Vierschanzentournee: Wie stehen Andreas Wellingers Chancen?
Vierschanzentournee:Wie stehen Andreas Wellingers Chancen?
von Lars Becker
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Die Hoffnung auf den ersten deutschen Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee seit 22 Jahren wächst: Andreas Wellinger liegt zur Halbzeit in Führung.
Bei der Vierschanzen-Tournee hat der deutsche Skispringer Andreas Wellinger nach dem letzten deutschen Gesamtsieg vor 22 Jahren wieder echte Chancen auf einen Sieg. 02.01.2024 | 0:20 min
Andreas Wellinger schwebt auf einer Welle der Euphorie durch diese Vierschanzentournee. Nicht einmal die deutsche "Schicksalsschanze" von Innsbruck kann ihn schrecken.
Trotz Quali: Optimismus bleibt
"Saugut" sei seine Ausgangsposition zur Halbzeit des Skisprung-Grand-Slams, erklärte die Nummer 1 des Skisprung-Grand-Slams nach seinem dritten Platz beim Neujahrsspringen von Garmisch-Partenkirchen mit einem Grinsen.
Daran scheint auch das bescheidene Abschneiden in der vom Wind stark beeinflussten Qualifikation nichts zu ändern: Sein Sprung auf Platz 15 sei dennoch "auf einem guten Niveau" gewesen.
Im Gesamtklassement der Vierschanzentournee führt Andreas Wellinger, doch bei der Quali am Bergisel erhielt der Deutsche einen Dämpfer. Sein Konkurrent flog deutlich weiter.
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Wellinger zur Halbzeit in Führung
Sein Optimismus lässt sich mit Zahlen untermauern: Seit dem letzten deutschen Gesamtsieg von Sven Hannawald vor 22 Jahren krönten sich 16 von 21 Halbzeit-Spitzenreiter am Ende auch zu Tournee-Königen. Statistisch gesehen liegt die Chance also bei 76,2 Prozent, dass Andreas Wellinger den deutschen Tournee-Fluch am 6. Januar tatsächlich beendet.
Und noch etwas macht Hoffnung: Wellinger ist seit Hannawalds Triumph von 2002 der erste deutsche Flieger, der als Tournee-Spitzenreiter in die Österreich-Springen in Innsbruck (Mittwoch, live im ZDF) und Bischofshofen (Samstag) geht.
Tournee-Führung verteidigt: Mit Platz drei beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen bleibt Andreas Wellinger in der Gesamtwertung vorn.01.01.2024 | 2:54 min
"Das ist ein ganz enges Rennen, aber wir können das Ding diesmal tatsächlich gewinnen", sagt der sonst immer extrem zurückhaltende Bundestrainer Stefan Horngacher. Was nicht nur ihn optimistisch wie nie zuvor macht: Wellinger zeigt in diesen Tournee-Tagen bislang extreme Nervenstärke und hat auch das nötige Quäntchen Glück.
Nach seinem Qualifikations-Sieg im Auftaktort Oberstdorf jubelte sich Wellinger ein Loch unter der Achsel in seinen Skisprung-Anzug - eigentlich ein Grund für eine Disqualifikation. Doch niemand bemerkte den Fauxpas an diesem Abend und der Deutsche gewann das Auftaktspringen.
In Garmisch-Partenkirchen schwächelte Wellinger am Qualifikationstag extrem bei der Landung. Doch als es drauf ankam, zeigte er zwei blitzsaubere Telemark-Aufsprünge.
Tritt auf die Euphoriebremse
"Ich fühle mich sehr locker und leicht - das kommt davon, dass ich in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen noch nie zuvor so gut Ski gesprungen bin", sagt Wellinger selbstbewusst, bremst aber zugleich die Euphorie: "Aber es wird erst am Ende abgerechnet."
Wellingers Vorsprung bei Halbzeit auf seinen großen Konkurrenten Ryoyu Kobayashi beträgt schließlich nur 1,8 Punkte, umgerechnet genau ein Meter. Der Japaner hat den psychologischen Vorteil, dass er die Tournee 2019 und 2022 schon zweimal gewonnen hat. Und im Gegensatz zu Wellinger fernab der Heimat keinen Erwartungsdruck spürt.
Andreas Wellinger hat das Auftaktspringen der 72. Vierschanzentournee gewonnen und den deutschen Skispringern vor 25.500 Zuschauern in Oberstdorf einen Traumstart beschert.29.12.2023 | 1:00 min
Seine kurzen Antworten auf Journalisten-Fragen sind fast schon legendär. Auf die Nachfrage, wie sein Verhältnis zu Wellinger sei und ob er mit ihm mal einen Kaffee trinken würde, antwortete Kobayashi: "Ich trinke keinen Kaffee."
Kobayashi hat weniger Druck
Der Japaner hat die beiden ausstehenden Tournee-Springen in Österreich jeweils schon gewonnen, während Wellinger in Innsbruck und Bischofshofen bislang lediglich zwei dritte Plätze auf dem Weg zu Rang zwei in der Gesamtwertung im Jahr 2018 zu Buche stehen hat.
Das Qualifikationsspringen bei der Vierschanzentournee in Innsbruck/Österreich. Kommentator: Stefan Bier. Moderation: Lena Kesting. Experte: Severin Freund.
88:50 min
Dazu gilt der Bergisel-Bakken von Innsbruck als deutsche "Schicksalsschanze" - spätestens hier platzten in den letzten Jahren die deutschen Tournee-Hoffnungen. Der letzte deutsche Tagessieger Richard Freitag (2015) und Severin Freund büßten hier nach Stürzen alle Chancen auf den Gesamtsieg ein.
Geiger glaubt an Wellinger
"Andi wird diese Tournee rocken. Er ist einfach momentan so entspannt drauf", sagt Teamkollege Karl Geiger trotzdem. Nach harten Jahren mit schweren Verletzungen vom Kreuzbandriss bis zum Schlüsselbeinbruch hat sich das "intuitive Skisprung-Ausnahmetalent Andi Wellinger" (Horngacher) das perfekte Erfolgspaket erarbeitet.
Zur Topform kommen Top-Sprungski der neuen Marke Van Deer von Alpin-Legende Marcel Hirscher. Wellinger, der früh in seiner Karriere zweimal Olympiasieger wurde, ist auf einer Mission: "Ich will am 6. Januar lesen: Endlich wieder ein Deutscher ganz oben."