Akupunktur: Alles zu Wirkung, Anwendung und Kosten

    Alternative Medizin:Was ist Akupunktur und wann hilft sie?

    von Thilo Hopert
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    Vor allem zur Behandlung von Schmerzen wird Akupunktur oft eingesetzt. Was die Nadelstiche der alternativen Heilmethode wirklich bringen, erklären zwei Experten.

    Akupunkturnadel wird bei einer Frau an die Hautregion unterhalb des Kinns geführt.
    Bei Schmerzen kann die Behandlung mit Akupunktur nach Traditioneller Chinesischer Medizin Linderung bringen. In welchen Bereichen sie sich noch bewährt hat.
    Quelle: MEV

    Akupunktur kommt in der heutigen Medizin immer häufiger zum Einsatz. Dabei setzt der Therapeut feine Nadeln in bestimmte Akupunkturpunkte, die dadurch stimuliert werden. Die Nadeln verbleiben für 20 bis 30 Minuten in der Haut. Die ursprünglich aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) kommende Methode ist auch in der westlichen Schulmedizin inzwischen in bestimmten Bereichen ein erprobter und durch einige Studien bestätigter Ansatz.
    Im Allgemeinen sei Akupunktur sehr gut erforscht, sagt Dominik Irnich, Vorsitzender der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur (DÄGfA) und Leiter der interdisziplinären Schmerzambulanz der Klinik für Anästhesiologie am LMU-Klinikum München. Die wissenschaftliche Betrachtung ergänzt dabei die klassischen Theorien.
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    Akupunktur: Wirkung auf den Körper

    Aus wissenschaftlicher Sicht könne man die physiologischen Wirkungen des Nadelstiches heute gut erklären, sagt Irnich. Wird die Akupunkturnadel in die Haut gesetzt, werden dabei zunächst Zellen zerstört, die Überträgerstoffe freisetzen. Dadurch werden Nerven aktiviert. Dann erfolgt eine komplexe Weiterverarbeitung auf Ebene des Rückenmarks und des Gehirns.
    "Es wird eine Selbstregulation angeregt, emotionale Zentren werden angesprochen", erklärt Irnich. Überträgerstoffe wie Endorphine, Serotonin, Dopamin, Kortison und andere sorgen für eine symptomlindernde Gegenregulation des Körpers.
    "Natürlich spielen auch Erwartungshaltung und menschliche Zuwendung eine wichtige Rolle", sagt Dominik Irnich. Dem Experten zufolge gilt das zwar für alle medizinischen Therapien, für die Akupunktur aber ganz besonders.
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    Dabei kann Akupunktur helfen

    Am besten belegt ist die Wirkung der Akupunktur in der Schmerzbehandlung. Eine Studie der Acupuncture Trialists’ Collaboration von 2017, bei der 30 Forscherinnen und Forscher aus der ganzen Welt ihre Ergebnisse gepoolt haben, kam zu dem Schluss, dass Akupunktur wirksam ist bei der Behandlung von chronischen Schmerzen des Bewegungsapparats, Kopfschmerzen und Arthrose. Auch eine Studie der Friedrich-Schiller-Universität Jena aus dem Jahr 2004 konnte eine schmerzlindernde Wirkung der Akupunktur belegen.
    "Außer in der Schmerztherapie ist Akupunktur sehr effektiv in der Behandlung von funktionellen Störungen", sagt Kirsten Kuhlmann, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin in Berlin-Charlottenburg.

    Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für eine klassische Akupunktur unter bestimmten Voraussetzungen:

    • bei chronischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule (Schmerzen bestehen seit mindestens sechs Monaten)
    • bei Kniegelenkarthrose (Schmerzen bestehen seit mindestens sechs Monaten)

    Die Behandlung muss zudem von qualifizierten Ärztinnen oder Ärzten durchgeführt werden.

    Einige Krankenkassen übernehmen auch Leistungen darüber hinaus, etwa bei Allergien oder im Rahmen der Geburtsvorbereitung. Patienten haben in der Regel Anspruch auf bis zu zehn Akupunktursitzungen pro Krankheitsfall.

    Konkrete Anwendungsfälle etwa sind laut der Expertin eine Behandlung bei Zyklusstörungen, in der Reproduktionsmedizin, bei funktionellen Magen-Darmbeschwerden wie dem Reizdarmsyndrom, bei klimakterischen Beschwerden wie Hitzewallungen, in der Onkologie, als begleitende Therapie um Nebenwirkungen von Chemo- und Immuntherapien zu vermindern oder bei Bandscheibenvorfällen, dann in Verbindung mit einer Physiotherapie. Kuhlmann betont dabei: "Je nach Diagnose unterstützend oder als alleinige Therapie."

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    Das kann Akupunktur nicht leisten

    Ein Punkt, der bei der Bewertung der Nadelbehandlung sehr wichtig ist:

    Akupunktur kann eine notwendige OP, Chemotherapie oder eine Antibiotikatherapie nicht ersetzen.

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    Akupunktur könne Symptome lindern, aber keine körperlichen Defekte wie Knochenbrüche heilen, sagt die Expertin. "Wenn es möglich ist, dass der Körper selbst heilt, kann Akupunktur unterstützen."
    Vor jeder Therapie sollte eine komplette schulmedizinische Diagnostik erfolgen, um notwendige schulmedizinische Behandlungen nicht durch eine Symptomverbesserung durch die Akupunktur zu verzögern. Der integrative Ansatz in der Behandlung mit Akupunktur diene dem Wohl des Patienten, so Kuhlmann.

    • In der Ausbildung zum Akupunkteur gibt es verschiedene Diplome. Achten Sie darauf, dass Anbieter mindestens ein B-Diplom haben. Im Idealfall sind weitere Zusatzausbildungen erfolgt, zum Beispiel "Meister der Akupunktur" der DÄGfA.
    • Die Ausbildung sollte bei einer renommierten Akupunkturgesellschaft erfolgt sein. Bei der Suche hilft zum Beispiel der Ärztefinder der Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur.

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    Quelle: dpa-Custom Content

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