Pech und Pannen: Volksbanken blicken auf Skandaljahr zurück

    Beinahe-Pleiten, Pech und Pannen:Volksbanken blicken auf Skandaljahr zurück

    ZDF-Börsenexperte Frank Bethmann
    von Frank Bethmann
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    In praktisch allen Branchenskandalen waren 2024 Genossenschaftsbanken verwickelt. Die Finanzaufsicht Bafin zeigt sich besorgt. Was läuft schief bei der Finanzgruppe?

    Das Logo der Volksbank ist an der Fassade eines Gebäudes zu sehen
    Skandale erschüttern Volksbanken: Vor allem bei Immobilien haben sich einige der Banken verspekuliert.
    Quelle: dpa

    In der über 160-jährigen Geschichte wird es kaum ein Jahr geben, dass so am Image der deutschen Genossenschaften gekratzt hat wie dieses Jahr. Grund dafür: zahlreiche Skandale. Erst in der vergangenen Woche rückte die Volksbank Düsseldorf Neuss wieder in den Schlagzeilen. Sie hatte 100 Millionen Euro des französischen Modeunternehmens Kiabi auf ein Konto in die Türkei überwiesen, von wo das Geld verschwand.
    Ein Fall von Betrug, wie man vor einigen Wochen bereits lesen konnte. Im Zuge der Ermittlungen gab es nun eine Großrazzia. Auch bei der Bank, die zwar ihre Unschuld beteuert, doch derweil den Schaden hat. Das Düsseldorfer Kreditinstitut sieht sich mit entsprechenden Rückforderungen konfrontiert.
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    Rund ein Jahrzehnt lang gab es auf der Bank so gut wie keine Zinsen - jetzt liegt der Zinssatz bei vier Prozent und mehr: Sparen könnte sich wieder lohnen.30.10.2023 | 2:37 min

    Verband springt mehrfach in die Bresche

    Um das Risiko zu begrenzen, ist der Stützungsfonds des Bundesverbandes der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) eingesprungen. Nicht zum ersten Mal in diesem Jahr.
    Zuvor musste der Branchenverband bereits der Volksbank Dortmund Nordwest mit Garantien von 130 Millionen Euro unter die Arme greifen. Das vergleichsweise kleine Institut hatte sich mit Immobilien verspekuliert.

    Skandal rund um die "Effenberg-Bank"

    Für weitere 280 Millionen Euro musste der BVR im wohl schillerndsten Skandal geradestehen. Den legte die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden hin - bekannt als "Effenberg-Bank", weil sie den ehemaligen Bundesliga-Profi Stefan Effenberg zeitweise als Experten für Fußballkredite beschäftigte.
    Doch nicht die Finanzierungen im Fußball-Business liefen aus dem Ruder. Wie viele andere vergaloppierten sich auch die Thüringer mit Immobiliengeschäften. In Summe kosteten den BVR die Eskapaden seiner Institute also bislang über 500 Millionen Euro. Und offen ist, ob das reicht.
    Wegweiser zur Generalversammlung der VR-Bank.
    Seit Monaten steht die VR-Bank Bad Salzungen-Schmalkalden unter der Kontrolle der Bankenaufsicht BaFin. Nun muss die Solidargemeinschaft der Volksbanken der sogenannten "Effenberg-Bank" aus ihrer finanziellen Notlage helfen.27.03.2024 | 2:05 min

    Finanzaufsicht kritisiert Risikomanagement

    Die Finanzaufsicht Bafin verfolgt die Probleme im Genossenschaftssektor sehr genau. Gegenüber dem "Handelsblatt" sagte Bafin-Chef Mark Branson:

    Einige der Banken sind nicht gut geführt worden und hatten kein gutes Risikomanagement.

    Mark Branson, Bafin-Chef

    Die Entwicklung verwundert, galten die Volks- und Raiffeisenbanken doch bisher als grundsolide - überstanden beispielsweise die große Finanzkrise 2008 ohne Staatshilfen.
    Im Hintergrund steht ein rotgefärbtes Gebäude an dem die Leuchtschrift "Lehman Brothers" angebracht ist. Davor liegen drei Schwarz-Weiß-Fotos: Die New Yorker Skyline, ein Banker der nach oben schaut und mehrere Personen mit aufgespannten Schirmen bei einer Demonstration mit dem Banner "Rettungs Schirm Lehman-Opfer".
    2008 erschüttert eine Nachricht die Wall Street: Lehman Brothers, die viertgrößte Investmentbank der Welt, ist pleite. Die globale Wirtschaft schlittert in eine Finanzkrise.03.06.2024 | 44:49 min

    Risiken des Genossenschaftsmodells

    Die Probleme begannen in den Zeiten von Null- und Negativzinsen. Damals gingen zahlreiche Volks- und Raiffeisenbanken ins Risiko, bauten ihr Immobiliengeschäft besonders stark aus. Als die Europäische Zentralbank dann 2022 anfing, die Zinsen kräftig anzuheben, gerieten viele dieser Finanzierungen unter Druck und mit ihnen die betreffenden Institute.
    Insider und Fachleute vermuten aber noch etwas anderes. Das komfortable Sicherungsnetz der Genossenschaftsbanken habe dazu beigetragen, dass einzelne Regionalfürsten das Risiko übertrieben haben. Vom "Größenwahn" spricht gar ein Vorstand einer nicht betroffenen Genossenschaftsbank. Weil sie wussten, dass sie im Fall der Fälle nicht die Konsequenzen ihres Scheiterns mittragen müssen. Geht etwas schief, greift der Stützungsfonds des BVR. Eine Art verbandsinternes Vollkaskoprinzip.
    Tatsächlich rühmt sich der Branchenverband damit, dass seit 1934 keine Genossenschaftsbank mehr pleite gegangen ist. Auch dieses Mal werde man das zu verhindern wissen. Eine gute Nachricht für alle Kunden. Im Falle einer Schieflage eines einzelnen Instituts komme kein Einleger zu Schaden, so die Botschaft.

    Verband verteidigt Kontrollsysteme gegen Kritik

    Zunehmend schlechter aber wirkt sich das "genossenschaftliche Prinzip", dass auf Selbsthilfe und Selbstverantwortung basiert, auf die Gesamtentwicklung der Finanzgruppe aus. Weder das Risikomanagement noch die Kontrollsysteme der Banken seien durchweg auf der Höhe der Zeit, kritisieren Bankenexperten bereits seit geraumer Zeit.
    Der BVR verteidigt das System. Wenn eine Bank auffalle, werde diese von der Sicherungseinrichtung intensiv begleitet, heißt es vom Verband. Ziel sei die Änderung der Geschäftspolitik, um Risiken für die Solidargemeinschaft zu mindern. Im Fall der Volksbank Düsseldorf Neuss will der Dachverband nun eine Sonderprüfung durchführen, um, wie es heißt, Schwachstellen im System aufzudecken.

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