Keine 250 Millionen für Palästinenser? Hilfe auf Prüfstand
Deutsche Hilfe auf Prüfstand:Keine 250 Millionen mehr für Palästinenser?
von Dominik Rzepka
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Nach den Hamas-Attacken auf Israel diskutiert Berlin den Stopp von Hilfszahlungen an Palästinenser. Juden in Deutschland reicht das nicht.
Svenja Schulze in Berlin (Archivfoto)
Quelle: epa
Es geht um 250 Millionen Euro. So viel Geld hat Deutschland für dieses und nächstes Jahr an Hilfen für Palästinenser zugesagt. Damit will die Bundesregierung unter anderem Entsalzungsanlagen finanzieren. Oder in die schulische Bildung von Kindern in den Palästinensergebieten investieren.
Doch mit derartigen Entwicklungsprojekten muss nach den Angriffen der Hamas auf Israel Schluss sein, fordert Josef Schuster. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland sagt:
Ähnliche Forderungen hatte es auch während einer pro-israelischen Demonstration vor dem Brandenburger Tor am Sonntag gegeben. "Der Hass der Hamas muss enden, Deutschland darf kein Steuergeld ausgeben für die Palästinensergebiete", hatte eine Teilnehmerin ZDFheute gesagt. Auch CDU und FDP fordern, alle Zahlungen an palästinensische Organisationen auszusetzen.
Schulze stellt Zahlungen auf den Prüfstand
Die Bundesregierung kündigt an, die deutschen Zahlungen überprüfen zu wollen. Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sagt am Montag in Berlin:
Was das konkret bedeutet? Erst einmal wenig. Eine Sprecherin Schulzes sagt, es handele sich bei den 250 Millionen Euro lediglich um Zusagen. Im Moment fließe also kein Geld. Künftig könne das aber passieren. Genau das werde jetzt überprüft. "Mit offenem Ausgang."
Die EU-Kommission indes setzt die Hilfen für die Palästinenser doch nicht aus. Man werde angesichts des Angriffs der Hamas die Gelder prüfen, heißt es in einer Erklärung. "Bis dahin werden die Zahlungen nicht ausgesetzt, weil keine Zahlungen geplant waren." Die Erklärung steht im Widerspruch zu einem Tweet von EU-Kommissar Oliver Varhelyi, der auf dem Kurznachrichtendienst X erklärt hatte: "Alle Zahlungen (sind) sofort ausgesetzt." (Anm. d. Red.: In einer früheren Version des Artikels hatten wir dies auch vermeldet.)
73 Millionen für humanitäre Hilfe
Geflossen sind hingegen bereits knapp 73 Millionen Euro aus dem Auswärtigen Amt. Mit dem Geld hat die Bundesregierung in diesem Jahr humanitäre Hilfe finanziert, also zum Beispiel Essen für hungernde Menschen in den Palästinsergebieten bezahlt.
Das sei in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen geschehen, sagt ein Sprecher von Außenministerin Annalena Baerbock. Dass die Gelder zweckentfremdet wurden, schließt das Auswärtige Amt aus. Man schaue sich die Partner immer sehr genau an.
Steinmeier angewidert von Jubelfeiern
Befeuert wird die Debatte von einem Vorfall im Berliner Stadtteil Neukölln. Das pro-palästinensische Netzwerk Samidoun hatte den Angriff auf Israel am Samstag gefeiert, indem es Süßigkeiten verteilte. Zu Fotos von der Aktion schrieb die Organisation: "Es lebe der Widerstand des palästinensischen Volkes."
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte das scharf kritisiert. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kritisiert: "Wir können es nicht dulden, wenn auf offener Straße versucht wird, die brutalen Attacken auf Israel auch noch zu feiern." Er sagt:
Die aktuellen Entwicklungen im Nahost-Konflikt in unserem Liveblog:
Mit dem Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel ist der Nahost-Konflikt eskaliert. Israel greift infolge der Terrorattacke Ziele im Gazastreifen an. Ein Rückblick.
Kritik an Zentralrat der Muslime
Kritik gibt es auch am Zentralrat der Muslime in Deutschland. Der Verein schaffe es nicht, "sich klar zu distanzieren und das Selbstverteidigungsrecht Israels anzuerkennen", kritisiert CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn. Der Zentralrat könne nicht weiter Gesprächspartner von Bundesregierung oder Bundespräsident sein.
Der Zentralrat der Muslime hatte am Wochenende mit Blick auf die Entwicklungen im Nahen Osten verlangt: "Damit nicht noch mehr Opfer in der Zivilbevölkerung beklagt werden, müssen alle Seiten jetzt die Kampfhandlungen sofort einstellen." Der Verband kritisierte unter anderem israelische Siedler und die Armee.
Die Bundesregierung wollte sich dieser Kritik an Israel nicht anschließen. Die Taten der Hamas seien "durch nichts zu rechtfertigen", sagt Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Kritik an Israel äußere auch die Bundesregierung. "Aber das ist nichts, was in dieser akuten Phase auf der Tagesordnung an oberster Stelle steht."