Nachhaltig bauen: Häuser nach der Kreislauf-Wirtschaft bauen
Bauen mit Müll:Häuser als Materiallager denken
von Jakob Kneser
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Der Bausektor verschlingt 50 Prozent der Rohmaterialien weltweit. Wie kann es gelingen, dass Ressourcen besser genutzt werden? Vielleicht so zu bauen, dass kein Abfall entsteht?
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Gebäude werden geplant, gebaut - und enden dann irgendwann als Sondermüll, der teuer auf Deponien entsorgt wird. Das ist eine riesige Verschwendung von Ressourcen. Dass Bauen unglaublich viel Abfall produziert, gleichzeitig aber wertvolle Rohstoffe liegen lässt, liegt nach Dirk Hebel, Professor für Nachhaltiges Bauen am KIT in Karlsruhe, an den "linearen Konstruktionsprozessen", die heute üblich sind: "Wir entnehmen Rohstoffe aus unserer Erdkruste. Wir verarbeiten sie zu Produkten. Wir benutzen sie."
Leider haben wir nichts in petto, um sie zu retten.
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Dirk Hebel, Professor für Nachhaltiges Bauen am KIT in Karlsruhe
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In Kreisläufen denken - und bauen
Allerdings beruht diese lineare Denk- und Bauweise auf einer falschen Voraussetzung: dass Rohstoffe unendlich zur Verfügung stehen. Was Dirk Hebel erreichen möchte, ist ein anderes Modell: das Bauen in Kreisläufen.
Dass das möglich ist, hat Hebel bereits in Äthiopien gelernt, wo er mehrere Jahre forschte. Dort lernte er eine Situation permanenter Rohstoff-Knappheit kennen. Abfall fällt dort beim Bauen gar nicht an, weil das Wieder- und Weiterverwerten von Materialien selbstverständlich ist. Aber lassen sich auch in Europa Gebäude recyclen? Lassen sich aus den Resten alter Häuser neue errichten - und sogar solche, in denen man wohnen möchte?
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Wände aus Tetrapack-Schnitzeln
Dass das geht, zeigt Hebel in einem Experimentalbau in Zürich, dem UMAR - eine Abkürzung für "Urban Mining and Recycling Unit". Wie ein riesiges Regal bieten die zwölf Plattformen Versuchs-Einheiten für Forscher und Architekten; eine davon hat sich Dirk Hebel gesichert.
Die Wände sind aus eher ungewöhnlichen Materialien wie gehäckseltem Plastik-Müll, Pilz-Myzel oder Tetrapack-Schnitzeln- und sogar gebrauchten Jeans als Dämm-Stoff. Etliche Teile der Wohnung stammen aus abgerissenen Gebäuden, wie die bronzenen Türklinken. Die Wohnung ist der Beweis, dass Bauen aus recycelten Materialien tatsächlich geht - und dass es auch noch gut aussieht.
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Materiallager für die Häuser der Zukunft
Für eine echte Kreislauf-Wirtschaft beim Bauen braucht es Hebel zufolge aber noch mehr. "Wir müssen in Zukunft Bauwerke so entwerfen und so konstruieren, dass es sehr, sehr einfach ist, wie in ein Lager hineinzufahren, Dinge abzuschrauben, herauszunehmen und sie dann wiederum in den Kreislauf hineinzuschieben."
Bei einem Dachgeschoss eines alten Kulturzentrums in Wuppertal wurde schon beim Bauen daran gedacht, dass es später als "Materiallager" dienen kann.
Quelle: Zooey Braun
Die Idee: Schon beim Bau von Gebäuden mitdenken, dass sie später als "Materiallager" für die Häuser der Zukunft dienen können. Dass das möglich ist, hat Hebel mit Student*innen in einem Wettbewerbsbeitrag gezeigt: einem neuen Dachgeschoss für ein altes Kulturzentrum in Wuppertal. Alle Komponenten wurden dafür so verbaut werden, dass sie jederzeit problemlos wieder zerlegt und recycelt werden können. Klebstoffe sind absolut tabu.
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"Graue Energie" erhalten
Ein weiterer Vorteil der Nutzung alter Bausubstanz, der zum Kreislaufgedanken gehört: In die Produktion ganz neuer Baumaterialen wie Beton und Stahl fließt viel Energie - die "graue Energie", wie Hebel sie nennt. "Jedes Mal, wenn wir ein Gebäude abreißen und an die gleiche Stelle oder eine andere Stelle ein Gebäude bauen, zerstören wir, vernichten wir diese graue Energie, die wir dann neu aufwenden müssen, um ein zweites, drittes Gebäude an gleicher Stelle zu bauen."
Es ist ein ungewohntes Denken, auf das sich Architekten und Ingenieure für ein Bauen in Kreisläufen einlassen müssten. Aber es könnte sich lohnen, um künftig wertvolle Ressourcen und Energie zu sparen.
Quelle: dpa
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