VW-Debatte bei "Lanz": Weil fordert E-Auto-Verkaufsförderung

    VW-Debatte bei "Lanz":Weil fordert Verkaufsförderung für E-Autos

    von Felix Rappsilber
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    Niedersachsens Ministerpräsident will die deutsche Automobilindustrie "nicht über die Grenzen schicken". Bis Weihnachten fordert er Klarheit für die Mitarbeitenden.

    Stephan Weil zu Gast bei "Markus Lanz".
    Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 30. Oktober 2024 in voller Länge.30.10.2024 | 61:08 min
    Ein Gewinneinbruch von 64 Prozent im dritten Quartal, 30.000 bedrohte Arbeitsplätze, drei Werke, die zur Disposition stehen - Volkswagen hält Deutschland in Atem. Journalistin Julia Löhr von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) sprach am Mittwochabend bei "Markus Lanz" von einer "tiefen Krise":

    Toyota hat 380.000 Mitarbeiter und VW hat 680.000 Mitarbeiter. Toyota produziert mehr Autos mit nicht ganz, aber beinahe der Hälfte der Leute. Finde den Fehler.

    Julia Löhr, Journalistin

    Noch 2016 seien Toyota und VW gleichauf gewesen und hätten jährlich etwas mehr als 10 Millionen Autos verkauft. Inzwischen verkaufe VW neun Millionen und Toyota 11 Millionen Autos pro Jahr.
    Die Rendite der Kernmarke VW sei auf zwei Prozent gesunken. Sechs bis acht Prozent benötige man, um Investitionen tätigen zu können. Die "FAZ"-Wirtschaftsexpertin benannte eine Mitschuld der Politik, weil sie lange Zeit weggeschaut und versäumt habe, "radikale Schritte" mitzutragen.
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    Weil: Unterschiedliche Strategien von VW und Toyota

    Das Land Niedersachsen ist mit 20 Prozent an Volkswagen beteiligt. Ministerpräsident Stephan Weil warf der Journalistin vor, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Volkswagen würde traditionell - sehr viel stärker als Toyota - in eigener Regie produzieren, während Toyota bei der Auslagerung sehr viel konsequenter sei. Der SPD-Politiker sprach von "unterschiedlichen Strategien".
    Noch zum letzten Jahresabschluss des Volkswagen-Konzerns "wurde gesagt: Donnerwetter, Rekordgewinn". Dennoch sei eines klar gewesen:

    Das wird so nicht bleiben. Dass das Jahr 2024 schwierig wird, das war bekannt.

    Stephan Weil, Ministerpräsident von Niedersachsen

    Jetzt befinde man sich "im Umbau", der leider sehr konsequent betrieben werden müsse, "aber das ist die Voraussetzung dafür, dass die deutschen Automobilunternehmen und eben auch Volkswagen künftig weiter erfolgreich sein können". Löhr entgegnete, dass manche Werke des Volkswagen-Konzerns zu weniger als 20 Prozent ausgelastet seien.
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    Weil: Müssen neue Verkaufsförderungen schaffen

    Weil berief sich darauf, als Mitglied der Gremien nicht alles sagen zu dürfen, um dann direkt im Anschluss doch Insiderwissen preiszugeben:

    Was wir derzeit sehen, ist insbesondere eine eklatante Unterauslastung in genau denjenigen Werken, die mit hohem Aufwand umgebaut worden sind, nämlich elektrifiziert worden sind.

    Stephan Weil, Ministerpräsident von Niedersachsen

    Anhand der VW-Werke Emden und Zwickau sprach er von einem "Fehler" der Politik: "Man sieht, dass mit dem abrupten Stopp der Verkaufsförderung - mit den Weihnachtsbeschlüssen der Bundesregierung - anschließend sofort eine Reaktion beim Absatz stattgefunden hat."
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    Die Streichung der Prämie für E-Autos sei von den Autokäufern "sehr deutlich als Signal" wahrgenommen worden. Weil forderte:

    Deswegen müssen wir (…) neue Verkaufsförderungen und neue Anreize schaffen, um das wieder auszubügeln.

    Stephan Weil, Ministerpräsident von Niedersachsen

    Damit potentielle E-Auto-Käufer politische Entscheidungen nicht abwarteten, sage Wirtschaftsminister Robert Habeck "in jede Fernsehkamera", dass eine Neuauflage der Kaufprämie rückwirkend gelten werde, so Löhr. Doch im Moment gebe es schlichtweg kein Geld dafür.
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    Weil: Bessere Alternativen als Werksschließungen

    Tatsächliche Werksschließungen wollte Weil nicht ausschließen: "Ich habe die sehr klare und ernst gemeinte Erwartung, dass es bessere Alternativen gibt als Werksschließungen (…), weil da, wo ich eine Industrie einmal abziehe, kommt sie nicht wieder hin."
    Weil zeigte sich sicher, dass man wieder "wesentlich bessere Zeiten" erleben werde, wenn es die deutsche Automobilindustrie richtig mache.

    Dann wird man bestimmte Kapazitäten benötigen. Ich habe nicht das Ziel, dass wir die deutsche Automobilindustrie prinzipiell über die Grenzen schicken.

    Stephan Weil, Ministerpräsident von Niedersachsen

    Konkret sprach sich Weil damit wohl gegen die Auslagerung von Produktionsstätten aus. Julia Löhr entgegnete: "Wenn das Unternehmen nicht wettbewerbsfähig ist, das heißt, dass es Produkte verkauft und am Ende dabei ein Gewinn steht, dann wird das nicht mehr funktionieren."

    Weil: Klarheit bis Weihnachten

    Bis Weihnachten müsse es für die VW-Mitarbeitenden eine Klärung geben, sagte Weil. Die derzeitige Situation sei unglaublich belastend für viele Leute. Volkswagen hatte bei der zweiten Tarifrunde in Wolfsburg erstmals konkrete Details zu seinen Sparplänen genannt.
    Dazu gehört die Forderung, die Tariflöhne um zehn Prozent zu senken. Die IG Metall verlangt hingegen sieben Prozent Gehaltserhöhungen. Betriebsratschefin Daniela Cavallo hatte am Montag über Pläne von VW berichtet, mindestens drei Werke in Deutschland zu schließen und Zehntausende Arbeitsplätze abzubauen.

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    Quelle: ZDF

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