Ende einer Ära: Turbine Potsdam ist nur noch zweitklassig

    Das Ende einer Ära:Turbine Potsdam ist nur noch zweitklassig

    von Frank Hellmann
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    Eine der traditionsreichsten und erfolgreichsten Marken verabschiedet sich aus der Frauen-Bundesliga. Ob Turbine Potsdam noch mal zurückkehrt, ist höchst fraglich.

    Spielerinnen des FFC Turbine Potsdam
    Abstieg besiegelt: Turbine Potsdam verlässt die Bundesliga - Rückkehr fraglich.
    Quelle: imago

    Der größtmögliche Kontrast kündigt sich an. Wenn die Fußballerinnen des FC Bayern am letzten Spieltag der Frauen-Bundesliga gegen Turbine Potsdam (Sonntag, 14 Uhr) antreten, dann spielen auf dem ausverkauften Bayern-Campus die unterschiedlichsten Gefühlslagen mit.
    Die Münchnerinnen brauchen noch einen Sieg, um zum fünften Male Meister zu werden, während die Gäste aus Brandenburg mit nur acht Zählern abgeschlagen Letzter sind und längst als Absteiger feststehen.

    Heiterkeit hier, Katzenjammer dort

    Jubel, Trubel, Heiterkeit kündigt sich hier, Katzenjammer und Wehklagen dort an. Turbine Potsdam, der 1971 gegründete Verein, sechsmal Meister in der DDR, dann sechsmal Titelträger und dreimaliger DFB-Pokalgewinner nach der Wiedervereinigung, ist nur noch Staffage, wenn die Schale vergeben wird.
    Vermutlich wird vielen Turbine-Spielerinnen erst mit Abpfiff richtig klar, welche Ära zu Ende geht. Auch wenn in den vergangenen Tagen nacheinander Paige Culver, Amelie Woelki, Anna Wellmann, Martyna Wiankowska, Ony Zogg oder Anna Gerhardt bereits ihren Abschied angekündigt haben.

    Verein wirkt fast wie aus der Zeit gefallen

    Es bricht einiges zusammen bei einem Aushängeschild des deutschen Frauenfußballs - eine der traditionsreichsten und erfolgreichsten Marken verschwindet in der Zweitklassigkeit. Eine von hinten bis vorne verkorkste Saison endet mit dem Abstieg, der auch Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg irgendwie weh tut.

    Das ist natürlich ein Verlust, weil Potsdam den Frauenfußball extrem geprägt und für internationale Erfolge gesorgt hat.

    Martina Voss-Tecklenburg, Bundestrainerin


    Dem Triumph im Uefa Women’s Cup 2005, dem Vorläufer der Champions League war genauso ein Meilenstein wie der Sieg in der Königsklasse 2010 im Elfmeterschießen gegen Olympique Lyon. Damals allerdings stellte Turbine noch das Gerüst des Nationalteams.
    Heute ist der Verein fast aus der Zeit gefallen, ist rechts und links von den starken Marken aus dem Männerfußball überholt worden. Misswirtschaft, Eifersüchteleien und Streitigkeiten auf Führungsebene beschleunigten den Absturz.
    Frauen-Teams bei Männer-Bundesligisten



















    Sportlich und wirtschaftlich tut sich für die Zukunft ein gewaltiges Loch auf. Die rund 300.000 Euro, die der DFB aus der Zentralvermarktung (Medienrechte, Ligasponsor) in der obersten Spielklasse ausschüttet, fallen weg. 

    Große Konkurrenz erwächst in Berlin

    "Man sollte die zweite Liga nicht unterschätzen", warnt Turbine-Trainer Dirk Heinrichs. Ob man den direkten Wiederaufstieg anstreben kann, wenn künftig im Karl-Liebknecht-Stadion nur zweitklassig gekickt wird, soll nach einer eingehenden Prüfung entschieden werden.
    In Berlin erwächst viel Konkurrenz: Hertha BSC schließt sich mit Hertha 03 Zehlendorf in der Regionalliga Nordost zusammen, auch der 1. FC Union Berlin strebt perspektivisch nach oben. Und dann ist das noch das feministische Projekt mit Viktoria Berlin, das Aufsehen erregt und Sponsoren anzieht.
    Das Vorhaben zielt darauf ab, das Frauenteam bis 2025 in die Bundesliga zu führen, dafür haben sich Personen aus verschiedensten Bereichen, überwiegend Frauen, versammelt, die insgesamt bereits eine Million Euro investiert haben.
    Selbst Potsdams früherer Rivale, der 1. FFC Frankfurt, wäre als reiner Frauenfußballverein wohl bald in der Versenkung verschwunden, wenn es nicht 2020 die Fusion mit Eintracht Frankfurt gegeben hätte. Ohne einen Lizenzverein im Rücken geht eigentlich gar nichts mehr.

    Bedauern bei DFB-Generalsekretärin Heike Ullrich

    Im Schnitt macht ein Frauen-Bundesligist mittlerweile rund 1,5 Millionen Euro Verlust. Es braucht also Zuwendungen aus anderen Quellen. DFB-Generalsekretärin Heike Ullrich glaubt, dass sich das Teilnehmerfeld in den nächsten fünf Jahren in beiden Frauen-Bundesligen "noch mal deutlich verändern" werde.
    Die langjährige Direktorin für den Frauenfußball erinnert daran, dass "die SGS Essen es als letzter Frauenverein mit Kreativität, guter Schwerpunktsetzung und funktionierendem Netzwerk" vormache, auch mit geringeren Mitteln mitzuhalten.
    Den Abstieg von Turbine Potsdam finde sie persönlich "sehr schade", dieser Verein sei für die Region "einmalig" und für die Entwicklung in Deutschland "bezeichnend" gewesen: "In heutiger Sprache würde man sagen: Sie waren die Benchmark." Nur ist das längst Vergangenheit.

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