Grüne Jugend nach Asylkompromiss:"Ampel scheitert an eigenen Ansprüchen"
von Dominik Rzepka
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"Es knallt bei uns": Die Grüne Jugend ist entsetzt über den Asylkompromiss und hinterfragt die Ampel. Die Grünen müssten sich fragen, was sie in der Koalition eigentlich erreichen.
Der Sprecher der Grünen Jugend, Timon Dzienus, hinterfragt im ZDFheute-Interview die Ampel. Die Grünen müssten sich fragen, was sie eigentlich in der Koalition erreichen.09.06.2023 | 0:29 min
Er will hier und heute noch nicht den Ausstieg der Grünen aus der Ampel fordern. So weit ist Timon Dzienus noch nicht. Aber der Sprecher der Grünen Jugend ist ganz kurz davor. Über den Asyl-Kompromiss, dem seine Bundesregierung auf EU-Ebene zugestimmt hat, sagt Dzienus im ZDFheute-Interview:
Die deutsche Außenministerin, Annalena Baerbock (Grüne), hätte niemals zustimmen dürfen: "Sie hätte klar Nein sagen oder weiterverhandeln müssen", so Dzienus. Baerbock hatte in einem Brief an die Grünen-Bundestagsfraktion den Beschluss als richtig verteidigt. Geschrieben war er übrigens auf dem Briefpapier des Auswärtigen Amts, nicht etwa dem der Partei.
Grüne-Jugend-Sprecher Dzienus: "Es knallt bei uns"
Doch die Grüne Jugend, die dem linken Lager innerhalb der Partei zuzurechnen ist, will sich von den Realos nicht einfangen lassen. Die Ampel setze inzwischen die Träume von Horst Seehofer (CSU) und die Ideen der AfD um. Das aber sei grundfalsch. "Wer rechte Ideen kopiert, stärkt am Ende die Rechten", sagt Dzienus - wohlgemerkt angesprochen auf Annalena Baerbock.
Und dann stellt er die Koalition in Frage: "Die Ampel scheitert gerade an den eigenen Ansprüchen und damit auch an den Ansprüchen der Grünen." Und das habe Konsequenzen, in der Partei brodele es heftig: "Ich habe gerade das Gefühl, dass es ein bisschen knallt bei uns. Und dass die Unzufriedenheit in der grünen Partei mächtig wächst." Und weiter:
Es ist das letzte, was man noch sagen kann, bevor man den Bruch der Koalition fordert.
Dröge verteidigt die Ampel, FDP ist zufrieden
In der Sache geben führende Grüne der eigenen Jugendorganisation Recht. Auch Fraktionschefin Kataharina Dröge findet, Deutschland hätte dem EU-Kompromiss nicht zustimmen dürfen. Dennoch verteidigt sie die Koalition insgesamt: "Wir schaffen in zentralen gesellschaftlichen und auch im Blick auf Klimaschutz wichtigen Themen Riesenfortschritte in der Ampel", sagt Dröge im ZDF.
Das Muster ist nicht neu: Kurz nach einem Kompromiss hadern die Grünen wieder einmal, während die FDP zufrieden ist. Justizminister Marco Buschmann (FDP) spricht von einem historischen Durchbruch. FDP-Innenpolitiker Manuel Höferlin lobt die Einigung als dringend notwendig. Und der FDP-Abgeordnete Stephan Thomae fordert die Grünen bereits auf, den Kompromiss nicht weiter zu kritisieren, sondern ihn mitzutragen.
Wie der Druck auf die Grünen weitergeht
Grünen-Parteichef Omid Nouripour versucht bereits, den Dissens in der eigenen Partei in geordnete Bahnen zu lenken. Dass es bei einer so schwierigen Kompromissfindung verschiedene Stimmen gebe und dass die Grünen Diskussionsbedarf hätten, sei völlig normal. Er sagt:
Doch von Außen steigt der Druck. Die Caritas nennt den Asylkompromiss "skandalös", auch "Pro Asyl" und "Brot für die Welt" kritisieren den Beschluss.
Den Grünen stehen stürmische Tage bevor. Denn in der kommenden Woche trifft sich die Partei zu einem Länderrat. Grüne-Jugend-Sprecher Timon Dzienus kündigt schon an, dann eine Missbilligung der deutschen Zustimmung erwirken zu wollen. Der große Knall - nicht ausgeschlossen.
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