"Stille Reserve" gegen Fachkräftemangel in Deutschland?
Ungenutztes Potential:Löst "Stille Reserve" den Fachkräftemangel?
von Klaus Weber
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In einer einfachen Welt wäre es leicht: Millionen Menschen wollen arbeiten. Kein Problem. Beschafft ihnen Jobs und der Fachkräftemangel ist behoben. Die Realität ist komplizierter.
Viele Menschen wollen arbeiten. Gründe, warum sie das nicht immer können, sind vielfältig.
Quelle: dpa
Die sogenannte "Stille Reserve" - also Menschen, die gerne arbeiten würden, aber nicht können - umfasst inzwischen etwa 3,2 Millionen Personen. Besonders ärgerlich daran: Deutlich mehr als die Hälfte hat gute bis sehr gute Qualifikationen - eine abgeschlossene Berufsausbildung oder einen höheren Bildungsabschluss. Also genau das, was dem Arbeitsmarkt am meisten fehlt.
Und natürlich stellt sich einem unwillkürlich die Frage: Wieso erlaubt man sich in Deutschland den Luxus, dieses riesige Potential nicht zu heben?
Wege aus dem Fachkräftemangel in Deutschland30.03.2023 | 10:31 min
Arbeitswunsch oft unkonkret
Holger Schäfer vom Institut der deutschen Wirtschaft antwortet darauf: "Die 'Stille Reserve' bildet keine homogene Gruppe."
"Stille Reserve" nach Qualifikation
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Viele Menschen geben beispielsweise an, dass sie gerne arbeiten würden, es aber aus gesundheitlichen Gründen nicht können. Bei anderen wiederum ist der Arbeitswunsch viel zu unkonkret oder in die fernere Zukunft gerichtet.
Die Experten sind sich dementsprechend einig darüber, dass das Potential zwar gehoben werden muss, aber dass die Zahl derer, die man aus der "Stillen Reserve" mobilisieren kann, eher nicht bei drei Millionen liegen wird.
Der Fachkräftemangel in Tübingen ist enorm. Es fehlt an Erziehern, Pflegern und Busfahrern. 06.04.2024 | 4:17 min
"Dennoch wird es aufgrund der demografischen Entwicklungen, die uns bevorstehen, wichtig sein, möglichst viele davon zu mobilisieren. Das würde einen substantiellen Beitrag dazu leisten, den Arbeitskräftemangel abzumildern" , glaubt Dominik Groll, vom Kiel Institut für Weltwirtschaft.
Konzentration auf bestimmte Gruppen notwendig
Allerdings werde man sich auf gewisse Gruppen konzentrieren müssen: "Etwa Personen, die aufgrund von Betreuungspflichten nicht zur Verfügung stehen". Davon betroffen sind immer noch in erster Linie Frauen. Sie bringen laut Statistischem Bundesamt täglich 44,3 Prozent mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit auf als Männer. Umgerechnet sind das 79 Minuten Unterschied pro Tag.
"Stille Reserve" nach Geschlecht
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Zeit, die nicht nur Auswirkungen auf die Entlohnung von Frauen sowie deren finanzielle Unabhängigkeit hat, sondern auch der Gesellschaft beziehungsweise dem Arbeitsmarkt fehlen.
Die Arbeitgeber bekräftigten deshalb nochmals, die Politik müsse die Pflege- oder Kinderbetreuungsstruktur verbessern. Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, sagte der FAZ:
In manchen deutschen Nachbarländern bieten Arbeitgeber bessere Arbeitsbedingungen an. Im Saarland zum Beispiel entscheiden sich deshalb viele Menschen für einen Job in Luxemburg. 19.03.2024 | 1:27 min
Geld, flexible Arbeitszeiten und Co. als Motivationsanreiz
Auch die Gruppe der älteren Arbeitnehmer, von denen viele bereit wären einen Job anzunehmen, sollte stärkere Beachtung finden, meint Dominik Groll: "Angesichts der Demografie sind die Rente mit 63 oder andere Anreize, früher in Rente zu gehen, kontraproduktiv."
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Holger Schäfer bringt noch einen weiteren - nicht ganz unwesentlichen - Motivationsanreiz ins Spiel: "Generell ist eine Voraussetzung für eine hohe Erwerbsbeteiligung, dass sich arbeiten auch lohnt.
"Stille Reserve" nach Altersgruppen
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Mehr Geld ist sicher ein Schlüssel, aber auch flexiblere Arbeitszeiten, Umschulungen oder aktive Arbeitsvermittlung müssen zu einem ganzen Bündel an Maßnahmen gehören. Denn es ist an der Zeit, dass die "Stille Reserve" an Lautstärke gewinnt.
Klaus Weber ist Redakteur im ZDF-Team Wirtschaft & Finanzen.