Nach Niederlage der Nationalelf:Ein Flick-Werk ohne Zukunft
von Frank Hellmann
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Der Offenbarungseid gegen Japan macht es deutlich: Die deutsche Nationalmannschaft braucht einen Neuanfang ohne Bundestrainer Hansi Flick - Rudi Völler vermeidet die Jobgarantie.
Bundestrainer Hansi Flick: "Ich finde, wir machen das gut."
Quelle: dpa
Immerhin wechselten noch zwei Originaltrikots den Besitzer. Thomas Müller und Julian Brandt waren so freundlich, ihre verschwitzten Trikots an die Fans zu überreichen, nachdem sich die beiden Protagonisten nach dem Offenbarungseid gegen Japan (1:4) immerhin noch beim Publikum in Wolfsburg bedankt hatten.
DFB-Elf nicht mal mehr Mittelmaß
Ansonsten aber verstärkten die gellenden Pfiffe in der werkseigenen Arena der Autostadt nur die Endzeitstimmung, die sich neun Monate vor einer Europameisterschaft im eigenen Land wie Mehltau über die Nationalmannschaft legt: Bundestrainer Hansi Flick kann eigentlich nicht mehr bleiben, nachdem die dritte Niederlage in Folge einen neuerlichen Tiefpunkt markiert hat.
Hansi Flick hat am Sonntag in Wolfsburg das öffentliche Training geleitet. Rudi Völler, Sportdirektor des DFB, sprach über Lautsprecher zu den 3.500 Fans, gab aber inhaltlich keinen Aufschluss. "Es ist selbstverständlich, dass wir uns hier alle stellen. Das gehört sich auch so. Herzlich willkommen, auch wenn es heute ein bisschen schwerer fällt", sagte Völler.
Flick rief bei der Autogrammstunde den Fans am Spielfeldrand zu: "Ja, ja, ich fighte weiter. Es geht weiter. Das ist so." Der Bundestrainer ließ viele Selfies schießen und bekam Aufmunterungen zugerufen.
Flick rief bei der Autogrammstunde den Fans am Spielfeldrand zu: "Ja, ja, ich fighte weiter. Es geht weiter. Das ist so." Der Bundestrainer ließ viele Selfies schießen und bekam Aufmunterungen zugerufen.
Spärliche vier Länderspiele hat der vierfache Weltmeister von den letzten 17 Partien gewonnen. Aktuell verkörpert die Mannschaft nicht mal mehr Mittelmaß.
Flick mit einem Hauch von Trotz
Doch seinen Posten räumt Flick nicht freiwillig. Fast schon trotzig sagte er nach dem Spiel bei RTL: "Ich finde, wir machen das gut, und ich bin der richtige Trainer. Aber ich weiß, dass im Profifußball sehr viel Dynamik drin ist."
Dass jetzt viel Kritik komme, könne er verstehen, doch man müsse anerkennen, dass "Japan toll ausgebildete Fußballer haben - sie haben die Basics drauf." Und seine beim FC Barcelona oder FC Arsenal, FC Bayern und Borussia Dortmund angestellten Akteure nicht mehr?
Konsternierte DFB-Führung
Es sind auch solche Erklärungen, die den Bundestrainer selbst im Verband isolieren. Die Öffentlichkeit hat ohnehin längst vom Flick-Werk genug. So viel Gespür müssten die zuletzt über den Kinderfußball streitenden Bosse Bernd Neuendorf und Hans-Joachim Watzke mitbringen, dass es einen unbelasteten Neuanfang braucht.
Beide verfolgten mit versteinerten Mienen, wie die taktisch und technisch perfekt aufeinander abgestimmten Japaner die deutsche Abwehr bestraften.
Ohne Marc-André ter Stegen noch mehr Gegentore
Hätte nicht wenigstens Torhüter Marc-André ter Stegen einen guten Tag erwischt, wäre auch ein 1:6 oder 1:7 möglich gewesen. Selbst Sportdirektor Rudi Völler war zu nächtlicher Stunde am Mittellandkanal nicht mehr gewillt, den Beschützer des Bundestrainers zu spielen. "Wir müssen uns jetzt sammeln und ein bisschen beruhigen".
Eine Jobgarantie hätte anders geklungen. Es habe Gründe, sagte der nach eigenem Bekunden "schockierte" Völler, dass Deutschland bei zwei Weltmeisterschaften in der Vorrunde ausgeschieden sei.
Flicks Abschied am Dienstag?
Der schon in Katar ratlos wirkende Bundestrainer kann nicht mehr derjenige sein, der eine Aufbruchsstimmung für die Heim-EM erzeugt.
Wird das vermutlich ungleiche Kräftemessen gegen Vize-Weltmeister Frankreich bereits zu Flicks Abschiedsvorstellung? Oder erspart der Verband dem Bundestrainer am Dienstag in Dortmund eine weitere Lehrstunde?
Ilkay Gündogan und Joshua Kimmich reden Klartext
Wer nach Niederlagen in Polen (0:1) und gegen Kolumbien (0:2) gedacht hatte, mit dem Ende der Experimentierreihe würde alles besser, weil endlich auf eine erste Elf und feste Taktik gesetzt würde, sah bloß ein paralysiertes Ensemble.
Oder ist die Auswahl vielleicht nur das Abziehbild eines verunsicherten, gespaltenen Landes, das in vielen Lebensbereichen den Anschluss verloren hat? Fakt ist: Im Fußball ist die Weltspitze weit enteilt.
"Ja!" rief Kapitän Ilkay Gündogan kurz und knapp auf die entsprechende Frage.
Von Leistungsträgern zu Mitläufern
Der zum Kapitän ernannte Mittelfeldmann konstatierte einigermaßen ernüchtert: "dass wir spielerisch nicht mit solchen Mannschaften wie Japan auf Augenhöhe sind".
Der Trend spreche doch für sich: "Irgendwann liegen Anspruch und Realität so weit voneinander entfernt, dass man akzeptieren muss, dass man gerade nicht gut genug ist." Der 32-Jährige ist nur einer von vielen internationalen Topkräften, die im Trikot mit dem Bundesadler zum Mitläufer verzwergen.
Kimmich genervt
Der degradierte Joshua Kimmich, der immerhin seine rechte Seite viel besser im Griff hatte als der zum wiederholten Male überforderte Nico Schlotterbeck auf links, merkte an, dass "wir seit der WM kein gutes Spiel gemacht haben".
Nach seinem 80. Länderspiel wirkte der 28-Jährige schwer genervt: "Wir sprechen immer nur darüber, dass wir sehr viel Qualität haben, aber wir sehen sie nicht."
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