Deutsche Entwickler vorn dabei:Ariane 6 gestartet: Europas Zugang zum All
von Sylvia Bleßmann
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Europas neue Trägerrakete ist teurer als die private Konkurrenz und nicht wiederverwendbar. Warum die Europäer dennoch selbstbewusst beim Wettlauf im Weltall dabei sind.
Erfolgreicher Start für die neue europäische Trägerrakete Ariane 6. Mit der Rakete hat sich Europa nun wieder einen eigenen Zugang zum Weltraum gesichert.10.07.2024 | 0:23 min
Mit vier Jahren Verspätung ist die neue europäische Trägerrakete an diesem Dienstag endlich in den Weltraum gestartet. Die Ariane 6 hob um 16 Uhr Ortszeit (21 Uhr MESZ) von Kourou in Französisch-Guayana zu ihrem Jungfernflug ab.
Ursprünglich sollten um 15 Uhr Ortszeit (20 Uhr MEZ) am neu gebauten Startplatz die Leitungen unter Druck gesetzt und flüssiger Sauerstoff zugeführt werden. Doch: Der Start wurde um eine Stunde nach hinten verschoben. Grund sei ein "kleines Problem" am Boden gewesen, das behoben worden sei, teilte die Europäische Raumfahrtagentur Esa mit.
Die Esa will mit Ariane 6 hoch hinaus.08.07.2024 | 7:27 min
Sieben Sekunden, bevor die Rakete abhebt, wird das Triebwerk gezündet und das Sauerstoff-Wasserstoff-Gemisch verbrannt. Sind beide Booster gezündet, kann nichts mehr rückgängig gemacht werden: Die Rakete startet zu ihrer ersten Mission, auf der insgesamt 17 kleinere Nutzlasten im Weltall freigesetzt werden sollen.
Mit einer neuen Rakete will Europa im Wettbewerb um Aufträge im All mithalten. Was kann die Ariane 6? Entdecken Sie sie im 3D-Modell.
Vor etwa einem Jahr hob die Vorgänger-Rakete, Ariane 5, zum letzten Mal ab - seitdem konnte Europa keinen Satelliten mehr alleine in den Weltraum bringen. Deswegen geht es für die Europäer bei diesem Erstflug um viel: den eigenen Zugang zum All.
Europa braucht unabhängigen Zugang zum Weltraum
Auch deswegen sieht Esa-Chef Josef Aschbacher die Entwicklungskosten von vier Milliarden Euro gut investiert. Das Space-Business ist der Markt der Zukunft. Ein milliardenschwerer Markt, auf dem Europa seinen eigenen Platz behaupten muss.
Zehn Jahren mussten die Europäer auf die Ariane 6 warten. Nun soll sie vom Weltraumbahnhof Kourou starten.26.04.2024 | 2:11 min
Der ganze Stolz der Esa ist allerdings nicht wiederverwendbar und kann noch keine Menschen transportieren. Technologisch ist die private Konkurrenz von SpaceX mit der Falcon 9 mehrere Schritte voraus. Dennoch sehen Europas Weltraumtechniker ihre neue Rakete als durchaus wettbewerbsfähig an.
Bis zu neun Starts im Jahr sind geplant. Mit dem ersten kommerziellen Launch, der Ende des Jahres geplant ist, wird der industrielle Wettbewerb mit einer regelrechten Serienproduktion starten.
13 europäische Nationen waren an Entwicklung und Bau der Ariane 6 beteiligt. Deutschland war mit 23 Prozent ganz vorn dabei. "Innerhalb Europas hat Deutschland den zweitgrößten Fußabdruck. Die Franzosen stehen an erster Stelle, aber der innovativste Teil kommt aus Deutschland, aus Bremen."
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Innovative Fertigung der Bauteile
In der deutschen Trägerindustrie arbeiten rund 1.500 Ingenieure an den Standorten Bremen, Ottobrunn, Augsburg und Lampoldshausen. Hinzu kommen mehr als 50 kleinere Unternehmen mit speziellem Know-how. In Bremen entstand die wiederzündbare Oberstufe - mit 4.0-Technologie wie etwa Augmented-Reality-Tools.
Auch für die Brennkammerfertigung, das Herzstück eines jeden Triebwerks, kam am Standort Ottobrunn 3D-Drucktechnik und Pulvermetallurgie zum Einsatz. So können komplexe Strukturen seriell ohne große mechanische Nacharbeit entstehen.
Die Augsburger Gehäuse der Feststoffmotoren und Tanks sind ebenfalls aktueller Stand der Technik. Sie können trotz ihres minimalen Gewichts enorme Belastungen beim Start aushalten.
Satellit der TU Berlin an Bord
Diese Neuerungen machen die Ariane 6 erheblich günstiger als das Vorläufermodell. In Zukunft soll die Rakete auch mit einer neuen "Kick-Stage"-Technik Nutzlasten sehr effizient in unterschiedlichen Orbits absetzen können. Auch dieses hocheffiziente, wieder zündbare Triebwerk wird von der Deutschen Raumfahrtagentur gefördert.
Das Gepäck beim Erstflug werden 17 Nutzlasten sein, zwei Rückkehrkapseln und mehrere kleinere Satelliten, darunter einer der TU Berlin. Es ist die Uni mit den weltweit meisten eigenen - dann 30 - Satelliten im All. Für die Studenten und Studentinnen der Luft- und Raumfahrttechnik ein ganz besonderer Moment, wenn die neue europäische Rakete mit ihrem Satelliten an Bord ins All abhebt.
Sylvia Bleßmann ist ZDF-Reporterin im Landesstudio Berlin.