Gewalt gegen Amateur-Schiris: Strafen statt Appelle

    Gewalt gegen Unparteiische:Amateur-Schiris fordern Schutz statt Appelle

    von Ralf Lorenzen
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    Beleidigungen, Morddrohungen, körperliche Attacken - Übergriffe gegen Amateurschiedsrichter haben weiter zugenommen. Die Schiris fordern ein konsequenteres Durchgreifen.

    18.04.2023: Das Schiriteam wartet auf den Anpfiff , rechts Torhüter Patrick Hartmann (Rugenbergen)
    Schiedsrichter in unteren Klassen sind zunehmend Gewalt ausgesetzt.
    Quelle: IMAGO

    Es war eine schöne Geste, als die 22-jährige Amateurschiedsrichterin Sophie Burkhart am 18. Mai die Siegestrophäe beim Finale des DFB-Pokals der Frauen ins Kölner Stadion trug. Und es hatte einen hohen Symbolgehalt, als die Profikicker Anton Stach und Nils Petersen im März zum Start ins vom DFB ausgerufenen "Jahr der Schiris" ein Spiel der Bezirksliga in Rheinhessen pfiffen.

    Unparteiische fordern mehr als symbolische Gesten

    Vielen Amateurschiedsrichtern und -schiedsrichterinnen reichen Symbole und Gesten aber nicht mehr, wenn es um Gewalthandlungen gegen sie geht. "Appelle verpuffen doch seit Jahren", heißt es auf der Website der Interessengemeinschaft (IG) Schiedsrichter. "Man ist schon taub vor lauter Appellen."
    23.06.2023, Nierstein: Bundesligaschiedsrichter Deniz Aytekin (r) spricht vor dem Spiel mit Anton Stach (2.v.r.) und Nils Petersen (M) sowie den Linienrichtern
    Bundesligaschiedsrichter Deniz Aytekin (r) vor dem Spiel in der Bezirksliga Rheinhessen mit Anton Stach (2.v.r.), Nils Petersen (M) und den Linienrichtern.
    Quelle: dpa

    Der Frankfurter Schiedsrichterobmann Goran Culjak entschloss sich Anfang Mai, das Video von einem besonders eklatanten Fall öffentlich zu machen. Darin ist zu sehen, wie ein Vater bei einem Jugend-Pokalfinale einem erst 15-jährigen Schiri droht, ihn zu köpfen.

    Schiedsrichterobmann: Spielabbrüche im Wochenrhythmus

    "Wir Schiedsrichter werden nicht ausreichend geschützt", sagte Culjak der "Welt".

    Wir wollen nicht mehr das notwendige Übel, sondern respektierter Teil des Fußballs sein. Wir haben Spielabbrüche im Wochenrhythmus.

    Schiedsrichterobmann Goran Culjak

    Das Sportgericht des Hessischen Fußball-Verbands (HFV) verurteilte den Verein des Vaters nach über dreistündiger Verhandlung "wegen unsportlichen Verhaltens eines Anhängers in einem besonders schweren Fall" zu einer Geldstrafe. Laut "Bild"-Zeitung soll die Strafe 750 Euro betragen. Der Verein, bei dem das Kreispokalfinale stattfand, soll "wegen Vernachlässigung der Platzordnung" 150 Euro zahlen.
    Manu Thiele
    Die Zahl der Schiedsrichter geht seit Jahren zurück. Es fehlt an Nachwuchs, Beleidigungen und Gewalt bringen Unparteiische zum Aufhören.31.05.2022 | 14:39 min

    Fußballplatz wird zum Druckventil

    Offensichtlich sind Verhältnisse auf Deutschlands Amateurplätze zurückgekehrt, die die Öffentlichkeit bereits im letzten Vor-Corona-Jahr 2019 alarmiert hatten. Laut der Kriminologin Thaya Vester ist die Anzahl der Spielabbrüche nach der Corona-Pandemie noch weiter angestiegen.
    "Da merkt man, dass viel Druck auf der Gesellschaft lastet, der entlädt sich dann irgendwo", sagte Vester, die Hunderte von Spielabbrüchen untersucht hat, gegenüber RBB24.

    Und dann eher vielleicht noch beim Fußball, weil die Meinung vorherrscht, dass man da besonders die Sau rauslassen könne.

    Kriminologin Thaya Vester

    Angst nach Todesdrohung gegen Schiri

    Kreisklassenspieler in Niedersachsen bedrohten beispielswiese einen Schiedsrichter mit einer Glasflasche, sodass dieser seine Tätigkeit nun aussetzt. Eine Pause macht auch der Schiedsrichter Josip Pfadt, der von einem Zuschauer nach einem Spiel der Bezirksliga Rheinhessen mit den Worten "So Ausländer wie du verdienen einen Kopfschuss" bedroht worden sein soll.
    Gegenüber ZDFheute sagt Pfadt zu dem Vorfall:

    Das war der Punkt, an dem ich gesagt habe: Es reicht, das veröffentliche ich jetzt.

    Amateurschiedsrichter Josip Pfadt

    Pfadt weiter: "Es ist ein Hobby - aber ich muss mittlerweile Angst haben."
    In dem Fall ermittelt die Polizei. Während des Spiels hatte Pfadt einem Spieler die Rote Karte gezeigt, nachdem dieser ihn als "Hurensohn" bezeichnet hatte. Der betroffene Spieler wurde vom Verbandsportgericht für fünf Spiele gesperrt.

    Schiedsrichter fordern härtere Strafen

    "Wir müssen die Schiedsrichter mit härteren Strafen schützen", fordert Pfadt. "So, dass Spieler auch mal Angst davor haben, für eine Saison gesperrt zu werden."
    Die IG Schiedsrichter regt eine verbandsübergreifende Strafordnung an "wo jede Tätlichkeit gegen einen Schiedsrichter oder Assistenten vor den Sportgerichten gleichbehandelt würde."
    Schiri-Obmann Culjak sieht vor allem die Basis in der Pflicht. Er fordert:

    Jeder Spieler, Trainer, Funktionär und auch Verein muss wissen: Tätlichkeiten gegen Schiedsrichter werden nicht mehr geduldet.

    Schiri-Obmann Culjak

    In den Vereinen scheint das Bewusstsein, dass der Schiedsrichter Sportler und unverzichtbarer Teile des Spiels ist, weiterhin nicht besonders ausgeprägt zu sein. "Im Fußball ist es eher die Regel als die Ausnahme, dass ein Schiedsrichter nicht freundlich empfangen wird, wenn er auf den Sportplatz kommt", sagte Kriminologin Vester im Gespräch mit ZDFheute.

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