Unicredit-Pläne für Übernahme: Poker um die Commerzbank
Unicredit-Pläne für Übernahme:Poker um die Commerzbank
von Stephanie Barrett
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Die italienische Großbank Unicredit plant keine feindliche Übernahme der Commerzbank - das Interesse ist aber weiterhin groß.
Unicredit hat nach eigenen Angaben keine Eile, den Anteil an der Commerzbank auszubauen.
Quelle: Reuters
Unicredit-Chef Andrea Orcel hat ein öffentliches Übernahmeangebot für die Commerzbank ausgeschlossen. "Das wäre ein zu aggressiver Schritt", sagte er in einem Interview mit der italienischen Zeitung "Il Messaggero". Man habe keine Eile, den Anteil an der Commerzbank auf mehr als die bereits erworbenen neun Prozent auszubauen.
Dennoch bleibt das Interesse an der zweitgrößten deutschen Privatbank bestehen, Unicredit würde gern auch die restlichen Anteile des Bundes übernehmen, hat aber anscheinend keine Eile damit. "In den letzten zwei bis drei Jahren haben wir der deutschen Regierung und einer Reihe von anderen Beteiligten wiederholt unser Interesse an der Commerzbank signalisiert." Er wünsche sich zu gegebener Zeit einen konstruktiven Dialog mit dem Commerzbank-Management und der Bundesregierung, erklärte er im Gespräch mit der FAZ.
Geduld braucht es auch weiterhin, denn der Bund plant, vorerst keine weiteren Commerzbank-Anteile zu verkaufen und will die neue Lage erstmal sondieren.
Commerzbank-Mitarbeiter gegen Unicredit-Übernahme
Bei der Commerzbank dagegen herrscht - wieder einmal - Krisenmodus: Management und Arbeitnehmer lehnen eine Übernahme durch die Unicredit ab und loten intern Abwehr-Strategien aus, die auch das Alleinstellungsmerkmal der Commerzbank unterstreichen sollen. Zudem ist die Bank beim Top-Management unter Zugzwang.
Nachdem der bisherige Vorstandsvorsitzende Manfred Knof kurz vor dem Unicredit-Coup erklärt hatte, keine Vertragsverlängerung über Dezember 2025 hinaus anzustreben, begann die Suche nach einer/einem Nachfolger/in. Die ist bereits in vollem Gang und könnte nun noch beschleunigt werden. Denn nicht nur in Anlegerkreisen betont man, es brauche jetzt jemanden, der das volle Mandat habe, um mögliche Gespräche mit Unicredit zu führen.
Obwohl eine Übernahme durch Unicredit vorerst vom Tisch ist - als zweitgrößter Aktionär hat die italienische Großbank Unicredit ab sofort ein gewichtiges Wort mitzureden bei der Commerzbank. Die Frau der Stunde könnte die bisherige Commerzbank-Finanzvorständin Bettina Orlopp sein - sie gilt als Favoritin für den Spitzenposten, weil sie alle Prozesse eingebunden ist.
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Die Entscheidung darüber könne bereits am kommenden Dienstag fallen, wenn Aufsichtsrat und Management der Commerzbank zu einer zweitägigen Sitzung in der Nähe von Frankfurt zusammenkommen, sagten zwei mit der Situation vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters.
Die italienische Großbank Unicredit überraschte kürzlich mit der Bekanntgabe einer Beteiligung von neun Prozent an der Commerzbank. Sie steigt damit zum zweitgrößten Aktionär der Commerzbank auf. In der Finanzkrise 2008 musste die Nummer zwei unter den deutschen Privatbanken noch vom Staat gerettet werden, der Bund übernahm Commerzbank-Anteile und wurde so Hauptaktionär. Danach ging die Bank durch turbulente schwierige Jahre, inklusive wechselndem Management. Immer wieder stand sie als Übernahmekandidat im Fokus. 2019 strebte die Deutsche Bank eine Übernahme an, die Gespräche scheiterten aber. Die Zinswende bescherte der Commerzbank aber zuletzt wieder Rekordgewinne, Anfang 2023 kehrte sie sogar wieder zurück in den Dax.
Der Bund will sich schrittweise von seinen 16 Prozent Commerzbank-Anteilen trennen und verkaufte vergangene Woche einen ersten größeren Block von 4,5 Prozent. Überraschend gab die italienische Unicredit-Bank bekannt, das Aktienpaket von 4,5 Prozent meistbietend erworben, und darüber hinaus bereits weitere 4,5 Prozent am Markt eingesammelt zu haben. Unicredit-Chef Andrea Orcel kündigte an, Commerzbank-Anteile weiter aufstocken zu wollen. Orcel war bereits vor 20 Jahren an der (teuren) Übernahme der Bayerischen HypoVereinsbank durch die italienische Unicredit beteiligt.
Wäre eine Übernahme der Commerzbank durch Unicredit sinnvoll?
Bei einem Zusammenschluss mit der Commerzbank könnte ein Bank-Riese entstehen, der einen Marktwert von fast 74 Milliarden Euro erreicht. Experten halten einen Zusammenschluss durchaus für sinnvoll, um die kleinteilige Bankenlandschaft in Europa zu konsolidieren. Damit die europäischen Banken wettbewerbsfähiger werden, müssen sie wachsen und rentabler werden. Insbesondere deutsche Banken hinken bei der Digitalisierung hinterher und haben vergleichsweise hohe Verwaltungs- und Personalkosten.
Unicredit ist selbst zwar kein Riese im europäischen Bankensektor, spielt aber immerhin auf Platz acht im oberen Mittelfeld mit. Zum Vergleich: Die Deutsche Bank rangiert im europäischen Vergleich auf Platz 16, die Commerzbank erst auf Platz 25. Im globalen Vergleich spielen europäische Banken sogar eine noch kleinere Rolle: Die zehn größten europäischen Banken sind zusammen immer noch kleiner als die größte US-Bank JPMorgan.
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Ankündigung einer Übernahme könnte für Verunsicherung sorgen
Zunächst einmal würde sich für Commerzbank-Kunden nichts ändern. Allerdings könnte die Ankündigung für Verunsicherung im Mittelstand sorgen. Das Interesse von Unicredit-Chef Orcel zielt nämlich auch auf das lukrative Kredit-Geschäft mit dem Mittelstand ab. Hier ist die Commerzbank traditionell stark. Orcel plant hier, Sparkassen- und Raiffeisenbanken anzugreifen, die derzeit rund 60 Prozent aller deutschen Firmenkredite abwickeln. Nach einer Übernahme dürften Kosteneinsparungen auf der Agenda stehen, das Filialnetz dürfte ausgedünnt werden, was sich auf den Service auswirken könnte.
Quelle: dpa
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