"Solidarmechanismus" nötig:Kanzler Scholz verteidigt Asylreform der EU
|
Die geplante EU-Asylreform sorgt für Kritik von Ampel-Partnern und Opposition. Kanzler Scholz verteidigt das Vorhaben: Es brauche mehr Solidarität bei der Verteilung Geflüchteter.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die geplante Reform der europäischen Asylregeln gegen Kritik verteidigt. Es müsse aufhören, dass Länder mit dem Finger auf andere zeigten und sich nicht zuständig fühlten. "Deshalb ist die Verabredung, dass wir einen Solidaritätsmechanismus etablieren", sagte Scholz am Samstag beim Evangelischen Kirchentag in Nürnberg.
Es müsse "endlich, endlich" ein solidarisches System der Verteilung von Flüchtlingen in Europa etabliert werden. Scholz versprach zügigere Asylverfahren und mehr Digitalisierung bei den Abläufen. Man müsse es "fertigbringen", jemanden zurückzuschicken, der nicht in Europa bleiben könne.
Härterer Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive vorgesehen
Die EU-Innenminister hatten am Donnerstag in Luxemburg mit einer ausreichend großen Mehrheit für eine umfassende Reform gestimmt. Vorgesehen ist insbesondere ein deutlich härterer Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive.
So sollen ankommende Menschen aus als sicher geltenden Ländern künftig nach dem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen. Dort würde dann im Normalfall innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden, ob der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll er umgehend zurückgeschickt werden.
Einigung im Asylstreit - und jetzt?
- Experten: EU-Reform löst Asyl-Probleme nicht
- Innenministerin Faeser im heute journal: Asylreform ein "historisches Ergebnis"
- Reform des Asylsystems: Darum geht es
Bundesregierung mit ihrem Anliegen wohl gescheitert
Die Bundesregierung hatte sich in den Verhandlungen dafür eingesetzt, dass Familien mit Kindern von den sogenannten Grenzverfahren ausgenommen werden. Um den Durchbruch zu ermöglichen, musste sie letztlich akzeptieren, dass dies doch möglich sein könnte.
Denkbar ist aber, dass das EU-Parlament noch Änderungen durchsetzt. Es hat bei der Reform ein Mitspracherecht und wird in den kommenden Monaten mit Vertretern der EU-Staaten über das Projekt verhandeln.
EU-Asylreform: Kritik von vielen Seiten
Vor allem bei Mitgliedern der Grünen ist die Empörung groß, dass die Ampel-Koalition den Reformplänen zustimmte. Der Grünen-Europaabgeordnete Erik Marquardt bezweifelte in den ARD-"Tagesthemen", dass die geplante Reform die irreguläre Migration eindämmt. Wenn es große Lager an den Außengrenzen gebe, würden die Bedingungen für die Migranten dort noch schlechter.
Unionspolitikern geht es hingegen bei Maßnahmen gegen die illegale Migration nicht schnell genug. Eine Reform der EU-Asylpolitik werde allenfalls in zwei oder drei Jahren ihre Wirkungen zeigen. Viele Kommunen hätten die Belastungsgrenze bei der Aufnahme von Migranten erreicht oder überschritten. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), sagte der "Augsburger Allgemeinen":
Wir brauchen auch nationale Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Migration, und zwar umgehend.
Thorsten Frei (CDU), Geschäftsführer der Unionsfraktion
Quelle: dpa, Reuters
Themen
Mehr zur Asylreform der EU
Grünen-Chef zu EU-Asyleinigung:Nouripour: "Es gibt keinen Grund zu jubeln"
9:19 min
Politik | frontal:Streit ums Asyl
von Nicola Albrecht und Cornelia Schiemenz
Interview