Linken-Politiker Gregor Gysi will Noch-Parteikollegin Sahra Wagenknecht von der Gründung einer eigenen Partei abhalten. Er glaubt nicht an ihren Erfolg einer Wagenknecht-Partei.
Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 28. September 2023.28.09.2023 | 75:13 min
Einen letzten Versuch will Gregor Gysi noch starten bei Sahra Wagenknecht. Er befürchte, dass sie aus der Linken austreten werde, um ihre eigene Partei zu gründen, "trotzdem werde ich aber mit ihr reden und versuchen, es ihr auszureden".
Er halte Wagenknechts wahrscheinlichen Weg für "falsch", sagte Gysi am Donnerstagabend bei Markus Lanz. Und mehr noch:
Gysi hat Zweifel an Erfolgschance von Wagenknecht-Partei
Wagenknecht war 2015 Gysis Nachfolgerin als Vorsitzende der Linken-Bundestagsfraktion, beide kennen sich schon lange.
Auch wenn sie für diese Aufgabe andere Menschen finde, sei bei einer Wagenknecht-Partei "alles immer auf eine Person gelenkt, das ist äußerst schwierig".
Gysi selbst habe damit bei der Gründung der damaligen PDS seine Erfahrungen gemacht: "Wir haben aus dem Stand heraus versucht, Landesverbände im Westen aufzumachen. Wir bekamen gute Mitglieder, aber auch lauter Ausgegrenzte. Die sind dann auch wie Ausgegrenzte. Ich kann nur sagen: viel Vergnügen!"
Gysi will für Die Linke kämpfen
Sollte Wagenknecht es trotzdem tun, werde Gysi versuchen, die Mitglieder der Linken "dafür zu gewinnen, dass wir dann um die Linke kämpfen, wenn sie diesen Fehler begeht. Daran darf sie nicht sterben".
Viel mehr könne er aber nicht mehr für seine Partei tun. "Ich mache nicht wieder den Fraktionsvorsitz. Ich bin 75, hatte drei Infarkte, man muss auch Grenzen kennen", sagte er.
"Wissen Sie, was ich jetzt wieder mache? Ich fahre durchs Land und mache überall Parteiversammlungen und spreche mit den Genossinnen und Genossen, wie wir uns in so einer Situation verhalten sollten."
Auch mit Wagenknechts programmatischen Haltungen kann Gysi offenbar nur wenig anfangen. "Wenn du versuchst, ein bisschen AfD, ein bisschen Ludwig Erhard im Sinne von CDU, ein bisschen links zu sein, das läuft nicht", sagte er.
Gerade der Umgang mit der AfD sei ein generelles Problem im politischen Deutschland. Die etablierten Parteien "reden immer nur darüber, was die AfD macht, wie sie es macht und nicht über unsere Fehler, die es ermöglicht haben, dass die AfD so stark wird", klagte Gysi.
"Und es gibt keinen Gesprächskreis zwischen CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Grünen und den Linken, wo man sich mal darüber unterhält, wie man wieder Vertrauen bei der Bevölkerung gewinnt."
Gysi: Es geht nicht um Wahrheiten, sondern um Mehrheiten
Wenn die Ampel-Koalition Entscheidungen träfe, "dann lautet der zweite Tagesordnungspunkt: Wie verkaufen wir es an die Bevölkerung? Das kann mal der wahre Beweggrund sein, oft aber nicht. Weil man sich eben überlegt: Was könnte eine Mehrheit akzeptieren."
Doch über diesen "Strukturfehler" werde laut Gysi nicht offen genug geredet. "Wenn man wie ich 75 ist, kann man sich das wirklich leisten, so eine Gesprächsrunde zu eröffnen", sagte Gysi. "Auch mal dem anderen zuzuhören. Aber es ist alles so kleinkariert."
Sahra Wagenknecht wünscht sich eine neue Oppositionspartei, zu der sie "etwas beitragen" will. Ihre Vorschläge: Unternehmen mit Marktmacht "entflechten", Migration "eindämmen".