Geiseln in Gaza: Welchen Preis wird Israel zahlen?
Israels Verschleppte :Geiseln in Gaza: Befreiung um jeden Preis?
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Bei ihrem Angriff auf Israel hat die Hamas ganze Familien entführt und als Geiseln mit in den Gaza-Streifen genommen. Ein Trauma für die Entführten, ein Drama für die Politik.
Israel, Kibbutz Kfar Azza: Hamas-Extremisten verschleppen eine Geisel.
Quelle: AP
Dutzende israelische Soldaten sowie ältere Frauen, Kinder, sogar ganze Familien wurden als Geiseln von Mitgliedern der radikal-islamischen Hamas in den Gazastreifen verschleppt.
Die Entführungen vom Samstag wühlen die israelische Gesellschaft stärker auf als jede andere Krise in der jüngeren Geschichte des Landes im Nahen Osten. Was aus den Frauen, Männern, Mädchen und Jungen wird und wo sie sind, ist ungewiss.
Unklarheit über Aufenthaltsort
Obwohl der Gazastreifen nicht groß ist, ständig aus der Luft überwacht wird und von israelischen Boden- und Seestreitkräften umgeben ist, bleibt das Gebiet, das nur eine Stunde von Tel Aviv entfernt liegt, für Israels Geheimdienste undurchschaubar, berichten Experten.
Doch das Risiko, dass dem unerbittlichen Bombardement auch die israelischen Zivilisten zum Opfer fallen oder dass sie jahrelang in Hamas-Gefangenschaft verharren müssen, während Israel sich in einen langwierigen Krieg hineinziehen lässt, könnte Netanjahu handlungsunfähig machen. "Dies ist ein ernstes Dilemma", sagt der erfahrene israelische politische Kommentator Ehud Jaari.
Sollte es so kommen, werde sich eine "wirklich hitzige Debatte" entzünden.
Gefangene sind wertvolles Druckmittel
Was also wird Benjamin Netanjahu tun? Sein Versprechen, die ganze Kraft des israelischen Militärs auf die Hamas loszulassen, schürt Ängste um die Sicherheit der Gefangenen. Die Geiselnahme werde die Dinge sehr viel komplizierter machen, erwartet Michael Milstein, Ex-Chef der palästinensischen Abteilung des israelischen Militärgeheimdienstes.
Für die Hamas sind die Gefangenen ein wertvolles Druckmittel. Die radikal-islamische Organisation hat bereits erklärt, dass sie im Austausch gegen die Israelis die Freilassung aller palästinensischen Gefangenen in israelischen Gefängnissen anstrebt - nach Angaben der israelischen Menschenrechtsorganisation B'Tselem etwa 4.500 Menschen.
Dies würde die Position der Hamas festigen und die Stärke und Legitimität der Palästinensischen Autonomiebehörde weiter schwächen.
Netanjahus rechts-religiöse Regierung wird sich zunächst gegen jede Geste verwehren, die als Kapitulation vor den Palästinensern betrachtet werden könnte. Es bestehe absolut keine Chance, dass die derzeitige Regierung der Freilassung palästinensischer Gefangener zustimmen werde, sagt Gajil Talschir, Politikwissenschaftlerin an der Hebräischen Universität Jerusalem. "Die Radikalen und Extremisten in dieser Regierung wollen den Gazastreifen platt machen."
Gesellschaft macht Politik Druck zur Freilassung
Jedoch werden Erinnerungen wach an den Fall des jungen Wehrpflichtigen Gilad Schalit, der im Jahr 2006 von der Hamas entführt wurde. Damals war die israelische Gesellschaft nicht bereit, ihren Landsmann sich selbst zu überlassen. Massiver öffentlicher Druck führte nicht nur zur Bombardierung des Gazastreifens, zudem hat Israel im Gegenzug für Schalits Freilassung mehr als 1.000 palästinensische Gefangene entlassen.
Palästinenser entführen eine Geisel
Quelle: AP
Nun schlittert Israel erneut in die moralische Kontroverse, ob die Geiseln um jeden Preis befreit werden sollten. In einer Pressekonferenz forderten sichtbar erschütterte Angehörige die Regierung auf, die Gefangenen nach Hause zu bringen.
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