Die konjunkturellen Aussichten haben sich eingetrübt, in diesem Jahr dürfte die Wirtschaft schrumpfen. Daran ändern wohl auch leicht anziehende Reallöhne nichts.
Mecklenburg-Vorpommern, Rostock: Fast menschenleer ist das Einkaufszentrum Rostocker Hof in der Innenstadt. Archivbild
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Ein kleiner Lichtblick findet sich in den sonst eher trüben Konjunkturdaten dieser Tage: In den vergangenen Monaten sind die Reallöhne um 0,1 Prozent leicht gestiegen. Unter dem Strich haben Lohnzuwächse also die hohe Inflation ausgeglichen. "Die Lücke zwischen der Inflation und den Nominallohnzuwächsen schließt sich zusehends", sagte die Chefvolkswirtin der KfW, Fritzi Köhler-Geib.
Verbraucherstimmung mit Rückschlag
Grund für diese Tendenz der Stabilisierung der Kaufkraft sind also stark steigende Nominallöhne. Eingerechnet Sonderzahlungen wie Inflationsprämien sind die Bruttomonatslöhne im Durchschnitt um 6,6 Prozent gestiegen. Es handelt sich um den steilsten Anstieg seit Beginn der statistischen Auswertungen im Jahr 2008.
So haben die Konsumforscher der GfK in Nürnberg am Dienstag errechnet, dass die Verbraucherstimmung im August wieder einen Rückschlag erlitten hat, nachdem sie sich im Vormonat noch stabil gezeigt hatte. "Das Konsumklima zeigt derzeit keinen klaren Trend, weder nach unten noch nach oben - und das auf einem insgesamt sehr niedrigen Niveau", erklärt Rolf Bürkl, GfK-Konsumexperte.
Konjunkturerwartungen fallen
Für die kommenden Monate erwarten Rolf Bürkl und seine Kollegen nicht, dass sich die Lage wesentlich ändern wird. Denn nach wie vor müssen die Menschen vor allem für Nahrungsmittel und Energie tiefer in die Tasche greifen. Und das bremst die Anschaffungsneigung, sprich: Die Menschen halten sich mir Neukäufen aller Art zurück, weil sie ihr Geld für die Dinge des täglichen Bedarfs zusammenhalten wollen oder müssen.
Daher geht die GfK davon aus, dass der Konsum in diesem Jahr keinen positiven Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung leisten kann. In solch unsicheren Zeiten wirkt er eher umgekehrt wie eine Wachstumsbremse. Die Zurückhaltung der Konsumentinnen und Konsumenten speist sich zudem aus einer pessimistischeren Einschätzung der konjunkturellen Perspektiven. So sind die Konjunkturerwartungen laut GfK auf den tiefsten Stand des Jahres gefallen.
Arbeitslosigkeit dürfte steigen
Auch beim arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) haben sich die Prognosen für die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr eingetrübt. Nach der am Dienstag veröffentlichten aktuellen Konjunkturprognose wird das BIP in diesem Jahr um 0,5 Prozent schrumpfen. Die deutsche Wirtschaft befinde sich in einer "Schockstarre". Denn Rohstoffe und Energie sind teuer und der lahmende Welthandel sorgt für weniger Nachfrage aus dem Ausland, was die deutsche Exportindustrie in besonderem Maße trifft.
Auf der anderen Seite bremsen die hohen Produktionskosten und Zinsen in Reaktion auf die Inflation Investitionen. Das bekommen etwa die Industrie und die Bauwirtschaft stark zu spüren. In der Folge prognostizieren die Wirtschaftsforscher des IW auch einen Anstieg der Arbeitslosigkeit in diesem Jahr.
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) geht in seinem aktuellen Konjunkturbericht von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts aus - mit Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt.
Besserung möglicherweise im kommenden Jahr
Zu dieser Einschätzung passt, dass auch das Arbeitsmarktbarometer des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit auf den niedrigsten Stand seit 2020 gefallen ist.
Trotz des Lichtblicks bei den Reallöhnen sind die wirtschaftlichen Aussichten für den Rest des Jahres also vergleichsweise trübe. Ändern könnte sich das zum Jahreswechsel und im kommenden Jahr. Denn die nachlassende Nachfrage begrenzt die Möglichkeit weiterer Preiserhöhungen. Zusammen mit höheren Reallöhnen könnte das dann wieder zu mehr Konsumfreude und wirtschaftlicher Aktivität führen.