Lang im ZDF: "Gehen nicht zurück in die Nische"

    Interview

    Co-Grünen-Chefin im ZDF:Lang: "Gehen nicht zurück in die Nische"

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    Asylreform, Heizwende - auf dem Grünen-Parteitag wurde gestritten. Co-Chefin Lang sieht's gelassen. Man werde keinesfalls "in eine Nische zurückgehen", sondern Real-Politik machen.

    Zwischen Kompromiss-Zwang in der Ampel-Koalition und innerparteilichem Werte-Zoff brodelte es auf dem kleinen Parteitag der Grünen. Die Auseinandersetzungen waren zum Teil heftig, auch wenn am Schluss die Parteführung ihren Leitantrag durchbrachte.
    Co-Chefin Ricarda Lang allerdings sieht die Kämpfe im ZDF-Interview eher positiv - als "ernsthafte inhaltliche Auseinandersetzung mit wichtigen Themen".
    Sehen Sie oben das ganze Gespräch im Video und lesen Sie hier die wichtigsten Aussagen der Grünen-Politikerin.
    Das sagt Ricarda Lang dazu,...

    ...dass in der Partei keine offener Streit ausgebrochen ist:

    "Ich habe natürlich in den letzten Tagen schon auch meinen Job gemacht und da einige Arbeit reingesteckt. Wir haben da eine Partei gesehen, die nicht anhand von Schablonen diskutiert, sondern sich sehr ernsthaft inhaltlich mit wichtigen Thema auseinandersetzt. Aber natürlich auch der Frage vieler Menschen nachgeht, die Schutz hier in Europa suchen."

    Wir gehen jetzt nicht zurück in die Nische, sondern wir wollen weiter Verantwortung tragen. Wir machen Politik für die Realität, die da ist, kämpfen aber auch für Mehrheiten, um sie zu verändern.

     ...dass die Grünen zu nachgiebig seien und ihre Werte aufgäben

    "Ich würde es vielleicht genau mal andersrum aufzäumen. Wir haben uns diese Woche darauf geeinigt, dass das Gebäudeenergiegesetz noch bis zum Sommer kommt. Ein Bereich, der bisher vollkommen außen vor war: wir haben uns darauf geeinigt, dass die Lkw-Maut erhöht wird und dass das Geld, das dort eingenommen wird, nicht in die Straße fließt, wie sonst immer, sondern in die Schiene, den Ausbau der Bahn fließt.
    Wir haben europaweit das Ende des fossilen Verbrenners beschlossen, die erneuerbaren Energien so schnell ausgebaut, wie es die ganzen letzten Jahre davor noch nicht in unserem Grünen-Wahlprogramm vorstellbar war. Haben wir wirklich einen Turbo reingehauen? Man kann ganz klar sagen, so viel Klimaschutz wie in den anderthalb Jahren gab es in diesem Land noch nie."

     ...dass das Heiz-Gesetz noch nicht sozial durchdacht ist

    "Das wäre tatsächlich etwas, was ich aus der Debatte mitnehmen will. Wir hätten die Debatte vielleicht auch früher so führen sollen, also darüber sprechen, was für Kosten eigentlich auf Menschen zukommen. Aber und das stimmt, das kann man so viel machen, wie man es will.
    Wenn am Ende die Menschen nicht das Geld haben, um sich zum Beispiel eine Wärmepumpe einzubauen, dann hilft es auch wenig. Dann schwindet die Akzeptanz. Und das heißt, das wäre für mich sowohl jetzt der Auftrag für die parlamentarischen Verhandlungen, die noch anstehen, dass wir da zu einem sozialen Ausgleich kommen, der gestaffelt ist.

    Also wer mehr Geld hat, weniger. Wer wenig Geld hat, kriegt richtig richtig viel. Und das ist, glaube ich, eine Aufgabe, dass die soziale Frage immer am Anfang stehen muss.

     ...zum Thema EU-Asylkompromiss:

    "Wir haben heute noch mal klar Position bezogen zu der Einigung, die es schon im Innenministerrat der Europäischen Union gab, die einfach mit substanziellen Asylrechtsverschärfungen einhergeht, wo wir ganz klar gesagt haben, dass die natürlich für uns als Partei eigentlich so nicht tragbar sind. Und wir haben klare Ziele formuliert für die Verhandlungen, die jetzt noch anstehen, im sogenannten Trilog, also zwischen Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission.
    Und ein Ziel ist ganz klar, dass Kinder und Familien aus den Grenzverfahren ausgenommen werden, bis ihr Antrag geklärt ist. Ausgenommen werden aber auch zum Beispiel eine noch verbindlichere Verteilung."

    ...dass Innenministerin Faeser zur Not auch für die Lagerunterbringung stimmen will

    "Na ja, wir sind ja in einer Koalition. In einer Koalition verhandelt man auch mal miteinander. Und wir haben ganz klar gesagt, wir werden uns das Ergebnis gemeinsam anschauen. Wir werden dabei auch darauf schauen, ob es Verbesserungen gibt. Und am Ende natürlich, ob es unterm Strich eine Verbesserung im Asylrecht bedeutet und eine Verbesserung für Europa.

    Ich finde es gut, dass wir als Partei hier nicht einfach schon mal den Blankoscheck ausstellen, aber auch unseren Leuten, die jetzt verhandeln, im Europäischen Parlament die Freiheit geben, da wirklich das Beste rauszuholen."

     Das Interview führte Dunja Hayali.

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