Antibiotika-Resistenz: Wie die App "TeleKasper" helfen soll

    Medikamente bei Kindern:Antibiotika: Mit einer App gegen Resistenzen

    von Laura Koop
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    Husten, Schnupfen, Fieber - schnell das Antibiotikum als Wundermittel? Viele Kinderärzte greifen zu oft zum Medikament. Das Projekt "TeleKasper" soll das mit einer App ändern.

    Baden-Württemberg, Stuttgart: Ein Arzt untersucht in einer Kinderklinik ein Kind.
    Immer mehr Kinder kämpfen wegen Antibiotika-Resistenzen mit Krankheiten.
    Quelle: dpa

    Sunny ist erst sieben Wochen alt. Ihre winzigen Wangen sind fast vollständig bedeckt mit weißen Pflastern, in Herzform. Eins links und eins rechts, dazwischen ist ein Schlauch. Der hilft ihr beim Atmen. Sie hat einen Atemwegsinfekt. Die Kinderärzte sind sich erst unsicher, ob Sunny ein Antibiotikum wirklich braucht. Denn der sorglose Umgang mit Antibiotika wird immer mehr zum Problem: Es entstehen Resistenzen.
    Die Behandlung wird dann kompliziert. Im schlimmsten Fall kann so ein Fall sogar tödlich enden. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehören Antibiotika-Resistenzen zu den zehn größten Gefahren weltweit.

    Antibiotikaresistente Bakterien sind eben Bakterien, für die wir wenig oder unter Umständen keine Antibiotika mehr zur Verfügung haben, Infektionen, die wir nicht mehr behandeln können.

    Professor Johannes Hübner, Leiter der Abteilung für Infektiologie im Kinderklinikum der Universitätsklinik München

    Das mache den Medizinern große Sorgen.

    App "TeleKasper" hilft Kinderärzten bei Antibiotika Fragen

    Häufig fehlt es den Medizinern an speziellem Fachwissen. Die Empfehlungen zur Antibiotikagabe ändern sich ständig. Infektiologen sind meist nur in großen Universitätskliniken zu finden. Genau hier soll die App "TeleKasper" helfen - entwickelt von Johannes Hübner und seinem Team. Das Forschungsprojekt ist eine Zusammenarbeit der Universitätskliniken München, Halle, Essen und Homburg.
    Auf dem Untergrund ist in bunten Buchstaben das Wort Blutdruck geschrieben und dahinter liegt ein Blutdruckmessgerät.
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    Ein Vorteil der App: Die Kindermediziner können schnell auf neuestes Wissen zugreifen - dank eines Nachschlagewerks mit genauen Dosierungsempfehlungen. 33 Kinderkliniken haben die App getestet, darunter auch die Kinderklinik in Passau.

    Es erleichtert, immer nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft tätig zu sein. Wir haben natürlich die große Herausforderung, dass sich das Wissen in der Medizin ja nahezu täglich verdoppelt.

    Professor Matthias Keller, Chefarzt der Kinderklinik Passau

    Telemedizinische Beratung in komplizierten Fällen

    In besonders schweren Fällen können sich die Mediziner auch mit Experten der Universitätskliniken austauschen - ganz einfach per Videoanruf. So können die Kinderärzte die Behandlung gezielt an die Patienten anpassen.
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    Es ist ein wichtiger Schritt auch für Monika Schatara, Kinder- und Jugendärztin der Passauer Kinderklinik: "Natürlich findet man die Spezialisten meistens in den Unikliniken und dazu dient auch diese TeleKasper-App, dass wir uns austauschen können." Über spezielle Fortbildungen im Bereich der Infektiologie können die Kinderärzte mit "TeleKasper" auch ihr Wissen vertiefen.

    Ein Erfolg: Reduzierter Antibiotika-Einsatz in Kinderkliniken

    Erste Ergebnisse des Projekts: Bis zu zwanzig Prozent weniger Antibiotika-Verschreibungen in Kliniken, die zuvor das Medikament sehr oft verabreichten. In allen anderen Kinderkliniken ist der Antibiotika-Einsatz um insgesamt sechs Prozent gesunken. Für Hübner ist das ein klarer Erfolg.
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    Doch wie es mit dem Projekt weiter geht ist unklar. Die Förderung des Innovationsfonds des Bundes ist beendet. Bislang ist nur Sachsen-Anhalt zur weiteren Finanzierung bereit. Ob die anderen Länder auch investieren, ist noch offen. Für Matthias Keller steht jedenfalls fest: "Es darf nicht dabei bleiben, dass wir Leuchtturmprojekte finanzieren und dann aber nicht sozusagen in der Regelversorgung ankommt".
    Bei Sunny haben sich die Ärzte letztendlich für ein Antibiotikum entschieden. Sie ist nun auf dem Weg der Besserung.
    Laura Koop ist Redakteurin im ZDF-Landesstudio Bayern

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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