endete auch Gräfes Karriere als Bundesligaschiedsrichter. 289 Spiele hatte der damals 47 Jahre alte Berliner geleitet. Ein Unparteiischer, der sich - ungewöhnlich genug für einen Schiedsrichter - auch bei Bundesligamannschaften einer großen Beliebtheit erfreute.
    Die Spielleitungen Gräfes waren stets ruhig und unaufgeregt. Er sprach viel mit den Spielern, aber auch den Vereinsvertretern - stets auf Augenhöhe, immer nachvollziehbar. Doch mit 47 Jahren war als Spielleiter in der Fußballbundesliga auf dem Feld Schluss - der DFB untersagte eine Tätigkeit über dieses Alter hinweg.
    ZDF-Schiedsrichter-Experte Manuel Gräfe.
    Als ZDF-Schiedsrichter-Experte bewertete Manuel Gräfe auch den viel diskutierten Videoassistenten. 29.04.2023 | 5:17 min

    Entschädigung wegen Altersdiskriminierung

    Diese starre Grenze veranlasste Gräfe zu einer Klage. Ziel: Entschädigung für die entgangenen Einnahmen in weiteren Spielzeiten und Abschaffung der Altersgrenze von 47 Jahren. Das LG Frankfurt/Main gab ihm teilweise Recht. In seiner Urteilsbegründung führte es aus, dass es keinen wissenschaftlichen Nachweis oder näher begründeten Erfahrungswert gebe, warum genau das Alter von 47 Jahren für die Leistungsfähigkeit eines Elite-Schiedsrichters ausschlaggebend sein solle.
    Die Altersgrenze sei daher "nicht zulässig" und "unverhältnismäßig". Das Gericht sprach Gräfe eine Entschädigung von knapp 50.000 Euro zu. Für die Entschädigungshöhe war aus Sicht der Kammer entscheidend, dass das Antidiskriminierungsgesetz Sanktionscharakter hat.
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    DFB und Schiedsrichter ziehen vor das Oberlandesgericht

    Die Zahlung von mehr als 100.000 Euro als Entschädigung für die Nichtberücksichtigung Gräfes in der Saison 2021/22 lehnte das LG jedoch ab. Dafür hätte er den Beweis erbringen müssen, dass er ohne eine starre Altersgrenze auf die Liste der Bundesligaschiedsrichter gekommen wäre. Dafür wäre nach Auffassung des LG ein Nachweis als "bestgeeignetster Bewerber" erforderlich gewesen. Dieser lag aber nicht vor.
    So legte Gräfe Berufung ein, ebenso wie der beklagte DFB. Nachdem mittlerweile weitere Spielzeiten vergangen sind, ist die Forderung Gräfes auf Entschädigung nun auf rund 830.000 Euro angewachsen. Gegenüber der BILD erklärte der ehemalige Elite-Schiedsrichter, per ärztlichem Attest nachweisen zu können, dass er auch in den letzten Jahren noch weiter Schiedsrichter in Deutschlands höchster Fußballliga hätte sein können. Ab heute heißt es daher "auf ein Neues" - nun vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt/Main.
    Torjubel nach dem Tor zum 3:0 durch Torschütze Tim Kleindienst zusammen mit Joshua Kimmich.
    In der Nations League besiegt Deutschland Italien im Rückspiel mit 3:1. 24.03.2025 | 2:59 min

    Weitere Klage wegen Altersdiskriminierung

    Nach dem Urteil des LG praktiziert der DFB das Alter 47 nicht mehr als Grenze, sondern als Orientierungswert. So leitet Felix Brych mit 49 als aktuell ältester Schiedsrichter Spiele in der Bundesliga, wird aber im Sommer auf dem Feld aufhören.
    Gräfe ist nicht der einzige, der wegen Altersdiskriminierung gegen den DFB klagt. Der 28-jährige Francisco Lahora wurde nach eigener Aussage vom DFB trotz positiver Bewertungen wegen seines Alters nicht für einen Karriereweg in der 3. Liga berücksichtigt. Für den Aufstieg in Deutschlands 3. Liga gebe es eine Altersgrenze von 25 Jahren. Das Arbeitsgericht Bonn wies seine Klage ab, Lahora hat bereits Beschwerde beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt.

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    Quelle: dpa

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