Münchens Nationalspieler Goretzka: Appelle nach der Klatsche

Auch mit einigen Stunden Abstand nagte die 1:5-Klatsche bei Eintracht Frankfurt noch sehr an Leon Goretzka. "Es fühlt sich auf jeden Fall sehr bescheiden an", sagte der Mittelfeldspieler des Meisters am Samstagabend im ZDF-Sportstudio, "solche Spiele dürfen Bayern München einfach nicht passieren".

Goretzka versuchte aber, umgehend nach vorne zu blicken. Bereits am Dienstag geht es für die Bayern im letzten Gruppenspiel der Champions League bei Manchester United weiter. "Da wollen wir gleich zeigen, dass das nur ein Ausrutscher war", sagte Goretzka.

Bei der Nationalmannschaft sieht er sich und seine Kollegen nach vielen enttäuschenden Auftritten ebenso in der Pflicht, vor allem wegen der Heim-EM im kommenden Sommer. Die Fans stünden bereit, "wir müssen einfach endlich unseren Teil der Gleichung erfüllen und guten und erfolgreichen Fußball spielen", sagte Goretzka.

Dafür allerdings müsse man sich wohl von dem Gedanken verabschieden, "dass wir jeden Gegner in Grund und Boden spielen". Es gehe vielmehr darum, "wieder als Einheit auf dem Platz zu stehen. Ich glaube, dass das ein Ansatz ist, der uns wieder in die Erfolgsspur bringen kann".

Von sich selbst wünscht sich der 28-Jährige mehr Führungsqualität. Gerade auch in solchen Spielen wie in Frankfurt, in denen es darum gehe, "diese Dynamik zu brechen". Das könne einen "extremen Mehrwert für eine Mannschaft bilden", sagte Goretzka, "da bin ich heute gescheitert, das möchte ich in Zukunft besser machen".

Hinter Goretzka liegt ein kompliziertes Jahr. Wie viele deutsche Nationalspieler nach der verpatzten WM in Katar war er mit der Suche nach Form und Konstanz beschäftigt.

Am letzten Spieltag der vergangenen Saison war er beim FC Bayern sogar ein- und wieder ausgewechselt worden.

In der Sommervorbereitung wurde er von Thomas Tuchel in Frage gestellt. Zuweilen klang der Trainer, als lege er Goretzka einen Wechsel nahe. "Er ist einfach von seinem Status, von seinem Vertrag, von seinem Alter jemand, von dem wir viel erwarten: Dass er Verantwortung trägt, dass er die Mannschaft trägt. Da ist Luft nach oben", sagte Tuchel.

Nach Rückendeckung und Überzeugung klang das oft nicht. Hinzu kam die Debatte um die nach Tuchels Ansicht fehlende "holding six", also um einen rein defensiv denkenden Mittelfeldspieler. Goretzka musste das erst einmal schlucken. Doch bald stellte er klar, bleiben und sich durchsetzen zu wollen.

Goretzka biss sich tatsächlich durch. "Ich bin da bei mir geblieben", sagte er nun im Rückblick. Er ließ sich auch von seinem Handbruch nicht zurückwerfen. Vielmehr verschaffte sich Goretzka bei Tuchel Respekt, weil er allen Widrigkeiten trotzte. Dazu zählte, mehrfach als Innenverteidiger aushelfen zu müssen.

Tuchel goutierte das. "Er hat sich nie hängen lassen, hat immer sehr gut trainiert und hat jetzt seine Form gefunden", befand der Trainer zuletzt und bezeichnete es als "beeindruckend", wie sich Goretzka in den Dienst der Mannschaft gestellt habe.

Das ändert aber wenig daran, dass Tuchel weiterhin am liebsten eine "holding six" als Zugang im Winter begrüßen würde. Die Priorität liegt zwar auf einer Verstärkung für die Innenverteidigung. Doch sollte tatsächlich ein Sechser kommen, müsste Goretzka wohl fürchten, weniger Spielanteile zu erhalten.

Ein Szenario, das ihm im Halbjahr vor der Heim-EM gar nicht gefallen würde. Zumal er auch bei Bundestrainer Julian Nagelsmann in der DFB-Auswahl zuletzt einen schweren Stand hatte und in den vergangenen vier Spielen nur einmal in der Startelf aufgeboten worden war.