Was die Hamas-Tunnel im Gazastreifen so gefährlich macht

    Israels Armee vor Bodenoffensive:Was die Hamas-Tunnel so gefährlich macht

    Julia Klaus
    von Julia Klaus
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    Die Terrororganisation Hamas nutzt seit Jahren ein weit verzweigtes Tunnelnetz - zum Schmuggel und um Israel anzugreifen. Was ist über die "Metro in Gaza" bekannt?

    Hamaskämpfer in einem Tunnel in Gaza
    Die Tunnelsysteme in Gaza stellen das israelische Militär vor große Herausforderungen. Welche das sind - dazu Terrorismusexperte Peter Neumann.16.10.2023 | 3:52 min
    Im Gazastreifen gibt es zwei Welten: eine oberirdische und eine unterirdische. Die unterirdische nennen die Israelis die "Metro Gazas". Seit Jahren schon lässt die Terrororganisation Hamas unter der Erde ein weit verzweigtes System aus Tunneln graben. Bis zu 500 Kilometer lang sollen die Gänge sein - länger als die Metrostrecke in London oder das U-Bahn-Netz von Berlin. Die genaue Lage der Tunnel ist geheim und wohl auch im ständigen Umbau. Das unterirdische Geflecht wird für Israels Armee nun zum Riesenproblem.
    Die Tunnel sollen unter dem gesamten Gazastreifen entlanglaufen und reichen auch bis nach Ägypten und Israel hinein. Terroristen der Hamas sollen sie bei ihrem Großangriff auf Israel vor gut einer Woche genutzt haben, um auf israelisches Territorium zu gelangen. Von den laut Israel 199 entführten Geiseln seien noch einige in den Tunneln, so die Hamas.
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    Ein Sprecher des israelischen Militärs will sich nicht zu Details äußern, sagt ZDFheute gegenüber aber:

    Die Hamas und der Islamische Dschihad haben in den letzten 17 Jahren sehr viel Zeit, Mühe, Schweiß und viele, viele Millionen Euro in diesen Tunnelbau investiert.

    Arye Sharuz Shalicar, Sprecher Israel Defense Forces (IDF)

    Angriff auf Israel (Karte Israel, Gazastreifen etc.)

    ZDFheute Infografik

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    Über das Tunnelsystem im Gazastreifen sagt der Militärsprecher:

    Unter allen Städten und Ortschaften sind Tausende Gänge, Tunnel und Höhlen, die teilweise bis zu 40 Metern in die Tiefe gehen.

    Arye Sharuz Shalicar, Sprecher Israel Defense Forces (IDF)

    Für Israel sind die Geheim-Gänge schon lange ein Problem. Selbst wenn das Militär sie entdeckte und sprengte, wurde an anderer Stelle weiter gegraben. Ursprünglich als Schmuggel-Routen zwischen Ägypten und dem Gazastreifen entstanden, baute die Terrororganisation Hamas das System weiter aus und nutzt die Gänge nach Israel hinein auch für Geiselnahmen. 2006 wurde der israelische Soldat Gilad Schalit von der Hamas durch einen Tunnel entführt.
    Eingang eines Tunnels beim Kibbutz Ein Hashlosha, Israel (Archivfoto Oktober 2013).
    Eingang eines Tunnels beim Kibbutz Ein Hashlosha, Israel (Archivfoto Oktober 2013).
    Quelle: reuters

    Wie sehen die Tunnel aus?

    Die Tunnel sind unterschiedlich gut ausgebaut, wie Aufnahmen der israelischen Armee IDF und Presseberichte zeigen: Einige der Gänge sind mit Beton verkleidet, wirken stabil. Sie sollen teils so hoch sein, dass ein Lastwagen hindurch fahren kann. Sogar ein Löwe für den Zoo in Gaza soll so geschmuggelt worden sein - allerdings wachte er bei der Aktion auf, weil er nicht ausreichend sediert war, erfuhr das Magazin "National Geographic" von einem Schmuggler. Andere Tunnel sind nicht mehr als schmale und einsturzgefährdete Gänge unter der Erde.
    Das Medium "Vice" hat 2016 Tunnelbauer bei ihrer Arbeit in Tunneln Richtung Ägypten begleitet. Ägypten lässt Tunnel auch fluten und sprengen, um gegen ihren Bau vorzugehen. Ein junger Mann sagte damals über die gefährliche Arbeit unter Tage: "Wenn es hier andere Arbeit als die in den Tunneln gäbe, würden ich und alle in meinem Alter das hier nicht machen."
    Die Hamas argumentiert, dass die Tunnel für die Versorgung der Menschen im Gazastreifen unerlässlich seien. Medikamente und Produkte des Alltags wie Hygieneartikel würden darüber transportiert. Doch eben auch Waffen und Waffenteile. Die Hamas soll vom Schmuggel zudem auch finanziell profitieren.
    GlobalPolitiX Israel Gaza
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    Warum die Tunnel für Israel ein Riesenproblem sind

    Der Gazastreifen ist dicht besiedelt, rund zwei Millionen Menschen leben auf dem nur 40 Kilometer langen Stück Land. Das Tunnelnetz verläuft unter zivilen Siedlungen hindurch. Eingänge zu den Tunneln wurden gar unter Schulen entdeckt. Ein Bombardement aus der Luft hätte verheerende zivile Opfer. Wohl auch deshalb hat Israel eine Bodenoffensive angekündigt.
    Der ehemalige US-Generalleutnant Mark Hertling erklärt gegenüber "CNN", warum die Methode Tunnel so effektiv ist:

    In ähnlichen Trainingssituationen hatten wir fünf oder sechs Leute, die Hunderte Angreifer in einem Tunnel oder einer Höhle in Schach halten können.

    Mark Hertling, Ex-US-Generalleutnant

    Die Hamas kenne die Tunnel, wisse, wo sie sich positionieren muss. Ein Problem für israelische Kräfte. "Es gibt nur einen Weg rein und einen Weg raus. Man kann sie nicht mit Material versorgen. Die Munition und das Equipment muss man als Soldat dabei haben, wenn man rein geht." Das Gepäck auf dem Rücken, die Dunkelheit in den Gängen und nicht genau zu wissen, wo die Feinde sind, machten Tunnel zu einer militärisch schwierigen Umgebung, so Hertling.

    Wie geht Israel gegen den Tunnelbau vor?

    Israels Armee ist hochgerüstet und technisch versiert. Eigentlich gilt die Grenze zum Gazastreifen als extrem gut gesichert. Für die Raketenabwehr nutzt Israel den "Iron Dome". Gegen den Tunnelbau hatte man ein unterirdisches Überwachungssystem installiert, das auf seismische und akkustische Signale reagieren soll. Militärexperte Carlo Masala sagte im ZDF dazu:

    Warum war die Grenze nicht geschützt? Weil die dafür vorgesehenen Truppen im Westjordanland waren. Das war eine politische Entscheidung. Man hatte sich rein sozusagen auf elektronische Überwachung und Kameraüberwachung konzentriert, die ausgeschaltet wurde.

    Carlo Masala, Politologe Bundeswehr-Uni München

    Der Terrorismus-Experte Peter Neumann sagte im ZDF über jene Tunnel, die nach Israel hinein reichen:

    Ein Gebiet, wo die Israelis sind, kann niemals als ganz befreit gelten, weil man nicht weiß, ob da nicht doch ein Tunnel ist, wo dann die Hamas-Kämpfer rausschlüpfen können.

    Peter Neumann, Politologe King's College London

    Die "Metro von Gaza" dürfte in den kommenden Kämpfen also eine entscheidende Rolle spielen.

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