CL-Duell gegen Neapel: Union Berlin auf Höhepunkt der Krise
Berlins unerwarteter Einbruch:Union auf dem Höhepunkt in der Krise
von Florian Vonholdt
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Sie sollten die größten Festtage der Klubgeschichte werden. Doch rund um die Champions-League-Spiele steckt Union in einer großen Krise. Wackelt sogar bald der Stuhl des Trainers?
Die Niederlagen-Serie von Union Berlin hält an - seit nunmehr acht Pflichtspielen.
Quelle: Imago
Es schien, als ginge die Erfolgssträhne einfach so weiter. Union Berlin produzierte bis vor wenigen Wochen positive Schlagzeilen am Fließband.
Nach der sensationellen Qualifikation für die Champions League ließen die Eisernen auch auf dem Sommer-Transfermarkt mit Neuzugängen aufhorchen, die in Berlin-Köpenick vor nicht allzu langer Zeit noch undenkbar waren.
Top-Neuzugänge und Tabellenführer
Nationalspieler Robin Gosens kam, ebenso wie der länderspielerfahrene Kevin Volland. Vom FC Chelsea lieh man sich Sturmtalent David Fofana. Und zum krönenden Abschluss entschied sich auch noch Italiens Europameister Leonardo Bonucci für Union.
Union Berlin muss am 3. Spieltag der Champions League gegen Neapel ran. Alexander Ruda über die Chancen der Eisernen gegen den italienischen Meister.24.10.2023 | 1:53 min
Die Saison begann für die Elf von Trainer Urs Fischer mit zwei 4:1-Siegen gegen Mainz und Darmstadt. Union an der Tabellenspitze! Was für eine Euphorie. Diesmal sogar Titelkandidat?
Vom Titel- zum Abstiegskandidaten
Ende Oktober lautet die Antwort: Union ist inzwischen eher Abstiegs- als Titelkandidat. Sechsmal spielte man nach dem Sprung auf Platz eins in der Liga noch um Punkte - und holte genau: Null. Von Platz eins runter auf 14 in Rekordzeit. Was für ein Einbruch.
Die Münchner können in den Spielen bei und gegen Galatasaray schon den Einzug ins Achtelfinale klarmachen. Allerdings hat Goretzkas Handbruch die Personallage nochmal verschärft.
von Maik Rosner
mit Video
Das 0:3 gegen Leipzig Anfang September bedeutete das Ende des Heim-Nimbus von 24 Partien ohne Pleite. Und es war der Beginn des Absturzes. Vergangenen Samstag setzte es die achte Pflichtspielniederlage hintereinander. Wieder ein 0:3 zu Hause, diesmal gegen Stuttgart. Union konnte den freien Fall auch nach der Länderspielpause nicht stoppen.
Kapitän Trimmel: "Das ist nicht Union-like"
Kapitän Christopher Trimmel schlägt Alarm:
Zehn Stück waren es allein in den letzten drei Partien. "Das sind nicht wir, das ist nicht Union-like", hadert der dienstälteste Unioner.
Defensivkollege Robin Knoche gesteht: "Der Kopf macht nach solch einer Niederlagenserie etwas mit dir, da lässt es sich nicht so befreit aufspielen wie sonst."
Längste Niederlagenserie seit 2004
Eine solchen Negativlauf hat es im Verein zuletzt vor 19 Jahren gegeben - im Spätsommer 2004 zu Regionalligazeiten. Am Ende jener Saison stiegen die Berliner als Tabellenletzter in die Oberliga ab. Es war der Tiefpunkt, auf den eine sagenhafte Auferstehung folgte, die nun in der Champions League gipfelte.
Das Traurige jetzt: Unbeschwert genießen kann die Europokalabende aktuell niemand bei den Eisernen. Am Dienstag, 21 Uhr (Zusammenfassung im ZDF am Mittwoch ab 23 Uhr), ist die SSC Neapel im Olympiastadion zu Gast. Über 70.000 Zuschauer werden das Duell mit dem italienischen Meister wieder zu einem stimmungsvollen Fest machen. Aber eben nicht zu einem unbeschwerten.
Plötzlich tauchen Fragen nach Fischer auf
Nach den Niederlagen bei Real Madrid (0:1) und gegen Braga (2:3), die bezeichnenderweise beide durch Gegentore in der Nachspielzeit zustande kamen, denkt niemand mehr an ein Weiterkommen. Vielmehr geht es darum, den Platz endlich mal wieder nicht als Verlierer zu verlassen.
90 Sekunden haben Union Berlin gefehlt, um einen Punkt aus dem Bernabeu-Stadion zu entführen. Am Ende setzte sich Real Madrid mit viel Routine durch und gewann knapp mit 1:0.20.09.2023 | 2:59 min
Das wäre auch für eine Weiterbeschäftigung des Trainers von Bedeutung. Erstmals überhaupt in Fischers fünf Jahren bei Union werden Fragen nach ihm laut. Vor kurzem noch völlig unvorstellbar.
Ruhnert steht zum Trainer - mit einem "Aber"
Unions Geschäftsführer Oliver Ruhnert stärkt dem Schweizer den Rücken: "Urs Fischer hat so viele Verdienste um diesen Klub. Wir sind absolut bereit, diesen Weg gemeinsam zu gehen", sagte er nach der Stuttgart-Niederlage im Pay-TV-Sender Sky.
Ruhnert schränkte aber ein, dass Fischer auch jemand sei, "der sagt, wir sind im Profisport und Profisport ist ein Ergebnissport, da müssen irgendwann Ergebnisse erzielt werden".
Fischer: "Warum soll ich hinwerfen?"
Fischer gibt sich trotzig: "Wieso soll ich hinwerfen? Ich glaube schon, dass die Worte des Trainers bei der Mannschaft noch ankommen." Aber auch realistisch:
Das Spiel gegen Neapel sieht er dabei als "weiteren Versuch, in die Spur zurückzufinden."
Die wichtigsten Spiele gibt es immer mittwochs ab 23 Uhr bei sportstudio.de und bei ZDFheute im Video.